Der Opfer gedacht und Mahnung ausgesprochen

Sonntag
09.11.2014, 12:00 Uhr
Autor
khh
veröffentlicht unter:
Auch wenn der heutige Sonntag ganz im Banne des 25 - jährigen Falls der Berliner Mauer steht, gedachten am Vormittag viele Bürger und Vertreter von Vereinen und Verbänden der Opfer unter der jüdischen Bevölkerung...


Mit der Reichspogromnacht vom 9. zum 10. November 1938, in der die jüdische Synagogen in ganz Deutschland brannten, leiteten die Nazis die systematische Vernichtung der jüdischen Bevölkerung ein. Am Jüdischen Friedhof in Sondershausen, oberhalb der Possenallee, gedachten heute Bürger der Stadt Sondershausen und brachten so ihre Anteilnahme und Verbundenheit mit den Opfern zum Ausdruck. Neben Bürgern und Vereinen kamen auch Vertreter der Kirchen und mit Landtagsmitglied Manfred Scherer (CDU) war auch die Politik vertreten.

Der Opfer gedacht und Mahnung ausgesprochen (Foto: Karl-Heinz Herrmann) Der Opfer gedacht und Mahnung ausgesprochen (Foto: Karl-Heinz Herrmann)

Worte des Gedenkens sprach Bürgermeister Joachim Kreyer (CDU) und erinnerte dabei, dass Hitler nicht allein für die Reichspogromnacht verantwortlich war. Auch Bürger Sondershausen waren damals aktiv beteiligt. Und auch jetzt heißt es aufpassen, warnte Kreyer, die Wahlergebnisse der letzten Wahl zeigen, dass rechtes Gedankengut immer noch vorhanden ist.

Mit Blick auf die Aufnahme von Flüchtlingen rief Kreyer die Bevölkerung auf, zeigen Sie Toleranz und heißen Sie die Flüchtlinge willkommen. Kreyer verurteilte Aktivitäten im Internet, die zu einer regelrechten Kampagne gegen die Flüchtlinge aufgerufen haben. Zeigen Sie als Bürger auch im Internet, so Kreyer, dass die Sondershäuser mit rechtem Gedankengut und Fremdenfeindlichkeit nichts zu tun haben wollen.

Der Opfer gedacht und Mahnung ausgesprochen (Foto: Karl-Heinz Herrmann) Der Opfer gedacht und Mahnung ausgesprochen (Foto: Karl-Heinz Herrmann)

An die Opfer unter der jüdischen Bevölkerung wird in Sondershausen aber nicht nur am heutigen Tag gedacht. Erst jüngst am 10.10.2014 wurden in Sondershausen an drei Orten insgesamt sieben "Stolpersteine verlegt.

Der Opfer gedacht und Mahnung ausgesprochen (Foto: Karl-Heinz Herrmann) Der Opfer gedacht und Mahnung ausgesprochen (Foto: Karl-Heinz Herrmann)

Bürgermeister Joachim Kreyer und die 1. Beigeordnete des Bürgermeisters, Cornelia Kraffzick (SPD) legten anschließend ein Gebinde am Gedenkstein zu Ehren der Opfer nieder.

Anschließend legten auch Landrätin Antje Hochwind (SPD), Vertreterinnen der Partie die Linke, und Schüler und Lehrer des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Sondershausen Gebinde nieder.

In diesem Zusammenhang muss festgestellt werden, dass für die am jüdische Friedhof angerichteten Schäden noch kein Täter ermittelt werden konnte.



76. Jahrestag der Reichspogromnacht

Thüringens neuer Landtagspräsident Carius: „Wir müssen die Ereignisse im Gedächtnis bewahren“

Anlässlich des 76. Jahrestags erinnert Landtagspräsident Christian Carius (CDU) an die Reichspogromnacht während der NS-Herrschaft „Mit den deutschlandweiten Brandschatzungen von Synagogen am 9. November 1938 erreichte der staatlich organisierte Terror gegen deutsche Juden einen neuen tragischen Tiefpunkt. Gleichzeitig war dies ein Fanal für den zukünftigen menschenverachtenden Umgang der Machthaber mit Teilen der deutschen und europäischen Bevölkerung. Mehr als die Hälfte aller Gebetshäuser in Deutschland wurden stark beschädigt oder ganz zerstört. Über 1.300 Menschen starben in Folge der Ausschreitungen. Auch in Thüringen standen Synagogen in Flammen: in Gotha, Eisenach, Meiningen, Nordhausen, Erfurt, Arnstadt oder Suhl.“

Der 9. November 1938 sei als Symbol brutaler staatlicher Gewalt im kollektiven Gedächtnis unseres Landes verankert, so Carius. „Die offen antisemitische Politik der Nationalsozialisten offenbarte eine Massenpsychose, die keinen Raum für demokratische Werte und ein tolerantes Miteinander ließ. Die Intoleranz der Nationalsozialisten sollte für Millionen Menschen in ganz Europa tödliche Folgen haben. Wir tun gut daran, die Reihe der Ereignisse in Erinnerung zu behalten – die brennenden Bücher, die brennenden Synagogen und schließlich die brennenden Krematorien der Vernichtungslager. Am Ende stand ein ganzer Kontinent inmitten der Moderne in Flammen. Deshalb dürfen die Ereignisse, die dazu führten, in unserer Erinnerung nicht verblassen. Dazu sind wir verpflichtet.“

Zudem werde eine ernsthafte Erinnerungskultur den unzähligen Opfern gerecht, so der Landtagspräsident weiter. Daher sei die Erinnerung an die Geschehnisse vor 76 Jahren so wichtig. Weil sie den Verfemten ihre Ehre zurückgebe, die Ausgegrenzten in der Mitte unseres Bewusstseins verankere und die Getöteten vor dem Vergessen bewahre. „Wir verneigen uns vor den Opfern des Nationalsozialismus. Es ist unsere Aufgabe, die unveräußerlichen Freiheitsrechte zu schützen und mit ihnen die Menschlichkeit zu bewahren. Diese Pflicht tragen uns nicht nur das Grundgesetz und die Landesverfassung auf, sondern erwächst auch aus unserem historischen Gedächtnis und menschlichen Gewissen“, erklärte Carius.