nnz Betrachtung

Nichts Neues unter der Nordhäuser Sonne

Donnerstag
16.05.2024, 09:01 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Nach der OB-Wahl im vergangenen September war ein Neustart im Nordhäuser Rathaus möglich. Über die eigenen Schatten zu springen und diese Chance zu nutzen hat man verpasst. Was zu befürchten war, ist eingetreten…

„Ein Neustart ist dringend nötig“ titelte ich in der ersten Nachlese der OB-Wahl, wer sich den ganzen Text noch einmal zu Gemüte führen möchte, der findet den Artikel hier. Zu lesen stand da unter anderem, dass man nun Ernst machen müsse mit der Aussöhnung, dass die Damen und Herren über ihre Schatten springen müssten, dass sich der Abstieg der politischen Kultur der Stadt nur beschleunigen werde, führte man die Grabenkämpfe unvermittelt weiter.

„Der Mensch ist des Menschen Wolf heißt es und schon so manches wohlmeinende Vorhaben ist an der granitenen Wand des Egos, an Missgunst, Neid und persönlicher Antipathie gescheitert. Es wäre wünschenswert wenn man sich in Nordhausen über niederen Instinkt erheben und im Sinne eines größeren Wohls handeln könnte.

Der Wunsch war Vater des Gedankens. Was wäre es schön, wenn mich die Menschen und die Welt im Allgemeinen einmal positiv überraschen könnten. Aber nein, es soll nicht sein - acht Monate nach der Chance zum Neustart ist scheinbar alles beim Alten. „Der Oberbürgermeister kann nicht weiter machen wie bisher.“. Doch. Er kann. Offenbar.

Noch ein Zitat gefällig? Live-Ticker aus dem ersten Stadtrat nach der Wahl:

Buchmann dankt allen von Herzen für diesen Vertrauensbeweis, die Wahl sei Auftrag und Verpflichtung die Arbeit erfolgreich fortsetzen, seinen Prinzipien werde er weiter treu bleiben, aber das heiße nicht das man alles beim Alten belassen könne.

Er habe aus seiner ersten Amtszeit gelernt und werde mit den Stadträten nach Wegen suchen, wie man besser zusammenarbeiten könne […] Seine Tür stehe weiter offen, sagt Buchmann. Man werde über die Sache weiter streiten können und müssen, die Art und Weise wie man diese Auseinandersetzung führe sei ausschlaggebend.


Ein Satz mit X. An der Art und Weise hat sich scheinbar nichts geändert, wenn man den Aussagen der Bürgermeisterin Glauben schenkt. Nach der Wahl war Rieger lange abgetaucht, wenn einen der eigene Arbeitgeber scheinbar gerne im Knast sehen würde, vielleicht eine nachvollziehbare Reaktion. Und bei der Rückkehr ging es laut Bürgermeisterin direkt weiter wie zuvor.

Nicht das Frau Rieger und mit ihr ihre Partei und deren maßgebliche Vertreter frei von Kritik wären. Das galt schon bei der OB-Wahl. Dass sich die Beigeordnete nach dem Ende der Strafverfahren das alles einmal von der Seele reden wollte, ist für mich zumindest nachvollziehbar. Im Grunde tue ich hier ja nichts anderes. Frust abladen. Aber hätte man damit nicht noch ein wenig warten können? Sagen wir, wenigstens bis zum 27. Mai? Muss man die Sache überhaupt in aller Öffentlichkeit austragen? Kann man nicht bitte endlich einmal reinen Tisch machen? Aufstehen, aufeinander zugehen, voneinander lernen miteinander umzugehen. Der OB hat einen Sieg vor Gericht zu verbuchen, die Bürgermeisterin auch. Gut nun, zurück zur Arbeit. Nordhausen first, Befindlichkeiten second.

Der Glashagel mit seinem Kumbaja Hippie Kram wieder, wo lebt der denn…

Vor kurzem wurde mir gesagt, das sei ja alles nicht verwunderlich, die Gesellschaft als solches sei sich untereinander nur noch Spinnefeind und niemand könne noch mit dem Gegenüber reden. Ohne Frage haben die letzten Jahre einige Verwerfungen in der Diskussionskultur mit sich gebracht, aber hier geht es nicht um ein paar halbanonyme Kommentarschreiber im digitalen Nirvana, sondern um Menschen, deren Büros ein paar Schritte voneinander entfernt liegen. Es will mir nicht in den Kopf, dass Erwachsene Menschen, die sich aus freien Stücken dazu entschlossen haben, ihre Arbeit in den Dienst ihrer Gemeinschaft zu stellen, so borniert an ihren Kleinkriegen festhalten können. Vielleicht war und bin ich nach Jahren im Homeoffice schlicht zu naiv, vielleicht ist mein im Großen und Ganzen kollegiales Arbeitsumfeld zu behütet. Vielleicht ist das alles an der Tagesordnung in deutschen Büros, ich weiß es nicht.

