Radwege sind gerne und oft Thema der lokalen Politik, die Umsetzung ist mitunter jedoch kritikwürdig, meint man zumindest beim ADFC, dem allgemeinen deutschen Fahrradclub, der gestern zur Drahtesel-Demo nach Nordhausen rief. Vor allem die Stadtverwaltung bekam ihr Fett weg…
"Kidical Mass" Fahrraddemo am Sonntag in Nordhausen (Foto: agl)
Sonntag, untere Rautenstraße, kurz vor der Kreiselbaustelle - ein Happening für große und kleine Fahrradfreunde. Mit Kreide wird der Radweg wieder rot bemalt, gut zu sehen und einst auch Usus in Nordhausen. Die Sichtbarkeit und Markierung der Radwege ist einer der Wunden Punkte, die der Nordhäuser Fahrradclub mit seiner Kidical Mass Demo gerne ansprechen würde. Unter dem Motto Straßen sind für alle da, setzt sich das Aktionsbündnis gleichen Namens bundesweit dafür ein, das sich gerade Kinder und Jugendliche sicher und selbstständig zu Fuß und mit dem Fahrrad bewegen können.
Aufgaben die sich auch der ADFC Nordhausen gestellt hat, nur leider hört man im Rathaus nicht so recht zu, wenn man hier den Finger hebt. Das zumindest ist der Eindruck, den man inzwischen unter den Fahrradfreunden gewonnen hat. Immer wieder sucht man, gerade vor größeren Bauvorhaben, das Gespräch, bringt eigene Expertise und Vorschläge ein, um am Ende vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. Vor dem Roland lässt man die Kinder im Tross einmal laut klingeln, um den Oberbürgermeister zu wecken, sagt ein Sprecher. Freilich, nur symbolisch, der OB habe Besseres zu tun als an einem Sonntag selber vorbeizukommen und das Gespräch zu suchen, mutmaßt man beim ADFC, im Rathaus und seinen Ämtern habe man kein Interesse an Radfahrern oder Fußgängern.
In der unteren Rautenstraße wurde der Radweg mit Kreide wieder rot gefärbt (Foto: agl)
Die Markierung der Radwege sei da ein gutes Beispiel, wird ADFC Mitglied Hans Schubert später ausführen, in den 90er Jahren sei es üblich gewesen, die Wege rot hervorzuheben, sodass gerade für Kinder klar ersichtlich war, dass hier nur Räder fahren dürfen. Mit der Umgestaltung der Rautenstraße in den 2000er Jahren und zuletzt bei der Sanierung der Riemannstraße hat die Stadt Nordhausen diese Fähigkeiten scheinbar verlernt und neue Risiken für Fußgänger und Radfahrer geschaffen, sagt Schubert, die Mängelliste des ADFC sei lang, was man dazu aus dem Rathaus zu hören bekomme, seien meist nur Erklärungen, weshalb man diese oder jene nicht beseitigen könne. Lösungen sind meistens Fehlanzeige.
Die Kinder sind derweil fröhlich mit der roten Kreide zu Gange, bei bestem Frühlingswetter passiert manch Radfahrer, der nicht zur Demo gehört, den Tross, darunter auch ein älterer Herr. Es ist schön das hier so viele Leute zusammenkommen, aber passieren wird nichts., sagt der am Rande der Veranstaltung, ich fahre seit 80 Jahren in der Stadt mit dem Fahrrad und es ist heute das gleiche wie früher. Das dem Radfahrer die Vorfahrt genommen wird, gehört schon fast zur Kultur. Kritische Situationen erlebe er regelmäßig, zuletzt in der Leimbacher Straße, da habe ihn die Fahrerin eines Pflegedienstes, mit dem Handy zu Gange und in aller höchster Eile, fast mitgenommen.
Die Leimbacher Straße erwähnt auch Schubert. Stark befahren mit einer 30er Zone, an die sich erfahrungsgemäß keiner hält, viele unübersichtliche Kreuzungsbereiche, Straßenbahnverkehr in beide Richtungen mit entsprechenden Bus- und Bahnhaltestellen. Die Straße hat alles zu bieten, nur keine Querungshilfe. Kein Platz hieße die Erklärung aus dem Rathaus, außerdem nicht zulässig. Auch eine Fußgängerampel, sie ahnen es, ist nicht machbar. Dafür brauche es aufwendige Genehmigungsverfahren, außerdem würde es an Fußgängern fehlen, die die Straße in Spitzenzeiten queren. Wenn also keine Fußgänger mangels Möglichkeiten die Straße queren können, dann bekommen sie auch keine Querungshilfe!
Beim ADFC hofft man auf die Lernfähigkeit der Verwaltungen (Foto: agl)
Auf Nachfrage habe die Stadtverwaltung schriftlich eine Lösungsvorschlag unterbreitet - Schulkinder können über die Stolberger Straße und den August-Bebel-Platz die andere Seite der Leimbacher Straße erreichen. Für die, die sich nicht auskennen - um sicher die Straße zu überqueren, sollen Kinder 400 bis 500 Meter Umweg gehen. Das ist Nordhausen., kritisiert Schubert.
Für die Fahrraddemo ging es danach weiter Richtung Stadtpark, man ging zum angenehmen Teil über. Mit der ersten Kidical Mass Demo hoffe man dazu beizutragen, das Stadt und Kreis ihre Aufgaben für alle Verkehrsteilnehmer besser erledigen und sich lernfähig zeigten.
Angelo Glashagel