IW zu Rentenaufschubprämie:

Fehlanreize bleiben bestehen

Freitag
30.08.2024, 11:59 Uhr
Autor:
psg
veröffentlicht unter:
Mit einer Rentenaufschubprämie will die Bundesregierung Arbeitnehmer dazu motivieren, über das Renteneintrittsalter hinaus zu arbeiten. Was dem Arbeitskräftemangel entgegenwirken soll, droht hochkompliziert zu werden. Hilfreicher wäre es, Fehlanreize zu beseitigen, die zu einem vorzeitigen Rentenbezug führen...


Wer nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiterarbeiten möchte, hat heute zwei Möglichkeiten. Entweder er schiebt den Rentenbezug auf und zahlt weiterhin Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung.

Das gibt nicht nur mehr Rente. Obendrauf gibt es auch noch einen Bonus – ein Jahr später wird zum Beispiel mit sechs Prozent auf die gesamte Rente vergoldet. Oder „Silver Worker“ können mit Erreichen der Altersgrenze ihre reguläre Rente beziehen und in unbegrenzter Höhe hinzuverdienen. Verzichten sie dabei auf die Beitragszahlung, bekommen sie dann mehr „netto vom Brutto“ – allerdings müssen Arbeitgeber in jedem Fall die Rentenbeiträge weiterzahlen.

Kranken- und Pflegeversicherung könnten Leidtragende sein
Die Bundesregierung bringt nun einen neuen Vorschlag ins Spiel: Wer bereit ist, länger zu arbeiten, soll die aufgeschobene Rente wahlweise in Form einer Einmalzahlung erhalten können. Die Besonderheit: Die Einmalzahlung soll abgabenfrei erfolgen und um den bis dahin eingesparten Beitragszuschuss der gesetzlichen Rentenversicherung zur Krankenversicherung aufgestockt werden.

Der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung fehlen dann die Beiträge, die eigentlich bei einer um den Bonus erhöhten Monatsrente fällig werden. Ob sich das im Einzelfall rechnet, hängt unter anderem vom Haushaltseinkommen sowie der Steuer- und Beitragslast ab, doch schon das zeigt: Das Vorhaben ist hochkompliziert.

Stattdessen Fehlanreize für Vorruhestand beseitigen
Doch das ist nicht das einzige Problem. Die Regierung plant zudem, dass Arbeitgeber den Renten- und Arbeitslosenversicherungsanteil direkt als Bruttolohn auszahlen. Das funktioniert nur, wenn die „Silver Worker“ sich von der Versicherungspflicht befreien lassen. Das Problem: Ältere Arbeitnehmer könnten bei gleicher Arbeit mehr verdienen als ihre jüngeren Kollegen. Dies dürfte nicht nur Unruhe in die Betriebe bringen, sondern könnte auch die Gerichte beschäftigten – ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot wegen Alters steht im Raum.

Dabei bietet das Rentensystem bereits heute Anreize, den Rentenbeginn aufzuschieben. Befragungen zeigen zudem: Viele „Silver Worker“ arbeiten weiter, weil es ihnen Spaß macht oder sie ihre Kontakte im Betrieb schätzen. „Besser wäre es, die abschlagsfreie Frührente zu streichen und die Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogenem Rentenbezug wieder einzuführen“, fordert IW-Experte Jochen Pimpertz. „Die Rente soll das Arbeitseinkommen ersetzen, nicht zusätzlich aufstocken.“