Landrat lehnt Untersuchungsausschuss zur OB-Amtsenthebung ab

Keine Aufklärung von heiklen Fragen

Mittwoch
03.05.2023, 22:30 Uhr
Autor:
osch
veröffentlicht unter:
Kai Liebig, der Fraktionschef der Bürgerliste Südharz (BLS) im Nordhäuser Kreistag, forderte in der gestrigen Kreistagssitzung eine Untersuchungskommission, die Umstände und Begleiterscheinungen der Suspendierung des Nordhäuser Oberbürgermeisters prüfen soll. Wohl mit wenig Aussicht auf Erfolg …


Eines der Fotos, die Kai Liebig zum Antrag auf einen Untersuchungsausschuss veranlassten: Oberbürgermeister Buchmann (links im Bild) verlässt am 31. März seine Arbeitsstelle mit einem Briefumschlag in der Hand. Drei Vollzugsbeamte de Landratsamtes sind rechts zu sehen. (Foto: S.Dietzel) Eines der Fotos, die Kai Liebig zum Antrag auf einen Untersuchungsausschuss veranlassten: Oberbürgermeister Buchmann (links im Bild) verlässt am 31. März seine Arbeitsstelle mit einem Briefumschlag in der Hand. Drei Vollzugsbeamte de Landratsamtes sind rechts zu sehen. (Foto: S.Dietzel)

Am letzten Märztag waren uniformierte Mitarbeiter des Nordhäuser Landratsamts im Nordhäuser Rathaus einmarschiert und hatten den Verwaltungschef morgens um acht aus seinem Büro eskortiert. Vor dem Amtsgebäude warteten Fotografen und lichteten die Szenerie ab.

Das sind Faktoren, die Kai Liebig veranlassten, beim Landratsamt einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Schließlich handelt es sich bei dem als Oberbürgermeister Beurlaubten um eine Mitglied seiner Kreistagsfraktion, was zusätzliche Brisanz für den Regionalpolitiker bietet. „Mir ist schon klar dass es verschiedene Unmöglichkeiten gibt, die unglaublichen Vorgänge hier bis ins Detail zu erläutern“, sagte er gestern im Kreistag. „Zum einen ist es ja der immer wieder gebrachte Vorwand, der Landkreis und unser Landrat hätten mit der ganzen Causa nichts zu tun, er hätte nur unterschreiben müssen, was die Kommunalaufsicht aufgedeckt hätte. Des Weiteren geht es um ein laufendes Verfahren, zu guter Letzt auch um den Datenschutz und vor allem um Angelegenheiten der Stadt Nordhausen.“

Aber die Begleitumstände des Falles wären es, die ganz direkt das Landratsamt berührten und näher betrachtet werden sollten, meint der in Sophienhof lebende Landwirt Liebig. Drei Fragen beschäftigen ihn vorrangig:

Erstens: Worin bestand der Schaden der von der Stadt Nordhausen abgewendet werden sollte? Denn damit so Liebig, wurde der sofortige Vollzug der Maßnahme begründet.

Zweitens: Warum hat die Kommunalaufsicht, die dem Thüringer Innenministerium untersteht, die Mitarbeiter des Vollzugsdienstes des Landratsamtes beauftragt, den Brief persönlich zu überbringen? Welche Vollmachten hat ein Vollzugsdienst, der eigentlich zur Überwachung der Corona-Maßnahmen installiert wurde? Auch interessiert Kai Liebig, warum es einen solchen Dienst nach Beendigung aller Corona-Einschränkungen überhaupt noch im Landratsamt gibt.

Und schliesslich drittens: Woher wusste der Fotograf, der schon vor dem Rathaus wartete von dem Ereignis und seinem zu erwartenden Ausgang? Dass nämlich der Oberbürgermeister das Gebäude verlassen würde?

Liebig mutmaßt dazu: „Wenn man alles zusammenzählt und die starke Affinität unseres Landrates zu Bildern kennt, kommt man unweigerlich auf den Gedanken, dass die Uniformierten des Vollzugsdienstes nur als Statisten für ein Foto dienen sollten, welches die Vorwürfe noch einmal bildlich untermauern sollten.“

Auch ist es ihm unklar, warum der höchste Rechtsbeamte des Landkreises abgeordnet wird, um im Range eines Sachbearbeiters für die landeseigene Kommunalaufsicht die rechtliche Begründung für die Amtsenthebung zu erarbeiten. Und als Abgeordneter stellt Liebig sich die Frage, ob die Mitarbeiter des Innenministeriums das nicht selbst gekonnt hätten und ob der Landkreis nun dem Innenministerium die Tätigkeiten des Vollzugsdienstes und der Rechtsbeamten in Rechnung gestellt hat oder ob es sich um eine Gefälligkeit gehandelt habe.

„Ich kündige an, die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses (siehe Anhang) für den nächsten Kreistag zu beantragen um die ominösen Begleitumstände zu untersuchen“, fasst Liebig das Ergebnis seiner Überlegungen zusammen. Er sei zutiefst beunruhigt und frage sich wie „man noch interessierte Bürger für eine politische Arbeit gewinnen soll, wenn von Seiten unseres Landkreises derart mit den Betreffenden umgegangen wird.“ Als Fraktionschef setzt er klare Prioritäten im Umgang mit seinem Kollegen in der Bürgerliste: „Für mich ist das Wichtigste, dass zunächst einmal ein Gericht die Vorgänge prüft, dass Herr Buchmann schnellstmöglich an seinen Arbeitsplatz zurück kehren kann.“

Im Landratsamt wurden Liebigs Ausführungen zur Kenntnis genommen, allerdings wird dem Mann wenig Hoffnung auf die Erfüllung seiner Wünsche gemacht. „Da es sich um dienstrechtliche Angelegenheiten handelt, ist der Kreistag hier wie bei allen anderen Beamten auch nicht zuständig“, heißt es kurz und bündig aus dem Büro des Landrats. Eine Akteneinsicht sei somit nicht zulässig, diese könne nur bei Vorgängen im eigenen Wirkungskreis des Kreistages beantragt werden, was hier aber offensichtlich nicht der Fall wäre.

„Nur der Beamte selbst kann Rechtsmittel vor dem Verwaltungsgericht Meiningen einlegen, was er bisher unseres Wissens nach nicht getan hat“, läßt Landrat Jendricke uns auf Nachfrage wissen.

„Der Beamte“, also der suspendierte Oberbürgermeister Kai Buchmann, bereitet nach Wissensstand von Kai Liebig mit einem Anwalt derzeit eben diesen Eilantrag gegen die vorläufige Dienstenthebung vor. Buchmann strebt mit dem Verfahren an, seinen Platz im Rathaus wieder einnehmen zu können und einen "einstweiligen Rechtsschutz als Beamter“ zu erlangen. Allerdings kann es bis zu einer richterlichen Entscheidung längere Zeit dauern und die Entwicklung des Falles hängt von Schnelligkeit und Kapazität des Gerichts ab. Zeit, die dem nicht mehr amtierenden Stadtoberhaupt fehlen könnte, denn am 10. September wird in Nordhausen per Wahl neu über die Besetzung seines Amtes bestimmt. Als Amtsinhaber will er dann für eine weitere Legislaturperiode kandidieren, das verkündete er bereits öffentlich.
Olaf Schulze

Im Anhang hier als pdf-Datei der komplette Antrag des Kreistagsabgeordneten Kai Liebig zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.