Nordhausen und seine künstlerischen Werke (16)

Leda mit dem Schwan

Sonntag
17.03.2024, 18:00 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Seit dem 3. Juni 2008 steht auf der Rasenfläche in der unteren Rautenstraße in Nordhausen sehr einsam die restaurierte Sandsteinskulptur „Leda mit dem Schwan“ aus barocker Zeit. Heidelore Kneffel hat sich mit ihrer Geschichte befasst...

Sie stammt aus dem Jahr 1755, zierte einen Brunnen (Wasserkunst) in der Rautenstraße und wurde von dem Künstler Johann Ludwig Meil geschaffen. Der Zeichner, Maler und Bildhauer wurde am 8. April 1729 in Arnstadt geboren und starb am 16. Juni 1772 in Ilfeld.

Da ich viele Jahre gegenüber des Meyenburgmuseums wohnte, habe ich dort häufig auch den Park besucht und links vom Gebäude den Steingarten/Lapidarium besichtigt, u. a. mit den Sandsteinfiguren der „Leda“, des „Laokoon“, des „Triton“, alle von Meil geschaffen.

Die restaurierte Leda (Foto: Heidelore Kneffel) Die restaurierte Leda (Foto: Heidelore Kneffel)


Man sah auch die Figur eines steinernen „Neptuns“ und eines „Seepferdchens“. Alle waren einstmals die Zierde von Nordhäuser Brunnen. Der Neptun ist verschwunden, der in der Wasserkunst des Königshofes stand, dann im Bauhof, der Seepferdchenbrunnen steht neu gestaltet nahe der Post in einer kleinen Grünanlage. Wo befand sich der Brunnen, in dem die Leda als Sandsteinskulptur aufgestellt worden war? Die alte Ansicht zeigt die untere Rautenstraße, wo man in der Wasserkunst die Figur der Leda erkennt. Schräg gegenüber steht seit 1818 der Gasthof „Berliner Hof“.

Alte Ansicht der Wasserkunst mit der Leda in der Unteren Rautenstraße nach 1818 (Foto: Heidelore Kneffel) Alte Ansicht der Wasserkunst mit der Leda in der Unteren Rautenstraße nach 1818 (Foto: Heidelore Kneffel)


Fuhr man durch dessen Toreinfahrt, so gelangte man zum Nordhäuser Theater, das der Kaufmann Christian Gotthardt Kettembeil auf eigene Kosten hatte erbauen lassen, damit die Nordhäuser gesellschaftliche Freuden hätten und die Ton- und dramatische Kunst erleben könnten.

Leda ist verheiratet mit König Tyndareos von Sparta, sie haben zwei Kinder. Der Göttervater Zeus, der seiner Frau Hera nicht immer treu ist, nähert sich Leda in Gestalt eines Schwanes. Wenn er Frauen begehrte, verwandelte er sich immer, damit seine Frau nichts bemerkte. In der Bildenden Kunst wird dieses Thema gern dargestellt.

Leda, sitzend, hält den Schwan mit beiden Händen auf ihrem Schoß, genauer gesagt, auf dem Oberschenkel des linken Beines. Der Steinmetz Jan Fehling aus Hesserode übernahm die Restaurierung der „Leda mit dem Schwan“, an der besonders der Schwanenhals mit dem Kopf ergänzt werden mussten.

Die restaurierte Figurengruppe nahe der Arnoldstraße seit 2008 (Foto: Heidelore Kneffel) Die restaurierte Figurengruppe nahe der Arnoldstraße seit 2008 (Foto: Heidelore Kneffel)


Genau weiß man nicht, wie dieser Teil der Plastik angebracht worden war, dessen Hals, so hat es jetzt den Anschein, nicht mehr den Verlauf der ursprünglichen Haltung besitzt. Aber es war klar, dass die Figurengruppe nicht mehr Teil einer Wasserkunst sein würde. So pflasterte man symbolisch darum einen Steinring. Die Initiative zur Restaurierung ging von den Rotariern aus, die auch die Geldmittel beisteuerten. Eine Tafel, etwas entfernt am Bürgersteig angebracht, gibt Auskunft. Wenige kleinere Steinplatten zum Denkmal hin in die Grasfläche eingefegt, würden anregen, zum Denkmal zu gehen, denn solche Kunstwerke muss man umschreiten.

