Im Rapsfeld gestellt

Neun Wochen auf der Flucht

Donnerstag
04.07.2024, 09:10 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Ende April "flüchtete" ein Kalb aus einem landwirtschaftlichen Betrieb in Walkenried. Nach neun Wochen gelang es, das Tier in Thüringen wieder einzufangen...

Das flüchtige Vieh, gut versteckt im Rapsfeld (Foto: S. Dietzel) Das flüchtige Vieh, gut versteckt im Rapsfeld (Foto: S. Dietzel)


Es ist Ende April, als das Kalb mit anderen Tieren auf einer Koppel im niedersächsischen Walkenried steht.Warum das Tier plötzlich in Panik geriet und durch den Weidezaun lief, ist unklar.

Der Landwirt und Helfer konnten das Tier kurz lokalisieren und man versuchte, dem Tier habhaft zu werden. Leider klappte das Einfangen des Tieres nicht und somit begab sich das Kalb auf "Wanderschaft". Immer wieder wurde das Tier im "Grenzgebiet" zwischen Niedersachsen und Thüringen gesichtet.

Zuletzt hielt es sich dann in Thüringen auf. Wanderer, Autofahrer und ein Jäger konnten Hinweise geben, wo sich das Tier aufhielt. Zwischen Obersachswerfen und Liebenrode, in der Nähe des Karstwanderweges, wurde das Kalb immer öfter gesehen. Das Problem, was sich hier ergab, das Tier hatte sich in einem ca. 10ha großen Rapsfeld niedergelassen. Hier konnte das Tier ungehindert und fast unsichtbar agieren. Futter gab es genug.

Der Landwirt legte zusätzlich an einer bestimmten Stelle immer wieder Futter aus, um das Tier in dem Bereich zu binden. Das Nordhäuser Veterinäramt vermittelte eine für "Distanzimmobilisation" - sprich Betäubung per Schuss - berechtigte Person. Der erste Versuch, dem Tier habhaft zu werden, scheiterte Ende Juni. Am 2. Juli dann der zweite und erfolgreiche Versuch.



Mittels einer Drohne mit Wärmebildkamera wurde das Gebiet abgeflogen. Das Tier konnte lokalisiert werden. Nun kam der schwierige Teil. Mit dem Betäubungsgewehr im Anschlag schlug man sich durch den Raps. Ein Vorwärtskommen gelang nur in den Fahrspuren, querfeldein gab es kein Durchkommen. Und somit wurde es zum Geduldspiel.

Und dann stand das Kalb plötzlich 10 Meter vor dem Schützen. Doch bevor eine günstige Schussposition eingenommen werden konnte, entkam das Kalb erneut und versteckte sich im tiefen Raps. Wieder musste die Drohne gestartet werden, erneut konnte das Tier schnell lokalisiert werden. Wieder hieß es, möglichst unauffällig und geräuscharm sich durch den Raps zu schlagen.15 Minuten Suche und dann war es endlich soweit. Das Tier stand im optimalen Schusswinkel und freier Schussbahn.

Der Betäubungspfeil traf das Tier perfekt im Muskel des Hinterlaufes. Keine 10 Minuten später lag das rund 140 kg schwere Tier in Narkose. Nun musste schnell und besonnen gehandelt werden. Das Tier wurde fixiert und mittels eines Bigpacks aus dem Feld gebracht.Am Feldrand wurde das Tier dann auf einen Transportanhänger verladen. Nachdem das Tier aus der Narkose erwacht war, wurde es zurück auf den heimischen Hof gebracht. Am Ende war der Landwirt glücklich, dass nach 9 bangen Wochen das Tier wieder auf seinem Hof ist. Ohne diese hochmoderne Drohnentechnik wäre die Suche nach dem Tier gescheitert.
Silvio Dietzel