Muss man es am Ende doch so machen, wie die Rolandgruppe vorgeschlagen hat? Alle zur Paartherapie? Inzwischen müsste es wohl eher eine Gruppentherapie werden - Buchmann, Rieger, Jendricke, Kramer, Krauth, der Büroleiter des OB, die Rechtsamtschefin - wir finanzieren der ganzen Menagerie ein verlängertes Wochenende bei frischer Bergluft mit einem Mediationsprofi. Danach dann öffentliche Erklärung aller Beteiligten wie man gedenkt das Verwaltungsschiff gemeinschaftlich wieder auf Kurs zu bringen. Die paar tausend Euro, die das kosten mag, finden sich im Haushalt bestimmt. Wenn es die nächsten Jahre (etwa fünfeinhalb, ohne weitere Vorkommnisse) dafür in der Region mit weniger Sand im Getriebe voran geht, wäre es das Wert.

Oder findet sich vielleicht in den Reihen der Bürgerliste jemand, der mit „dem Kai“ mal ein ernstes Wort reden kann? Am Rande des letzten Wahlgangs klang durch, dass man ihn gerne ein wenig Einnorden würde, Unterstützung und Hilfe geben in den Bereichen, die nicht eben zu den persönlichen Stärken des Oberbürgermeisters gehören, auch durch eine eigene Fraktion im neuen Stadtrat. Zumindest habe ich die Anmerkungen so verstanden. Inzwischen war aus den Reihen der Bürgerliste zu vernehmen, dass man nicht das Ziel habe, eine „Buchmann-Partei“ zu sein. Wird man sehen müssen. Jemand in der SPD, im Stadtrat oder im Kreistag, die helfen könnten die Animositäten zu begraben? Sie müssen sich nicht gleich in den Armen liegen und schmutzige Lieder singen aber eine kleine Demonstration der Kompromissbereitschaft wäre doch sicher machbar? Nein? Wohl nicht, bevor die Kommunalwahl nicht gelaufen ist. Aber dann. Mit dem Angriff Steiners wird das alles in Ordnung kommen.

Jemand im Bündnis #nordhausenzusammen, der mit dem OB Tacheles spricht? Das es nicht eigentlich sein Wahlsieg war, dass es keine Wahl für ihn sondern gegen den anderen Kandidaten war, dass hat man ja schon damals deutlich gesagt und ich kann mir nicht vorstellen, dass man beim Bündnis im Angesicht der nächsten Wahlen und dem eigenen, fortwährenden ringen gegen die allgemeine Rechtsdrift sonderlich froh ist über die offensichtliche Unfähigkeit des OB, seinen Kurs zu korrigieren. Man muss nicht lange grübeln um sich auszumalen, wer von dem ganzen Unfug profitiert.

Wir haben im übrigen um eine Stellungnahme aus dem Rathaus gebeten: „zu Personalangelegenheiten und laufenden Verfahren kann die Stadtverwaltung Nordhausen keine Auskunft geben“.

Freilich könnte der OB seine Sicht der Dinge auch direkt kommunizieren, nur das man sich dann auch eher unangenehme Fragen gefallen lassen müsste. Da hat man es auf Facebook leichter. Das letzte mal, dass Herr Buchmann das direkte Gespräch via Interview mit der nnz gewagt hat, war laut Archiv am 07. Dezember. Im Jahr 2017.

Und auch wenn man das im Rathaus vielleicht anders sieht, will ich hier niemandem etwas böses. Nicht dem OB, nicht der Bürgermeisterin, nicht dem Landrat oder sonst jemanden, der bereit ist, sich in den Untiefen der Regionalpolitik Verantwortung aufzuladen. Ich bin Bürger dieser Stadt und ich will einfach nur das meine Verwaltung funktioniert und rationale Entscheidungen zum Wohle Nordhausens und seiner Bürger getroffen werden. Einen Unterhaltungswert hat das ganze, traurige Gebaren schon lange nicht mehr.

Herr Buchmann, Sie haben meine Telefonnummer.
Angelo Glashagel