Forderungspapier der IHK zur Landtagswahl

Visionen für eine starke Wirtschaft

Freitag
09.08.2024, 15:34 Uhr
Autor
red
veröffentlicht unter:
Am heutigen Freitagvormittag haben die drei Präsidenten der Thüringer Industrie- und Handelskammern gemeinsam ihre Positionen und Forderungen an die künftigen Entscheidungsträger im Thüringer Landtag sowie in der Landesregierung vorgestellt...

Rechtzeitig vor der Landtagswahl am 1. September 2024 und den darauffolgenden Koalitionsgesprächen wurden umfassende Vorschläge eingebracht, wie Thüringens Wirtschaft wieder an Stärke in herausfordernden Zeiten gewinnen kann. Es brauche eine wirtschaftspolitische Aufbruchstimmung.

Derzeit sind die Unternehmen in Thüringen durch eine anhaltend schwierige Geschäftslage sowie trübe Zukunftsaussichten herausgefordert, wie die regelmäßigen Konjunkturbefragungen der IHKs dokumentieren. Die nun endende 7. Legislaturperiode war von vielen Krisen geprägt – von der Regierungskrise und den direkt darauffolgenden Pandemiejahren bis hin zum Ukraine-Krieg, der die Energiekrise und Inflation maßgeblich verstärkt hat. In Zeiten, in denen weitreichende unternehmerische Entscheidungen mit Blick auf die anstehenden Transformationen (Demografie, Dekarbonisierung, Digitalisierung) getroffen und hohe Investitionen getätigt werden müssen, ist eine stabile Regierung mit parlamentarischen Mehrheiten erforderlich. Diese muss Verlässlichkeit und Vertrauen ausstrahlen, einen stetigen Dialog und Mitwirkung anbieten sowie ihre Versprechen umsetzen.

Die Thüringer IHKs haben in ihrem 30-seitigen Positions- und Forderungspapier zwölf politische Themenkomplexe definiert, in denen jeweils weitreichend konkrete und realisierbare Forderungen formuliert wurden - von Bürokratieabbau und Digitalisierung über Maßnahmen zur Stärkung der dualen Berufsausbildung und Gewinnung von Fachkräften bis hin zur Unterstützung von Unternehmensgründungen und wirtschaftsnaher Forschung. „Wirtschaft muss wieder stärker in den Fokus rücken. Das bedeutet für die künftige Landesregierung weniger Regulierung und mehr Zutrauen in Unternehmen. Eine solche Zeitenwende würde in der Wirtschaft für mehr Schub und Resilienz sorgen und den Wirtschaftsstandort Thüringen stärken“, betonte Dieter Bauhaus, Präsident der IHK Erfurt.

Mit Verweis auf seit Jahren bestehende Forderungen der Wirtschaft führte Bauhaus ferner aus, dass der Abbau überbordender Bürokratie sowie die Erhöhung der Dienstleistungsmentalität in Thüringer Verwaltungen auf die politische Agenda gehören. Auch die Digitalisierung der Verwaltungen berge große Potenziale. Einsparpotenziale und die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte müssten ausgeschöpft werden. Ein Umsteuern in der Steuerpolitik hin zu stärkeren Entlastungen der Unternehmen von Abgaben und Steuern würde auch die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Standortes steigern, was wiederum zu Wirtschaftswachstum und zu mehr Einnahmen für den Staat führen könnte. Denn vor dem Verteilen, stehe das Erwirtschaften.

„Darüber hinaus kommt keine Volkswirtschaft ohne eine gut qualifizierte Fachkräftebasis aus“, so Torsten Herrmann, Präsident der IHK Südthüringen in Suhl mit Blick auf das Thema Berufsbildung und Fachkräftesicherung. „Deshalb müssen für das neu gestartete Schuljahr im Freistaat alle Kräfte mobilisiert werden, dass Schulen ihrem Bildungsauftrag vollumfänglich gerecht werden können. Dazu gehört vorrangig die Absicherung des Unterrichts durch ausreichend Lehrkräfte. Das Erreichen der Ausbildungsreife ist das oberste Ziel, das nicht aus den Augen verloren werden darf. Dies ist eine wichtige Grundlage, damit duale Berufsausbildung in den Ausbildungsbetrieben und Berufsschulen gelingen kann. Um die jungen Menschen in der Region zu halten, braucht es zusätzlich ein wohnortnahes Berufsschulangebot und einen bedarfsgerechten zuverlässigen öffentlichen Nahverkehr. Weiterhin müssen Fachkräftelücken durch gezieltes Anwerben von Auszubildenden und Fachkräften aus Drittstaaten ausgeglichen werden. Die Thüringer Unternehmen engagieren sich hierbei, brauchen aber zusätzliche Unterstützung. Die Gewinnung ausländischer Fachkräfte kann beispielsweise durch eine zentrale Ausländerbehörde in Thüringen deutlich vereinfacht werden“, so Herrmann weiter.

Abschließend forderte Dr. Ralf-Uwe Bauer, Präsident der IHK Ostthüringen zu Gera, zum Thema Wirtschaftsförderung und Innovationsstärkung: „Regulierungen und Vorschriften stoppen und die Unternehmen wieder mehr machen lassen!“ Die Thüringer Wirtschaft brauche eine Wirtschaftspolitik, die Forschung und Innovation am Standort wieder attraktiv macht, in einem Umfeld, das den Unternehmen Freiräume lässt. Als „Innovationsbeschleuniger“ für verbesserte Prozesse und mehr Erfindungen sehen wir u. a. technologieoffene, niedrigschwellige und einfach zugängliche Förderprogramme auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene. Hier gebe es viel Luft nach oben. Allerdings gehöre zur Förderung von Innovationen auch die Bürokratieentlastung für Unternehmen, also beschleunigte und vereinfachte Zulassungs- und Genehmigungsverfahren und weniger Dokumentationspflichten. Wichtig sei zudem eine Stärkung des Wissens- und Technologietransfers zwischen Wissenschaft und Unternehmen. Anwendungsorientierte Forschung müsse wieder auf der Agenda stehen. Weiteren Nachholbedarf sieht die Thüringer Wirtschaft bei der Bereitstellung von Innovationsinfrastrukturen. „Die Landespolitik ist gefordert, die Unternehmen bei der Erschließung neuer Märkte zu unterstützen. Dazu muss sie ihren Einfluss auf wirtschafts- und handelspolitische Entscheidungen des Bundes geltend machen, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit Thüringer Unternehmen zu stärken und ihre Interessen auch auf EU- und internationaler Ebene zu vertreten“, so Bauer.

Mit dem Positions- und Forderungspapier haben die Thüringer IHKs einen ersten Aufschlag an die zukünftigen Entscheidungsträger übermittelt. Dieser soll zunächst einen Rahmen vorgeben und im Laufe der Legislaturperiode durch weitere Aktivitäten ergänzt werden. Ein enger Dialog mit der Politik liegt den IHKs dabei besonders am Herzen. Die Umsetzung der Forderungen soll mithilfe eines Monitorings beobachtet und spätestens vor der kommenden Landtagswahl 2029 evaluiert werden.

Das Papier in Gänze findet sich hier .