NNZ-Forum zum Ukraine-Krieg

Dem Frieden eine Chance!

Montag
08.04.2024, 18:31 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
„Orte des Erinnerns“ - so betitelt sich eine beeindruckende Ausstellung, die vergangenem Donnerstag in der „Flohburg“ eröffnet wurde. Sie zeigt anhand zahlreicher großformatiger Fotos und begleitender Texte, wie prachtvoll die Rolandstadt vor dem Krieg sich präsentierte...

Am 3. und 4. April 1945 kamen britische Bomber und warfen ihre tödliche Last über der Stadt ab. Das Zentrum sank in Schutt und Asche, über 8.800 Menschen verloren ihr Leben. Seit über zwei Jahren herrscht wieder Krieg in einem Teil von Europa, und es scheint kein Friede in Sicht – oder doch?

Über zwei Jahre ist es nun schon her, dass Russland die Ukraine überfiel und seitdem unzählige Zivilisten und Soldaten durch Bomben, Raketen, Granaten und Schüsse aus Maschinengewehren zu Opfern wurden. Darüber hinaus bombardierte Stadtviertel, zerstörte Infrastruktur und verwüstete Landstriche.

Angesichts dieser Schreckensbilder und nicht enden wollender Kriegsberichte fragen sich Immer mehr Menschen in Europa, in Deutschland, warum findet der Krieg kein Ende? Warum wird von einigen Politikern immer nur nach neuen und furchterregenderen Waffen für die Ukraine gerufen? Wo bleibt die Diplomatie? Und gibt es denn niemanden, der den Mut hat, die Möglichkeit von Verhandlungen zwischen der Ukraine und der Russischen Förderartion lautstark ins Gespräch zu bringen?

Doch es gibt diese Menschen – auch wenn sie durch bekannte Kriegstreiber im Deutschen Bundestag, allen voran die Oberkampffrau der FDP, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, in Polit-Talkshows oder Nachrichten-Journalen dauerhaft diffamiert werden. Vor einigen Wochen traf es erstmals auch Papst Franziskus.

In einem Interview mit dem Schweizer Sender RSI, das in Teilen vorab veröffentlicht wurde, sagte das Oberhaupt der Katholischen Kirche – auf die problematische Lage der Ukraine angesprochen – wörtlich: „Wenn man sieht, dass man besiegt wird, wenn die Dinge nicht gut laufen, muss man den Mut haben zu verhandeln.“ Erst auf die Nachfrage des Journalisten, ob dies auch bedeute, die „weiße Fahne“ zu hissen, griff der Papst diese Formulierung auf und bejahte dies.

Dass der Papst aber noch dafür plädierte, mit Russland in Friedensverhandlungen einzutreten, wurde in zahlreichen Nachrichtensendungen schlichtweg unterschlagen. Es wurde dem Papst gar in den Mund gelegt, er habe die Ukraine zur Kapitulation aufgefordert. Eine dreiste Lüge! Das Wort Kapitulation hat Franziskus nicht verwendet. Auch so kann man im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen und teils auch in privaten Sendern „Journalismus“ betreiben.

Doch kaum war die zum Teil massive Kritik an den Äußerungen des Papstes im Abklingen begriffen, hatten sich die unermüdlichen Rufer nach weiteren Waffenlieferungen schon ein neues Opfer auserkoren: Rolf Mützenich, SPD-Fraktionschef im Deutschen Bundestag. Der Sozialdemokrat, der in der Vergangenheit schon des öfteren Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau dezent ins Spiel gebracht hatte, wurde diesmal massiv verbal „verprügelt“.

