Ein Rückblick imm Burgtheater

30 Jahre Weitsprungmeeting in Bad Langensalza

Sonntag
26.05.2024, 09:23 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
25 Jahre lang war Bad Langensalza das Mekka der Weltelite im Weitsprung. Im Schatten der Salza-Halle wurden mehrere Landesrekorde und zwei Weltjahresbestleistungen erzielt. Heute vor 30 Jahren fand das erste Meeting statt – Grund genug für einen Rückblick...

Im Burgtheater von Bad Langensalza trafen sich am Samstagabend rund 50 Protagonisten, welche zwischen 1994 und 2018 jährlich einen Weitsprungwettkampf durchführten, der weltweit bekannt wurde. Dieses Vierteljahrhundert ließen die Veranstalter nun ziemlich wehmütig, aber auch voller Stolz Revue passieren.

Auf Initiative von Hardy Krause, der 23 Jahre lang die Moderation innehatte, kamen zahlreiche Wegbegleiter und Unterstützer des Weitsprungmeetings der Weltklasse zusammen. Bereits zum 20-Jährigen Bestehen wurde ein Film zusammengestellt, welcher die Anwesenden in Erinnerungen schwelgen ließ. In den folgenden fünf Jahren wurde das bis dato eigentlich schon legendäre Event nochmals auf eine höhere Stufe gestellt – bis zur Krönung im Jahr 2018, als der weiteste jemals in Deutschland gelandete Sprung den Höhepunkt, aber auch gleichzeitig das Ende der Veranstaltungsreihe bildete.

In mehreren Talkrunden wurden die tollen Jahre nochmals abgehandelt und viel aus dem Nähkästchen geplaudert. Los ging es mit dem Bau der Salza-Halle, zu welcher auch eine Außenanlage gehörte, die dem Schulsport vorbehalten war. Wie es der Zufall so wollte, war Rolf Krause der Schulleiter des angrenzenden Salza-Gymnasiums und sein Sohn Konstantin ein starker Weitspringer, der zwei Jahre zuvor bereits an den Olympischen Spielen in Barcelona teilgenommen hatte.

Mit Unterstützung von Bernhard Schönau, der damals noch beim Schulamt tätig war und anschließend über die gesamte Zeit des Bestehens des Meetings als Bürgermeister ein großer Fan und Unterstützer gewesen ist, ging es recht unspektakulär los. „Es waren etwa 250 Zuschauer da, die damals noch am Rand standen. Es gab keine Tribünen, keine Versorgung und kein Rahmenprogramm. Gleich im ersten Jahr lag die Siegerweite aber bei sagenhaften 8,14 Meter. Da haben wir gemerkt, hier geht was“, erzählte Hardy Krause.

Und sein Bruder Konstantin haute gleich die erste Anekdote raus: „Anfangs wurden wir belächelt und sogar von renommierten Eurosport-Reportern aufs Korn genommen. Unsere Bahn würde bergab verlaufen und so weiter. Im darauf folgenden Jahr sprangen wir in die umgekehrte Richtung und wieder lag die Siegerweite bei über acht Metern. Die Reporter haben sich dann irgendwann bei uns entschuldigt.“

Das Spezialmeeting weckte natürlich Interesse bei internationalen Verbänden, ob es da in Bad Langensalza überhaupt mit rechten Dingen zu gehen würde. Die Zweifler überzeugten sich eines Besseren und wurden Zeuge einer Sensation. 1998 sprang der Jamaikaner James Beckford mit 8,60 Meter die Weltjahresbestleistung in die Grube im Salza-Park. Ab diesem Zeitpunkt luden sich die Weitsprungstars gewissermaßen selbst ein, weil das Spezialmeeting ein absolutes Alleinstellungsmerkmal bekommen hatte.

Stets getragen von enthusiastischen Fans, die bei jedem 8-Meter-Sprung eine Laola-Welle entfachten, wurden Jahr für Jahr sensationelle Weiten erzielt. Nur in einem Jahr, bei einstelligen Temperaturen und Dauerregen, wurde die magische Marke verfehlt. Dennoch blieb das Meeting bei Familie Krause und bei Hauptsponsor Bernhard Helbing von der Firma TMP eine Herzensangelegenheit. 2003 konnte sogar Ministerpräsident Dieter Althaus als Zuschauer begrüßt werden.

