Persönlichkeit aus unserer Region

Friedrich August Wolf

Freitag
16.02.2024, 14:22 Uhr
Autor:
psg
veröffentlicht unter:
Am 8. August 1824 endete in Frankreich, in Marseille, das Leben des Friedrich August Wolf, eines Forschenden und Lehrenden, der die Altertumswissenschaften aus der noch engen Bindung an die Theologie und die Juristisprudenz führte und deren Selbständigkeit erreichte...

Gedenkstein in Hainrode (Foto: H. Kneffel) Gedenkstein in Hainrode (Foto: H. Kneffel)
Der Gelehrte brach 1824 als kranker Mann zur Kur nach Nizza auf, besuchte vorher noch Johann Wolfgang Goethe in Weimar. Seinen Tod vor 200 Jahren sollte man in unserer Region zum Anlass nehmen, an diesen außergewöhnlichen Menschen zu erinnern.

Ich las 1991 in einem Artikel, den Marianne Döring, eine Frau, die sich intensiv mit der Geschichte Nordhausens beschäftigte und darüber sprach und schrieb, dass es am Haus Wolfstraße 7, vormals Sackgasse, wohin die Familie Wolf 1767 von Hainrode nach Nordhausen verzogen war, eine Ehrentafel vom Wissenschaftlichen Verein für den berühmten Mann gegeben hätte. Vielleicht kann sie in Nordhausen in diesem Jubiläumsjahr erneuert werden.

Wolf ist am 15. Februar 1759 geboren, im Hohnsteinischen, in Hainrode an der Hainleite. Im Ort steht eine Stele, die neben seinem Porträt folgende Inschrift besitzt: „Friedrich August Wolf (1759-1824). Begründer der Altertumswissenschaften und der modernen Homerforschung, der Wilhelm von Humboldts dauernder Wertschätzung und Goethes zeitweilig engste Freundschaft genoss, wurde in diesem Haus als Sohn eines Lehrers geboren.“
Stele für Friedrich August Wolf in Hainrode
Wolf verfasste einen „Entwurf einer Selbstbiographie“, daraus möchte ich Passagen bis zu seiner ersten Lehrerstelle in Ilfeld zitieren, weil man daraus Besonderheiten über seine außergewöhnliche Charakterstruktur erfährt. „Dort werde ich bis zum Ende meines 6ten Jahres sehr gut gepflegt und erzogen von Eltern, die bieder und einsichtig waren und … wohlhabend … Unterrichtet wurde ich fast allein von meinem Vater, der in mir eine frühreife Frucht vermutete, und das schon seit meinem 2ten Jahre …

Diesen Mann kann ich nicht genug rühmen. Am Ende des 6ten Jahres wußte ich viel Latein und Französisch, auch etwas Griechisch; und da meine Eltern damals (1768) nach Nordhausen zogen, wurde ich ins dasige Gymnasium gebracht, und sogleich in die 3. Klasse … gesetzt.“ Er traf dann „Johann Conrad Hake, einen ganz vortrefflichen Lehrer, durch den ich Liebe zum gründlichen Studium der alten Sprachen gewann. Dieser Mann erlaubte mir … den fleißigsten Zutritt zu sich. Aus seinen traulichen Gespräche faßte ich auch früh den Gedanken, daß es bei emsigen Fleiß gar wohl möglich sei, sich in den meisten Gegenständen aus Büchern und durch bloße Autodidaktie zu fördern“.

Hake verstarb bald und Wolf, der bei den anderen Lehrern seiner Meinung nach wenig lernte, fasste den Entschluss, die Lehrstunden zu verlassen, „… und vom Morgen bis in die Nacht, ja oft den größten Teil der Nacht durch, nach einem gewißen Plan für mich zu studieren.“ Überliefert ist, dass er sich wachhielt durch Fußbäder in kaltem Wasser und wechselseitiges Zubinden eines Auges. Seit seinem 15. Jahr verehrte er den Musik-Direktor Frankenstein, unter dem er auch Chorschüler ward. Er war „einer der Wenigen zu Nordhausen, die sich mit neuern Sprachen und Literaturen beschäftigten; aber in allen Dingen ein ungeschliffener Demant, ein Mann von den herrlichsten Naturgaben …“

Mit 16 Jahren musste Wolf „Lehrstunden über die Theorie der Musik nehmen bei dem ersten Organisten von Nordhausen, C. G. Schröter, einem der originalsten Menschen … Die Bildung meines Herzens konnte mein Vater … meiner Mutter überlassen …Von ihr, die ein schönes Organ hatte, lernte ich durch Vorsagen eine Menge kleiner Lieder, besonders Fabeln und andere Gedichte und ein paar tausend Sprichwörter, aus denen sie den Inbegriff alles moralischen Wissens zu deuten verstand“. In den drei Jahren, in denen er das einsame Studieren erprobte, unterbrochen durch zwei Lehrer, die ihm weiterhin die alten Sprachen vermittelten, kam das Erlernen des Hebräischen auf Wunsch seines Vaters, „bei einem nicht ungeschickten Juden.“ hinzu. In dieser Zeit erlernte er das praktische Spielen auf sechs weiteren Instrumenten, auch das Tanzen wurde ihm beigebracht, leider nicht das Zeichnen, was er sehr bedauerte.

Wolfs außergewöhnliche Begabung, sein Fleiß führten ihn 1777 zu Fuß zum Studium nach Göttingen. Er schrieb sich unter Widerstand einiger Professoren als Student der Philologie (Philologiae studiosus) ein, etwas völlig Neues. Auch hier eignete sich Wolf sehr viel durch unermüdliches Selbststudium an. „Durch mehrnächtliche Arbeiten …zog ich mir eine der schrecklichsten Krankheiten aus Verstopfung zu (verhaltener Stuhlgang), der mich dann plötzlich aufs Lager warf. Erst brave Freunde unter den Studenten rieten zu Tobacksklystieren …und zum Toback, als einer Medicin des Morgens beim Caffee.“

Prof. Christian Gottlob Heyne empfahl ihn an die evangelische Klosterschule nach Ilfeld im Südharz, wo er ab November 1779 wirkte. Die Bücher der Kloster-Bibliothek nutzte er zur Vorbereitung seiner Lektionen, und der berühmte nachreformatorische Schulleiter Michael Neander, der Schüler und Freund Philipp Melanchthons begegnete ihm im großen Auditorium der Schule als beeindruckendes Porträt. Dieses befindet sich jetzt im stadtgeschichtlichen Museum Flohburg.

Aber Ilfeld gefiel ihm nicht sonderlich. Das Tal war ihm zu eng, die Aussicht beim Spazierengehen zu versperrt. So besucht er den Justizamtmann Hüpeden in Neustadt unterm Hohnstein, woher auch seine Mutter stammte, während der 1 ½ Jahre in Ilfeld häufig und lernte dort dessen Tochter kennen. Sie wurde recht schnell seine Frau.

Hier verlassen wir den „Entwurf einer Selbstbiographie“. Ein nächster Artikel über Friedrich August Wolf wird aus meinem Buch über Caroline von Humboldt stammen, dass ich 2023 herausgab, in dem mehreres über sein weiteres Leben und seine Verbindung zu den Humboldts zu lesen sein wird.
Heidelore Kneffel