IM HARZ UNTERWEGS

Ein Besuch im Schwalbenparadies

Sonnabend
08.06.2024, 19:05 Uhr
Autor:
psg
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„Im Harz, da ist es wunderschön“ – den Älteren unter uns ist dieses alte Volkslied noch gut bekannt. Der Realität entsprechend, wäre heute „Im Harz, da war es wunderschön“, beschönigend: „…ist es noch schön“ angebrachter...

 Ziehen sich da schon dunkle Wolken über dem Hotel „Harzhaus“ zusammen. (Foto: Rosalinde Frank) Ziehen sich da schon dunkle Wolken über dem Hotel „Harzhaus“ zusammen. (Foto: Rosalinde Frank)
Südharz. Im Hotel „Harzhaus“ in Benneckenstein lernte ich im Vorjahr Hossein Marjani, den Chef des Hauses, kennen. Redlich bemühte sich der Iraner, der seit 36 Jahren in Deutschland wohnt, um Gastfreundschaft. Der 63-Jährige Hotelfachmann kennt sich in der Gastronomie aus, war er doch schon in Hannover in der Branche tätig. Vor fünf Jahren kaufte er die gesamte Hotelanlage.

Marjani fungiert im Harzhaus als Allroundtalent: Koch, Kellner, „Zimmermädchen“ in einer Person. Wer keine erhöhten Ansprüche stellt, war zufrieden. Mit zwei Ehepaaren als Hotelgästen und einigen Besuchern zum Kaffee während meines Aufenthalts kann ein Hotel auf Dauer nicht existieren.

Vielleicht hielten der Anblick eines geschundenen Waldes, die aufgestapelten Holzstämme allenthalben und entwaldeten Berghügel Besucher ab. „Harzhaus aber bietet gute sportliche Möglichkeiten: Tennis, Kegeln, Badminton, Billard hält die Tennishalle nebenan bereit. Sie blieb ungenutzt. Hossein Marjani weiß um die Sorgen der Branche. Aufgeben wollte er nicht, für sein Hotel aber stärker werben.

Dieser Tage ein erneuter Besuch. Das gepflegte Umfeld mit dem Tiergehege wirkte einladend, doch die Enttäuschung folgte: Kein Mittagstisch. Erst ab 15 Uhr geöffnet. Kaffee und Kuchen und nur noch kalte Speisen aus der Küche. Mehr lohne sich nicht. Übernachtungen sind möglich. 100 Euro pro Nacht. Mit Frühstück. Ein Hotel mit vier Sternen? Da wäre mit Zahl drei schon eine zu viel. Zurück in heimische Gefilde.

Sophienhof lockte. Ziegenalm und „Brauner Hirsch“ stillen hungrige Mägen. Vor allem die Ziegenalm von Kai und Kerstin Liebig ist der Magnet für Familien mit Kindern. Der in Familie betriebene Bauernhof mit den Heidschnucken, Tiroler Grauviehkühen, dem Damwildgatter, Ziegen, Schweinen und Hühnern ist bei Groß wie Klein beliebt.

Mehlschwalbennester in Reih und Glied finden sich auf der Ziegenalm. Jeder Quadratzentimeter ist bebaut, wie auch das Video zeigt. (Foto: Rosalinde Frank) Mehlschwalbennester in Reih und Glied finden sich auf der Ziegenalm. Jeder Quadratzentimeter ist bebaut, wie auch das Video zeigt. (Foto: Rosalinde Frank)
Auch bei Naturliebhabern wie Ornithologen. Rüttelnd suchen Bussard und Turmfalke über den Wiesen nach Mäusen. Gemächlich flog ein Schwarzstorch vorbei. Der Rotmilan zog seine Kreise. Und da sind die Schwalben. In so einer Konzentration wie im Umfeld von Liebigs Anwesen findet man Mehl- und Rauchschwalben sonst nirgendwo im Landkreis Nordhausen.

Jede Menge Nester der Mehlschwalbe
Während sich die Mehlschwalben an Hauswänden unter Dächern ihre kugelförmigen Nester bauten, finden sich die halbförmigen der Rauschschwalben in den Ställen. Die Ziegenalm verdient den Zusatz „Schwalbenparadies“, die Familie Liebig eine Auszeichnung des Naturschutzbundes für Förderung und Erhaltung bedrohter Vogelarten.

Gut gelaunt verließen wir die Anhöhe, im Gepäck ein Suppenhuhn, das morgen auf den Tisch kommt. Es wird nicht das letzte sein.
Kurt Frank