Arbeitseinsatz des BUND (Foto: Bodo Schwarzberg)
Bis zu 60 Pflanzenarten können im Extremfall auf einem Quadratmeter Magerrasen, also in einer ungedüngten, extensiv mit Schafen behüteten oder aber gemähten Weide bzw. Wiese, nachgewiesen werden: Purgier-Lein, Mittleres Vermeinkraut, Schmalblättrige Miere, Fransen-Enzian und viele andere.
Mager bedeutet hier, dass der Boden der Magerrasen nur kleine Mengen Stickstoff- und Phopshorverbindungen enthält, die das Pflanzenwachstum fördern würden. Ganz anders ist das in intensiv genutzten und oft zusätzlich gedüngten Wiesen und Weiden: Dort lassen sich oft nur zwischen drei und zehn Pflanzenarten auf einem Quadratmeter nachweisen. Die Magerkeitszeiger, zum Beispiel die Orchidee Fliegen-Ragwurz oder auch die bekannte Wiesen-Schlüsselblume, werden durch diese wenigen, aber stark wüchsigen Pflanzenarten, wie zum Beispiel Wiesen-Lieschgras oder Wiesen-Fuchschwanz, verdängt.
Der gefährdete Deutsche Enzian (Gentianella germanica) gehört zu jenen Pflanzenarten, die Mitglieder und Freunde des BUND-Kreisverbandes Nordhausen mit ihren landschaftspflegerischen Einsätzen erhalten. Die Art, deren Verbreitungsschwerpunkt großenteils in Deutschland liegt, kennzeichnet extensiv genutzte, nicht zu trockene Magerrasen. (Foto: Bodo Schwarzberg)
Zwar sind diese Rasen "langrasig" und sehr produktiv, aber sie weisen auch eine viel geringere Insektenvielfalt als die Magerrasen auf. Die Insekten aber sind für unsere Volkswirtschaften essenziell: Durch ihre Bestäubungsleistungen erbringen Wildbienen, Schwebfliegen und Schmetterlinge Milliarden von Euro, ohne größere Investitionen. Eigentlich ein oft unerkanntes Schnäppchen also.
Unter dem Strich rechnet sich demnach die Erhaltung vielblütiger, artenreicher Wiesen und Weiden also, die nach historischen Konzepten bewirtschaftet werden. Das haben mittlerweile auch einige Politiker und Ökonomen erkannt.
Reisig und kein Ende? - schrieb ich in der Überschrift zu diesem Beitrag: Ja, immer mehr dieser so wichtigen Hotspots der Artenvielfalt verbuschen, weil sie nicht oder nicht optimal genutzt werden. Entweder, wie beschrieben, zu intensiv, oder gar nicht, weil sie auf den ersten Blick nichts einbringen. Auch durch das Nichtstun verschwinden also zahlreiche Arten von den Wiesen und Weiden, und wir finden sie dann in den immer länger werdenden Roten Listen gefährdeter Arten wieder.
Verbuschung ist also ökologisch, aber auch wirtschaftlich nicht sinnvoll. Feld-Enzian, Kleines Knabenkraut oder Gewöhnliches Katzenpfötchen - sie gehören heute zu den großen Raritäten. Und die Zahl der Insekten hat, siehe z.B. Krefelder Insektenstudie, in Deutschland und Europa beänstigend abgenommen (https://www.bmuv.de/faq/was-steht-in-der-krefelder-studie). Sieben Insektenarten sollen nach diversen Untersuchungen eine Pflanzenart in einem Magerrasen im Schnitt aufsuchen bzw. für ihre eigene Vermehrung nutzen.
Die Verbuschung hat auf vielen Flächen stark zugenommen: In einst mageren, heute nicht mehr genutzten Streuobstwiesen und in zahlreichen, heute fast bewaldeten, einstigen Trocken- und Halbtrockenrasen, auch rund um Nordhausen. "Reisig und kein Ende" also, wenngleich es in den vergangenen Jahren durch das Wirken des Landschaftspflegeverbandes auf einigen Flächen etwas voranging.
Mitglieder und zunehmend Freunde des BUND-Kreisverbandes haben sich der Erhaltung einiger der wenigen noch vorhandenen Magerrasen verpflichtet. Das bedeutet also auch die Entfernung aufkommender Gehölze. Wir nehmen selbst Freischneider, Harken und Heugabeln in die Hand und scheuen notfalls auch keine Auseinandersetzung mit den Behörden oder Landschaftspflegeverbänden, wenn es um die Erhaltung seltener Artvorkommen geht.
Denn nicht immer werden bei den Entscheidungen und Maßnahmen der Institutionen die Vorkommen seltener und bedrohter Arten ausreichend berücksichtigt: Entgegen einiger geltender Regeln und auch wissenschaftlichen Erkenntnissen. Und das kann das Aus für bestimmte Artvorkommen unter der Verantwortung Verantwortlicher bedeuten. Daran hat sich unter Rot-Rot-Grün nicht genug geändert.
Am vergangenen Sonnabend haben wir zu Dritt ehrenamtlich auf einem Magerrasen bei Steigerthal größere Mengen Reisig zusammengetragen und abholbereit abgelagert. Die großen Reisigmengen waren bei einem Einsatz im August durch das Absensen wiederaustreibender Gehölze per Freischneider entstanden....
Hier ist insbesondere die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Nutzer und Pächter von Bedeutung für den Erfolg der Naturschutzmaßnahme.
Unterbrochen wurde die Arbeit, übrigens bei erträglichen Temperaturen, von einem gemütlichen Picknick, bei dem wir ins Gespräch mit zwei Wanderinnen kamen, die uns vielleicht künftig bei unseren Einsätzen unterstützen werden.
Wer Lust hat, auf historischen Magerrasen gemeinsam mit uns eine kleine Auszeit zu nehmen und noch dazu etwas für die Erhaltung unserer Biodiversität zu unternehmen, kann sich jederzeit bei mir melden (bodo_schwarzberg@yahoo oder über facebook: Der nächste reguläre Einsatz ist am 14.10.23.)
Bodo Schwarzberg
Mitglied BUND-Kreisverband Nordhausen