Selbst Mike Powell, der Weltrekordhalter im Weitsprung, war in einem Jahr zu Gast und zeigte sich erfreut von der Stimmung und der Begeisterung. Er ließ es sich nicht nehmen, selbst nach vielen Jahren einen Sprung in den Sand zu setzen. Am gestrigen Abend im Kino zugegen war mit Kofi Prah sogar ein mehrfacher Teilnehmer, der viele Geschichten ausplauderte und die Zuhörer ein wenig hinter die Kulissen blicken ließ.

Trotz der erfolgreichen Zeit, gab es doch eine Träne im Knopfloch bei Familie Krause. Konstantin Krause konnte sein „Heimmeeting“ nie gewinnen, obwohl er regelmäßig weit über acht Meter sprang. Vater Rolf Krause bedauerte, dass es beim Frauen-Meeting zu keinem 7-Meter-Sprung gereicht hat. 6,97 Meter sei hier der Rekord von Bianca Kappler gewesen. Und natürlich hätte sich der langjährige Meetingdirektor den Weltrekord in Bad Langensalza gewünscht.

Das klingt zwar für eine Kleinstadt sehr ambitioniert, es hat am Ende dafür aber nicht viel gefehlt. Bei der letzten Austragung standen die eingeladenen Springer nämlich einen Tag vor dem Meeting an der Anlage und schauten etwas skeptisch. Die Sandgrube war nur genau neun Meter lang, was einigen Teilnehmern zu kurz erschien. In einer Nacht und Nebelaktion wurde die Grube mit Bagger und Schaufel kurzerhand um einen Meter verlängert.

Und tatsächlich sprang ein erst 19-Jähriger Kubaner unglaubliche 8,92 Meter. Leider trat er dabei wenige Zentimeter über, aber im weiteren Verlauf gelangen ihm 8,68 Meter – erneut die Weltjahresbestleistung. Das Meeting toppte sich nochmals selbst und musste zeitgleich sein vorläufiges Ende verkünden. Der Rest der Geschichte ist bekannt – es erfolgte die Erweiterung der Salza-Halle und die Weitsprunganlage musste weichen. Dann kam Corona und seitdem gab es keine Neuauflage mehr.

Dennoch blicken Familie Krause und alle Unterstützer auf eine erfolgreiche Zeit zurück, die immer Teil der Sportgeschichte von Bad Langensalza sein wird. Mehrere Redner äußerten Ideen für ein Erinnerungsobjekt, was in den folgenden Gesprächen im Kino noch vertieft wurde. Herzlich gelacht und geschmunzelt haben die Anwesenden über manche kleine Geschichte, die in Erinnerung geblieben ist.

Beispielsweise die Bräunungscreme für einen dunkelhäutigen Springer in einem Präsentkorb oder ein über Nacht herangeschafftes Windmessgerät aus Leverkusen, wurden genannt. Auch der kultige Springer Gable Garenamotse aus Botswana, der mehr als 24 Stunden Anreiseweg hatte und stets mit bunten Socken sprang, wurde erwähnt. Seine lockere Art und seine Gelassenheit blieben vielen in Erinnerung und als sein eigentliches Sprungbein streikte, hüpfte er einfach mit dem anderen Fuß in den Sand und schaffte es trotzdem auf über acht Meter, was zum Meetingsieg im Jahr 2008 reichte.

Ein verwechselter rumänischer Springer, der einen ähnlichen Namen hatte, wie sein eigentlich geplanter Landsmann, kam ebenso zur Sprache, wie ein Athlet aus Armenien, der eine Telefonrechnung von 500 Euro im Hotel hinterlassen hatte. Und natürlich Kultfigur James Beckford, der nach seinem Rekordsprung nach Bad Langensalza immigrierte und sich die eine oder andere Eskapade leistete. Ebenso legendär der Zuschauersprung, für welchen der Hauptsponsor 1000 DM bzw. 500 Euro auslobte, wenn ein ausgeloster Gast aus dem Publikum mindestens die Hälfte der Siegerweite schaffte.

Die Geschichten hätten noch stundenlang so weitergehen können – doch irgendwann machte Familie Krause das Buch zu. Auch wenn es keiner wahrhaben wollte, aber es scheint für immer geschlossen zu bleiben. Dennoch ist in Bad Langensalza eine sehr starke Nachwuchsgruppe in der Leichtathletik aktiv und wer weiß, vielleicht gibt es in der Kur- und Rosenstadt irgendwann wieder Weltklasse-Leistungen im Weitsprung oder anderen Disziplinen zu bejubeln.
Markus Fromm