Der Rüdigsdorfer Aussichtsturm fiel durch

Jubiläums-Hunderter

Donnerstag
11.04.2024, 08:35 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Knapp 184 Wanderinnen und Wanderer konnte Bodo Schwarzberg während der vergangenen mehr als 20 Jahre auf seinen 100- und 150 km-Nonstop-Wanderungen, im, am und durch den Harz begrüßen. Der 50. Südharz-Hunderter fand am 6. und 7. April, und zum dritten Mal auf dem Karstwanderweg statt...

Es hätte alles so schön beginnen können. 19 Wanderinnen und Wanderer hatten sich für den 50. Südharz-Hunderter über 100 Kilometer von Bad Sachsa nach Sangerhausen auf dem Karstwanderweg angemeldet.

Teilnehmer des 50. Südharz-Hunderters vor dem Aussichtsturm des mit Mitteln des Bundesprogramms Biologische Vielfalt errichteten orangen Aussichtsturms bei Rüdigsdorf. (Foto: Bodo Schwarzberg) Teilnehmer des 50. Südharz-Hunderters vor dem Aussichtsturm des mit Mitteln des Bundesprogramms Biologische Vielfalt errichteten orangen Aussichtsturms bei Rüdigsdorf. (Foto: Bodo Schwarzberg)


Das marode deutsche Bahnsystem verhinderte jedoch zunächst den für den vergangenen Sonnabend um 10:10 am Bahnhof Bad Sachsa geplanten Start. Weder aus Richtung Erfurt noch aus Richtung Halle konnten die angemeldeten Teilnehmerinnen und Teilnehmer per Zug den Startort pünktlich erreichen.

Mehrere Leipziger Starterinnen und Starter sagten daher noch am Sonnabendmorgen traurig ab. Nur ein einziger Wanderer aus dem Raum Elsterwerda war pünktlich in Bad Sachsa, - weil er mit dem Auto angereist war.

Die 100 km-Wanderer am Nachmittag des 6. April nach rund 24 Kilometern im Nordhäuser Stadtpark. (Foto: Bodo Schwarzberg) Die 100 km-Wanderer am Nachmittag des 6. April nach rund 24 Kilometern im Nordhäuser Stadtpark. (Foto: Bodo Schwarzberg)


Der Startort wurde notgedrungen schließlich nach Walkenried verlegt, wo auch noch der planmäßig 10:08 im Nachbarort Bad Sachsa eintreffende Zug mit den wenigen in Nordhausen eingestiegenen Wanderern liegengeblieben war. Die anderen, in Halle oder Erfurt gestrandeten Wanderer erreichten Nordhausen und später Walkenried schließlich mit dem glücklicherweise nicht ausgefallenen Folgezug.

Am späten Nachmittag trafen sich all jene Wanderer, die sich von DB und Abellio nicht hatten unterkriegen lassen nach 23 Kilometern in der ersten als Verpflegungsstelle geplanten Gaststätte in Nordhausen und waren endlich doch noch glücklich vereint.

Von diesen 14 verbliebenen Teilnehmerinnen und Teilnehmern beendeten fünf in Nordhausen planmäßig ihre Wanderung. Ein weiterer Wanderfreund erwanderte 36 km und erreichte von Steigerthal aus am späten Abend des 6. April den Schienenersatzverkehr von Nordhausen nach Halle. Auch in Halle sei er angekommen, wie zu erfahren war.

Die verbliebenen acht Wanderer tauchten in die milde Aprilnacht ein und hatten ein Problem zu bewältigen: Die zweite Einkehrzeit der Tour um ein Uhr in der Gaststätte Zur Queste in Questenberg einzuhalten. Das hatte ich der Wirtin versprochen. Auf Grund der beschriebenen Schwierigkeiten sowie der verbreitet von Schlamm geprägten Wegeverhältnisse war dies nur durch Abkürzungen möglich. Somit verließen wir vor Steigerthal und zwischen Uftrungen und Questenberg den hier längeren Karstwanderweg und nutzten mehrere Kilometer weit die Landstraßen.

Die an 100 Kilometer durch den notgedungen nach Walkenried verlegten Start sowie die Abkürzungen fehlenden Kilometer fügten wir nach der Frühstückspause in Grillenberg durch einen weit nach Osten ausgreifenden Bogen an. Gegen 12 Uhr erreichten wir zu acht den Bahnhof der Rosenstadt Sangerhausen.

Die weiteste Anreise hatten wiederum Heiko Schilling aus Mainz sowie Hartmut Schmidt aus der Nähe von Elsterwerda. Aus Nordhausen waren über 100 Kilometer neben dem Wanderleiter Antje Otte-Hartig und Peter Klahre erfolgreich an den Start gegangen, aus Sangerhausen Lutz Hollerbuhl und aus Leipzig Nina Suckale. Dr. Christian Richter aus Jena war bereits zum 17. Mal erfolgreich dabei.

Zu den bereits genannten Wermutstropfen des 50. Südharz-Hunderters muss leider auch der neue Aussichtsturm zwischen Rüdigsdorf und Harzungen gerechnet werden. Laut der dortigen Informationstafel wurde das orange Gerüst ausgerechnet im Zuge des mit Millionen Euro Steuergeld finanzierten Hotspotprojektes als Teil des Bundesprogramms Biologische Vielfalt mit dem Landschaftspflegeverband Südharz-Kyffhäuser e.V. als Bauherr errichtet. Eine spontane Umfrage des Wanderleiters unter seinen Teilnehmern brachte die einhellige Meinung hervor, dass der Turm landschaftlich vollkommen deplatziert sei. Zwei Wanderer lobten lediglich die Architektur des Aussichtsturms.

Ich als seit Jahrzehnten aktiver Artenschützer empfinde vor allem die massiv beeinträchtigte Sichtachse vom Karstwanderweg aus Richtung Krimderode hin zum Harzfelder Holz als Zumutung (siehe Foto unten). Unserer Landschaft und den Zielen ihrer sanften Nutzung, Darstellung und Entwicklung wurde mit diesem orangen Bauwerk gewiss kein Dienst erwiesen. Die für selbiges aufgewendeten Mittel hätten gewiss sinnvoller genutzt werden können. Mir und anderen würde da, auch bezüglich Erhaltung der biologischen Vielfalt im Sinne des genannten Bundesprogramms, eine Menge einfallen.

Ein Lob geht hingegen an Kreiswegewart Andreas Heise, der uns Wanderer im Vorfeld der Tour punktgenau über mögliche Probleme durch eventuellen Holzeinschlag auf dem ausgezeichneten Karstwanderweg informierte.

Als weiteres Resümee der Wanderung kann auch festgehalten werden, dass der Versuch der Regierenden, die Autofahrer vom Zugfahren zu begeistern, nach den Erfahrungen vieler bisher als misslungen bezeichnet werden muss.
Der nächste Hunderter unter der Leitung von Bodo Schwarzberg findet vom 29. zum 30.06. statt.

Am Wochenende genau 40 Jahre nach seiner ersten erfolgreichen 100-Kilometer-Wanderung Ende Juni 1984. Dann geht es wie damals von Waren nach Rostock unter dem damaligen Titel „Von der Müritz zur Warnow“ über 109 Kilometer am Stück. Die Wanderung findet zum Gedenken an den Wanderpionier und damaligen Rostocker Wanderleiter Alfred Borchert statt. Interessenten können sich gern unter bodo_schwarzberg@yahoo.de melden.
Bodo Schwarzberg