Die restaurierte Figurengruppe nahe der Arnoldstraße seit 2008  (Foto: Heidelore Kneffel) Die restaurierte Figurengruppe nahe der Arnoldstraße seit 2008 (Foto: Heidelore Kneffel)


An der Figurengruppe mussten Teile der Flügel ergänzt werden, auch das Gesicht brauchte Verbesserungen um Nase und Mund. Über die Oberschenkel Ledas war ein faltenreiches Tuch gebreitet, das gleichfalls beschädigt war. Für Fehling gab es viel zu tun. Beim Aufstellen der Sandsteinfigur wurde damals angeregt, damit sie nicht so alleinstände, in gewissem Abstand einige blühende Sträucher zu pflanzen und eine Platane. Leider geschah das nicht, es wäre jetzt ein kleines Refugium und die Leda mit ihrem Schwan mehr eingebunden ins Stadtleben.

Leda als Torso vor der Restaurierung (Foto: Heidelore Kneffel) Leda als Torso vor der Restaurierung (Foto: Heidelore Kneffel)


Wie eingangs erwähnt, war Meil ist auch der Schöpfer von zwei weiteren Figuren aus dem gleichen Jahr für Nordhäuser Brunnen, und zwar einer Laokoonfigur in der oberen Rautenstraße und eines Triton auf dem Holzmarkt, jetzt Lutherplatz. Der trojanische Priester Laokoon kämpft mit der ihn umwindenden Schlange, die ihn und seine Söhne töten wird, weil er vor dem hölzernen Pferd gewarnt hatte, dass die Griechen vor die umkämpfte Stadt Troja gestellt hatten. Der langbärtige, sehr muskulöse Meeresgott Triton, ein Mischwesen, halb Mensch, halb Fisch, reißt einem Drachen den Rachen auf, aus dem einst das Wasser heraussprudelte. Die drei Figuren wurden 1887 aus dem Stadtbild entfernt und dem Museum übergeben, wo sie als Torsi überdauerten und später im Lapidarium (Steingarten) des Meyenburgmuseums zu sehen waren. Da war von der ursprünglichen Vergoldung nichts mehr zu bemerken. Dann kamen sie in die Garage neben der Villa, danach in den Bauhof.

Besonders einprägsam blieben über die Jahre hin auch die genannten Männerfiguren, denn sie wurden immer einmal erwähnt, bzw., auf alten Fotografien gezeigt. Auf Initiative einiger kunstfreudiger Nordhäuserinnen und Nordhäuser wurden beide Torsi 2023 im Lapidarium der Flohburg geschützt aufgestellt.

Die mythologischen Figuren des Triton und des Laokoon im Lapidarium des stadtgeschichtlichen Museums in Nordhausen (Foto: Heidelore Kneffel) Die mythologischen Figuren des Triton und des Laokoon im Lapidarium des stadtgeschichtlichen Museums in Nordhausen (Foto: Heidelore Kneffel)


So sind alle drei Figuren Meils wieder im Stadtbild zu sehen, denn dorthin gehören sie als bemerkenswerte Zeugnisse barocker Zeit, mit denen Nordhausen ja nicht gesegnet ist. Alle drei sind so ausdrucksstark, die Meisterschaft des Schöpfers zu zeigen.

Merken wir uns diese Persönlichkeit in unserer Stadt! Johann Ludwig Meil stammt aus einer Bildhauerfamilie aus Arnstadt, die hohes Ansehen genoss. Sein Vater war der Hofbildhauer der Herrschaft Schwarzbug-Sondershausen, Heinrich Christoph Meil, von dem es in Arnstadt noch Brunnenfiguren gibt. Der Sohn, als Künstler ausgebildet, heiratete 1750 in seiner Geburtsstadt. Er ließ sich an der Klosterschule in Ilfeld, die einen guten Ruf unter den Bildungseinrichtungen besaß, als Zeichenmeister nieder. 1758 bewirbt er sich von dort um die Stelle des herzoglich-gothaischen Hofbildhauers. Obwohl der Herzog zustimmt, bleibt er doch in Ilfeld, wo er am 16. Juni 1772 tot im Bett aufgefunden wurde. Ein Aderlass bringt keine Wirkung. Man begräbt ihn einen Tag später südlich der Kirche auf dem Gottesacker.

Dank der Nordhäuser Buchdruckerkunst befindet sich im Bestand des Stadtarchives ein Buch, das die Kunst von Meil noch auf einem anderen Gebiet vorstellt. Es trägt den Titel „Volständige Nachricht von den Feierlichkeiten welche in der freien Reichsstadt Nordhausen wegen des Hubertusburgischen Friedens vom 15ten Februar 1763 angestellet worden sind, auf Begehren aufgesetzet von J. C. Hake Conrector des Gymnasii daselbst.“ Die Schrift ist den Nachkommen in dieser Stadt gewidmet und im Moment in der Flohburg ausgestellt. Über dieses künstlerische Werk erfährt man in der nnz am Sonntag, dem 24. März 2024, mehr.
Heidelore Kneffel