Nordhausen und seine künstlerischen Denkmale (17)

Denkmale aus 800 Jahren

Dienstag
14.05.2024, 12:25 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Bis Ende April war im Grünen Salon der Flohburg eine Sonderausstellung mit dem Titel „Die Macht der Netzwerke. Nordhäuser Persönlichkeiten und ihre Denkmale aus 800 Jahren.“ zu sehen. Bei Kunsthistorikerin Heidelore Kneffel stieß die auf besonderes Interesse…

Das Konzept dazu entwarf Jessica Sophie Müller M.A., die auch die Kuratorin war. Sie studierte an der Göttinger Universität und beendete die Jahre mit dem Abschluss „Magister Artium“. Diese Ausstellung war ihr Abschlussprojekt als Wissenschaftliche Volontärin von Juni 2022 bis Mai 2024 in der Flohburg.

Da ich mich auch gern mit der Historie Nordhausens beschäftige und die Kunstdenkmale in der Stadt meine besondere Zuneigung besitzen, war klar, dass ich mir diese Präsentation nicht entgehen lassen würde, zumal ich wusste, dass Frau Müller eine intensiv Forschende ist und mit Begeisterung darüber spricht. Für meine Lebensgestaltung ist eine Weisheit der Dichters Johann Wolfgang Goethe bestimmend: „Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, ein vernünftiges Wort sprechen.“ Diese Empfehlung zu verinnerlichen, fiel mir nicht schwer, und ich bin damit, so wage ich es zu behaupten, gut damit in meinem Leben gefahren.

Beim Anschauen der unterschiedlichen Exponate, klug ausgewählt vor allem aus dem Fundus des Stadtarchivs in den Vitrinen, beim Betrachten der aussagekräftigen Banner an den Wänden zu den jeweiligen Netzwerken von Tino Trautmann, einem Graphikdesigner, gestaltet in regem Gedankenaustausch zur Kuratorin, beim lebendigen Vortrag von Frau Müller mit einer detailreichen Powerpoint-Präsentation wurde man gut in die jeweilige Epoche versetzt und Goethes Worte fielen mir ein.

Buchtitel Stadtchronik 1740: StadtA NDH, Best.Nr. 12.3. // 2 A6; Graphik des dritten Netzwerkes: Tino Trautmann (Foto: Heidelore Kneffel) Buchtitel Stadtchronik 1740: StadtA NDH, Best.Nr. 12.3. // 2 A6; Graphik des dritten Netzwerkes: Tino Trautmann (Foto: Heidelore Kneffel)


Wollte der Besuchende den vollen Gewinn zu dem jeweiligen Thema haben, bot Müller jeweils drei Tage nach dem intensiven Vortrag im grünen Salon eine zweite Zusammenkunft an, wieder in der Ausstellung beginnend, diesmal mit einer knapperen Einführung, die trotzdem das Wichtigste vorstellte. Das wurde dann in den Ausstellungsräumen des Museums durch das Ansehen weiterer Dokumente vertieft, dabei konnte man gut in ein Gespräch kommen. Damit nicht genug, folgte noch eine Führung in der Stadt zu den Denkmalen. Diese Intensität des Kennenlernens kam sehr gut an, der Dank war dementsprechend. Ich möchte auf den letzten Vortrag verweisen: „Auf den Spuren der griechisch-römischen Antike in Nordhausen. Anikisierender Republikanismus – Historische Stadtintensität im Spannungsfeld von Bildungs- und Wirtschaftsreformen und politischem Wandel.“

Insbesondere der Stadtchronik von Friedrich Christian Lesser von 1740; - „Historische Nachrichten von der Kayserl. und des Heil. Röm. Reichs Freyen Stadt Nordhausen /…“ gilt das Interesse.

Plakat der Ausstellung zum dritten Thema: Bürgerliche Bildungselite mit der Neptunstatue Rietschels, (1804-1861) mit dem Kupferstich Metzels (Detail) von Nordhausen zu der Chronik Lessers, (1692-1757) mit dem Titelblatt des Buches „Nordhusa Illustris …“ von Kindervater (1675-1726) und dem „Kunst - und Friedenstempel von 1763“ von Meil (1729-1772) als Kupferstich (Foto: Heidelore Kneffel) Plakat der Ausstellung zum dritten Thema: Bürgerliche Bildungselite mit der Neptunstatue Rietschels, (1804-1861) mit dem Kupferstich Metzels (Detail) von Nordhausen zu der Chronik Lessers, (1692-1757) mit dem Titelblatt des Buches „Nordhusa Illustris …“ von Kindervater (1675-1726) und dem „Kunst - und Friedenstempel von 1763“ von Meil (1729-1772) als Kupferstich (Foto: Heidelore Kneffel)


Lessers Autorenschaft wurde leider zurückgehalten, so dass kein Autor erscheint. Erstaunt fragt sich der Leser, warum? Erst sein Sohn veröffentlichte 1755, dass sein Vater der Verfasser sei. Wieso legte sich Lesser eine Selbstzensur auf? Wollten die Stadtverantwortlichen manches Ereignis unerwähnt lassen? Die Begründung halte ich zurück, denn Jessica Sophie Müller wird in dem Buch der bekannten Gelben Reihe von 2024, das im Herbst erscheint, in einem Artikel ihre Ausstellungskonzeption vorstellen. Hier interessiert vor allem ein Kupferstich, der als Frontispiz der Chronik vorangestellt wurde. Eine künstlerische Kostbarkeit von 1740. Sie stammt von einem der großen Kupferstecher, von Johann Georg Mentzel (1677-1743) aus Leipzig. Seine Porträts berühmter männlicher und weiblicher Personlichkeiten und seine Buchillustrationen sind sehr anerkannt. Man darf davon ausgehen, dass sich Mentzel und Lesser kannten. Der Chronikverfasser war in Nordhausen Pastor, erbaute die Jacobikirche neu, war Aufklärer, Naturforscher, Privatlehrer, Mitglied mehrerer gelehrter Sozietäten, also über Nordhausen hinaus wohlbekannt. Die Ansicht Nordhausens vom Westen her, von der Abendseite, wurde immer einmal wieder als Grafik oder als gemaltes Werk hergestellt. Man hat dann die Stadt in voller Länge vor Augen. Wenn man sich heute zum Holungshügel Nordhausens nahe des Tierheimes begibt, so hat man in etwa den Anblick der Stadt.

Im Licht Gottes erhebt der Reichsadler (Allegorie des Kaisers) sich mit vollständigem Stadtwappen über der dargestellten protestantischen Republik. Darunter befindet sich die Legende mit neun Kirchen und neun Stadttoren, mit drei Hospitälern, mit dem Elisabethbrunnen und dem Girßberg (Geiersberg), heute Gehege. Damals steht dort die Merwigslinde allein auf weiter Flur.
Heidelore Kneffel