Mit welcher „Ungeheuerlichkeit“ hatte er denn diesmal die anwesenden Volksvertreter während einer Debatte im Deutschen Bundestages konfrontiert? Mützenich war klug genug, seine Meinung zur dramatischen Situation in der Ukraine in eine Frage zu kleiden, nämlich: „Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann?“

Der Sozialdemokrat ergänzte einige Zeit später in Medien, dass das Wort „Einfrieren“
als Begrifflichkeit genutzt werde, „um in einer besonderen Situation zeitlich befristete lokale Waffenruhen und humanitäre Feuerpausen zu ermöglichen“. Doch das interessierte einigen Vertretern von FDP, Grünen, CDU und einem von der SPD nicht weiter. Sie hatten wieder einen Prügelknaben und schossen sich mittels zahlreicher Medien auf ihn ein.

Und was in der anschließenden öffentlichen Debatte am meisten verwundert, ist vor allem die Reaktion der GRÜNEN – der einstigen größten deutschen Friedens- und Umweltschutzpartei. Doch von deren frühere Zielstellungen (erinnert sei hier nur an den Slogan: „Keine Waffen in Kriegsgebiete“) ist die Partei längst abgerückt. In Talkshows und Interviews blasen sie tüchtig in das Horn von Strack-Zimmermann und verunglimpfen all jene, die auch nur annähernd Gespräche mit Russland ins Spiel bringen.

Den Gipfel an verbaler Entgleisung aber lieferte der frühere Botschafter der Ukraine in Deutschland, Andrij Melnyk, im Hinblick auf die Mützenich-Äußerungen ab, als er in einem Interview den SPD-Fraktionsvorsitzenden als „widerlichsten deutschen Politiker“ beschimpfte. Es darf wohl nicht verwundern, dass nur wenige Medien über diese unerhörten Äußerungen berichteten. Und auch von der SPD-Spitze in Berlin war kaum ein Gegenwort zu Melnyk zu vernehmen.

Doch soll das alles so weitergehen? Gibt es ggf. Beispiele aus der Geschichte, wie Kriege letztendlich nach Gesprächen, Verhandlungen und schließlich durch den Abschluss von Verträgen beendet werden können? Ja, die gibt es. Das beste Beispiel ist der „Westfälische Frieden“. Erst im vergangenem Jahr wurde der 375. Jahrestag der Vertragsunterzeichnung in Münster und Osnabrück begangen.

Dieser Krieg dauerte von 1618 bis 1648, war vor allem ein Krieg zwischen Protestanten und Katholiken und betraf anfangs hauptsächlich deutsche Lande. In der Folge traten immer mehr europäische Staaten auf Befehl weltlicher und religiöser Herrscher in den blutigsten und brutalsten Krieg Europas ein. Das Ergebnis: ca. 6 Millionen Tode, die durch kriegerische Handlungen starben oder verhungerten. Zudem verwüstete Städte, Dörfer und Landstriche.

Es mussten fast 30 Jahre vergehen, ehe Vernunft in den Köpfen der damaligen Machthaber die Oberhand gewann. Sie schickten Unterhändler in beide genannten Städte. Und die zweijährigen Verhandlungen mündeten schließlich in einem Friedensabkommen.

Und das soll zwischen den beiden ostslawischen Völkern Russland und Ukraine nicht möglich sein? Es muss! Bei gutem Willen auf beiden Seiten sollte als erstes ein Waffenstillstand vereinbart werden. Was mit den von Russland besetzten Gebieten geschehen soll, muss Ziel weiterer Gespräche sein. Die Europäische Union, die USA, die Volksrepublik China, Indien und Brasilien könnten hier eine wichtige Vermittlerrolle einnehmen.

An der Nordhäuser St. Blasii-Kirche und am St. Jacob-Altenpflegeheim prangt seit geraumer Zeit ein Spruch: „Selig sind, die Frieden stiften“. Unsere in gegenwärtiger Verantwortung stehenden Politiker sollten sich diesen (endlich) zu eigen machen und danach handeln. Es ist nie zu spät, dem Frieden eine Chance zu geben.
Hans-Georg Backhaus
Mitglied der SPD Nordhausen