Aus dem Kreisausschuss

Pflegeausgaben bringen Kreishaushalt in Bedrängnis

Montag
19.08.2024, 18:10 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Steigende Pflegekosten belasten den Haushalt des Kreises und an der Abfalldeponie hat man noch mit den Folgen des Weihnachtshochwassers zu kämpfen. Diese und andere Themen beschäftigten heute den Kreisausschuss…



Nordhausen wird Oberzentrum und der Landkreis trägt seinen Teil bei - mit einem Überblick über Investitionen und Baugeschehen in der Region eröffnete Landrat Matthias Jendricke die heutige Sitzung des Kreisausschusses. Im Kurzvortrag enthalten: der anstehenden Neubau der regionalen Leitstelle für den Rettungsdienst, die Investitionen am Südharz-Klinikum, der Bau des neuen Wertstoffhofes in der Kreisstadt, das Großprojekt Humboldt-Gymnasium, der Albert-Kuntz-Sportpark und noch einige kleinere Punkte mehr.

Man könnte vermuten, dass der Landrat den Einstand bewusst mit ein paar positiven Nachrichten beginnen wollte, denn was später auf den Ausschuss zukam, war alles andere als erfreulich.

Pflegekosten steigen rasant an
Rund 1,7 Millionen Euro überplanmäßiger Ausgaben im Bereich der „Hilfe zur Pflege“ hat Kämmerer Torsten Kaun in den Büchern stehen, die Haushaltsansätze, die man in der Vergangenheit in Erwartung der generellen Entwicklung bereits um rund 800.000 Euro nach oben korrigiert hatte, seien bereits so gut wie erschöpft.

Man rechne mit „erheblichen Mehrausgaben“, für die der Kreis selber aber herzlich wenig kann, denn Treiber der Entwicklung sind die allgemeinen Kostensteigerungen in der Pflege, die primär von Krankenkassen und Trägern verhandelt werden. Auf Punkte wie Personalbesatz und Kapazitätsplanung haben man keinen Einfluss, führte der zuständige Beigeordnete, Stefan Nüßle aus. Für die Kostensteigerungen fände sich ein „Potpourri“ an Gründen, darunter Tarifsteigerungen und Mindestlohn oder auch der Rückzug des Bundes aus bestimmten Finanzierungspositionen nach der Corona-Pandemie.

Die Ausgaben zur Sozialhilfe seien in Deutschland im Schnitt um 18 Prozent gestiegen, bei den Hilfeleistungen zur Pflege liegt man bei einem durchschnittlichen Aufwuchs von 27 Prozent. Dass man mit der Misere nicht alleine ist, hört Kämmerer Kaun auch von Thüringer Kollegen, die finanzielle Absicherung werde zunehmend schwierig.

An den Zahlen ist die Problematik gut zu erkennen: hatte man 2017 noch 218 Pflegebedürftige, die die Hilfeleistung in Anspruch nahmen, waren es zuletzt über 560 Personen. „Das heißt nicht zwingend, das wir mehr Leute in den Einrichtungen haben, sondern eher, dass mehr Menschen Anspruch auf die Hilfe erheben müssen“, ergänzte der Landrat. Bei der Berechnung werden Vermögen und Rentenbezüge angerechnet, Kosten die darüber nicht gedeckt werden können, müssen die Kreise als Sozialhilfeträger leisten.

Viel tun kann der Landkreis nicht, „generationengerechte Lösungen“ müssten in Berlin gefunden werden, so Nüßle weiter, dem Landratsamt verbleibt es nur zu sehen, wo das Geld her kommt. Auch hier wäre „Potpourri" wohl der passende Begriff, „es trifft Querbeet alle“, heißt es aus der Kämmerei. Kürzungen und Einsparungen könnten im Bereich Bildung und Teilhabe, in der Verwaltung und der Schulsozialarbeit, bei Bewirtschaftungsausgaben, der EDV, bei Mietausgaben, dem Jobcenter, dem Asylbereich, bei der Wirtschafstförderung für den Tourismus und den Breitbandausbau realisiert werden, die Liste ließe sich noch fortführen. Auch Mehreinnahmen sollen zur Deckung herangezogen werden, genaue Angaben kann man aber noch nicht machen, bis in den Oktober hinein könnte es noch zu Umschichtungen kommen.

Was oben drauf fiel, kam unten wieder raus
Ein finanzielles Nachspiel haben auch die starken Regenfälle Ende des Jahres, die im Landkreis zu zahlreichen Überschwemmungen geführt hatten. Auf der Abfalldeponie des Kreises hatte man ebenfalls mit den Wassermassen zu kämpfen, das Rückhaltebecken mit einem Volumen von 1000 Kubikmetern war dem Unbill nicht gewachsen. „Das Wasser kam in Fluten, so wie es oben drauf regnete, kam es unten wieder heraus, der Berg konnte einfach kein Wasser mehr speichern“, berichtete Heiko Müller aus dem Fachbereich für Bau und Umwelt.

Ein Versuch, die Mengen über die Kläranlage in Bleicherode zu bewältigen, stellte sich als nicht praktikabel heraus. Schließlich musste man die obere Deponiebehörde einschalten, die klar stellte, dass eine Ableitung in das Umland oder die Flusssysteme eine Straftat darstellen würde. Da das Sickerwasser als kontaminiert gelten musste, blieb nichts anders übrig, als den Überschuss in Container zu pumpen und nach und nach der Klärung zu zuführen, erklärte der 2. Beigeordnete, Dirk Schimm, weiter.

Durch die Maßnahmen sind Mehrkosten in Höhe von rund 153.000 Euro entstanden. Außerdem wird man nicht umhin kommen, ein zweites Rückhaltebecken mit weiteren 1000 Kubikmetern Volumen zu bauen. Die entsprechende Anweisung der übergeordneten Behörde werde derzeit erwartet, erste Gespräche haben bereits stattgefunden.
Angelo Glashagel