24 Stunden Laden in Görsbach

Es läuft gut, aber…

Donnerstag
09.11.2023, 15:43 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Im Februar fiel in Görsbach der Startschuss für ein Experiment: in dem kleinen Ort wurde mit dem „IO-Mark“ ein 24 Stunden-Laden geöffnet, der voll automatisiert ohne Personal auskommt. Die ersten Monate sind gut gelaufen, Sorgen bereiten aber Diskussionen die in Erfurt geführt werden…

Volle Regale und immer zugänglich, auch an Sonn- und Feiertagen - der IO Markt in Görsbach (Foto: Marko Rossmann) Volle Regale und immer zugänglich, auch an Sonn- und Feiertagen - der IO Markt in Görsbach (Foto: Marko Rossmann)


Kein Personal, keine verschlossenen Türen, auch an Wochenend- und Feiertagen - der „Immer Offen“ Markt in Görsbach hat seit seiner Eröffnung im Frühjahr einen guten Start hingelegt. Rund 3.800 Kunden zähle man im Schnitt pro Monat, berichtet Unternehmer Marko Rossmann. Rund ein Drittel entfalle auf die Sonntage, größere Spitzen sehe man im „IO-Markt“ auch an Feiertagen. „Im April und Mai haben wir das deutlich gespürt, allein am Pfingstmontag haben wir rund 500 Bons gezählt. Unter dem Strich ist das Ergebnis positiv, sowohl von meiner Seite als Unternehmer als auch für die Genossenschaft. Die Leute sind zufrieden, die Nahversorgung auf dem Land kann so funktionieren, wenn wir weiter an Sonn- und Feiertagen öffnen dürfen, sonst rechnet es sich nicht.“

Für den Betrieb von Tankstellen sieht der Gesetzgeber Ausnahmeregelungen von den festgelegten Ladenöffnungszeiten vor, für den noch recht neuen Ansatz der automatisierten 24 Stunden Läden gibt es keine solche Regelung. Und so wird in Erfurt diskutiert, ob es sich bei dem Konzept um einen „begehbaren Warenautomaten“ oder „um Verkaufsstellen mit ladenähnlichem Betrieb“ handelt. Die rechtssichere Ausgestaltung obliegt nun dem Arbeitsministerium und ob das letztendlich den staatlichen Schutzauftrag über die Sonn- und Feiertagsruhe über die Nahversorgung im ländlichen Raum stellt, steht in den Sternen.

Die Personalkosten für den Markt sind gering - lediglich für die Warenannahme und die Bestückung der Regale wird menschliches zu tun benötigt, der operative Betrieb kommt dank digitaler Warenscanner und SB-Kassen ohne Mitarbeiter aus, erläutert Rossmann. Das spart Kosten, von den rund 1.000 Einwohnern des Örtchens Görsbach allein könne man aber nicht leben. Würde die Ausnahme von den Ladenöffnungszeiten fallen, habe man keine Existenzgrundlage mehr.

Görsbachs Bürgermeisterin Angela Simmen und Marko Rossmann kurz vor der Eröffnung des Marktes im Februar (Foto: nnz-Archiv) Görsbachs Bürgermeisterin Angela Simmen und Marko Rossmann kurz vor der Eröffnung des Marktes im Februar (Foto: nnz-Archiv)


Die Diskussion hat etwas paradoxes, schließlich hatte man in Erfurt die Etablierung von 24h-Läden in den Jahren 2021 und 2022 mit rund 1,8 Millionen Euro bezuschusst. Eine Entscheidung gegen die durchgehende Öffnung würde das Konzept an sich ad absurdum führen. Die gemischten Signale aus der Landeshauptstadt könnten auch ein Grund sein, warum die Idee im Landkreis bisher keine Nachahmer gefunden hat. „Unsere Türen stehen für weitere Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden jederzeit offen. Wir hatten ein paar Interessenten aus dem Kreis zu Gast, aber dabei ist es bis jetzt geblieben. Görsbach hat gezeigt, dass es geht, der Knackpunkt liegt aber an der Finanzierung und dem Antragswesen. Ich bin als Unternehmer der ausführende Part, die Organisation und Beantragung von Fördermitteln liegt in der Hand der Gemeinden.“, so Rossmann.

Die größte Hürde vor der Eröffnung sei die Bürokratie gewesen, berichtet der Unternehmer weiter, von der Planung bis zum Startschuss gingen zwei Jahre ins Land, der eigentliche Bau habe aber nur vier Monate gedauert. „Es muss in der Verwaltung jemand finden, der sich dahinter klemmt und das will. Hier war das Bürgermeisterin Angela Simmen, das hat bestens funktioniert. Die Gemeinde ist der Eigentümer des Gebäudes, die Genossenschaft tritt als Pächter auf und so fließt auch wieder Geld zurück in die Gemeindekasse. Das ist ein guter Weg.“

Und noch entwickelt sich das Konzept. Demnächst wolle man für Einrichtungen der Gemeinde wie Schule und Kindergarten oder auch Vereine, die keine gemeinsame EC-Karte haben, eigene prepaid Karten einführen, auch Vorbestellungen von Produkten die sich nicht zwingend im aktuellen Sortiment befinden sollen möglich werden.

Um einen weiteren Anlaufpunkt zu bieten war auch geplant, zwei E-Ladestationen am Markt aufzubauen. Die nötige Stromversorgung und markierte Parkbuchten gibt es bereits, auf die eigentliche Ladeinfrastruktur, die man in Kooperation mit der EVN angeschafft werden sollten, lassen aber noch auf sich warten. Gut möglich das auch hier die bürokratischen Mühlen einfach etwas langsam mahlen, aber noch ist der Laden ja auch noch kein ganzes Jahr alt.
Angelo Glashagel