Panoramamuseum Bad Frankenhausen

Thüringer Ministerium nimmt Stellung zu AfD Aussagen

Mittwoch
02.08.2023, 13:30 Uhr
Autor:
emw
veröffentlicht unter:
In der vergangenen Woche erhielten wir vom AfD Landtagsmitglied Jens Cotta einen Brief über den Jahresbericht des Thüringer Rechnungshofes zum Thema: Bauliche Maßnahmen am Panorama-Museum in Bad Frankenhausen. Daraufhin haben wir beim Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft um eine Stellungnahme gebeten. Diese liegt uns jetzt vor...



In der Antwort wurde zunächst auf die Fragen des Leserbriefes Experimentalbau Stellung genommen.

Antwort des Ministeriums
Vorangestellt sei der Hinweis, dass es sich beim Panorama-Museum um einen einzigartigen Experimentalbau handelt, für den es keine Standardlösungen gibt.

Die Bauzustandsermittlung und sich daraus gegebenenfalls ergebenden Baumaßnahmen sind mit großer Sorgfalt und Expertise zu analysieren und zu planen. Die vergleichsweise hohen Planungskosten und die zeitaufwendige Erstuntersuchung resultierten zusammenfassend aus der experimentellen, unzureichend dokumentierten Bauweise des Museums bei zugleich sehr hohen denkmalschutzrechtlichen Anforderungen sowie einer anspruchsvollen Ausführung im laufenden Museumsbetrieb.

Insbesondere ist zu verifizieren, ob tatsächlich Sanierungsmaßnahmen in einer Größenordnung von 40 Mio. Euro notwendig sind, um das Gebäude zu ertüchtigen. Die analysierten schwerwiegenden Mängel bzgl. Sicherheit und Brandschutz mündeten in Sofort-Maßnahmen für den sicheren Weiterbetrieb des Museums, z.B. die Herstellung der Fluchtwege aus dem großem Saal. Auf die gewonnenen Erkenntnisse kann in der weiteren Planung aufgebaut werden. Die Kosten waren weder umsonst noch unnütz verausgabt. Sie hatten vielmehr zum Ergebnis, dass die Einzigartigkeit und Komplexität des Gebäudes inklusive der Erfordernisse an das Gemälde in ein Forschungsprojekt mündeten und sich die Chance für eine effektive Sanierung dieses bundesweit bauhistorisch einmaligen Gebäudes ergibt.

Auszüge aus dem Leserbrief:
…der Parkplatz näher an das Denkmal gelegt werden. Die Begründung für den neuen Parkplatz (Kosten 2 Millionen) mutet wie ein Schildbürgerstreich an. Diese Maßnahme soll die Inklusion von körperlich Beeinträchtigten fördern. Der Ansatz ist ja zu begrüßen, nur ist das Eingangsgebäude grundsätzlich nicht barrierefrei nutzbar. Die Rollstuhlfahrer werden auch weiterhin direkt über einen Hintereingang in das Hauptgebäude geführt. Demzufolge können Rollstuhlfahrer wie bisher direkt am nutzbaren Zugang parken.

Antwort des Ministeriums
Trotz des laufenden Forschungsprojektes wurden bereits verschiedene Sanierungsmaßnahmen am Außengelände ausgeführt, die den Erhalt sichern, Rettungswege herstellen, technische Anlage erneuern. Die Verlegung des Parkplatzes kommt neben Rollstuhlfahrenden vor allem auch älteren und mobilitätseingeschränkten Menschen zu Gute. Der bisherige Parkplatz ist nicht befestigt und mit Kinderwagen oder bei Regenwetter schlecht nutzbar. Deshalb wurde diese notwendige Teilmaßnahme in Anbetracht des Jubiläumsjahres 2025 erwarteten erhöhten Besucherinteresses vorgezogen. Hier entstehen keine Zusatzkosten.

Beantwortung der Fragen der Redaktion an das Ministerium:

Redaktion:
1. Entspricht es den Tatsachen, dass der kürzlich von Landesrechnungshof bestätigte marode Bauzustand seit 2014 der Landesregierung bekannt ist?

Antwort Ministerium
Im Jahr 2014 wurde von „Defiziten und bauseitigen Unzulänglichkeiten“ berichtet. Zudem wurden mögliche Probleme beim Brandschutz und der Geologie gesehen. Die Mängelmeldung mündete in Sofort-Maßnahmen für den sicheren Weiterbetrieb des Museums. Zugleich wurde umgehend das Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr (TLBV) beauftragt, ein Gesamtkonzept zur Sanierung des Panorama-Museums zu erstellen. Da von dem historischen Gebäude keine Bestandsunterlagen existierten, wurde als erster Schritt in den Jahren 2014/2015 eine komplette Bestandsaufnahme des Gebäudezustands durchgeführt. Aufgrund der Einzigartigkeit und Komplexität des Gebäudes waren die Untersuchungen wesentlich komplizierter und teurer als ursprünglich angenommen. Dazu trug auch bei, dass alle notwendigen Untersuchungen im laufenden Museumsbetrieb durchgeführt werden mussten. Das bedeutet zum Beispiel, dass die notwendigen Gerüstarbeiten im Bildsaal immer nur in den besucherfreien Zeiten durchgeführt werden konnten, wofür das Gerüst mehrfach ab und wieder aufgebaut werden musste. Zudem musste eine dauerhafte Klimastabilität für das Monumentalbild gewährleistet bleiben, was die technische Umsetzung zusätzlich erschwerte.

In der folgenden zweiten Bearbeitungsphase ab 2015 wurde die Bauwerksdiagnose geplant und durchgeführt, mit welcher der bauliche Ist-Zustand des Gebäudes untersucht und erfasst worden ist. Hierfür waren spezifische Untersuchungsmethoden notwendig, die auf den Ergebnissen der ersten Phase ausgewählt und geplant wurden. Die Prüfung am Gebäude selbst wurden hierbei durch zeit- und kostenintensive Laboruntersuchungen ergänzt und konkretisiert. Der abschließende Bericht der Bausubstanzuntersuchung wurde im Jahre 2017 fertiggestellt. Die gewonnenen Erkenntnisse durch die Bestandserfassung bildeten die Grundlage, um in der dritten und letzten Bearbeitungsphase das bauliche Gesamtkonzept zu erstellen. Die vergleichsweise hohen Planungskosten und die zeitaufwendige Erstuntersuchung resultierten zusammenfassend aus der experimentellen, unzureichend dokumentierten Bauweise des Museums bei zugleich sehr hohen denkmalschutzrechtlichen Anforderungen sowie einer anspruchsvollen Ausführung im laufenden Museumsbetrieb.

Redaktion
2. Welche Baumaßnahmen zur Verbesserung der Statik des Gebäudes sind geplant? Und in welchem Zeitraum?

Antwort Ministerium
Das Gesamtkonzept wurde 2018 übergeben. Das Thüringer Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie (TLDA) schlug daraufhin vor, die einzigartige Problematik der Tragkonstruktion als Forschungsthema auf Bundesebene vertieft zu betrachten. Denn es gab keine vergleichbaren Referenzprojekte, an denen man sich hätte orientieren können. 2019 wurde es als Forschungsprojekt akzeptiert und so ergab sich die Chance für eine effektive Sanierung, die jedoch zusätzliche Zeit beanspruchte. Im Ergebnis werden die Betonschäden am Panaromamuseum derzeit im laufenden Projekt "Gealterte Hochmoderne in Stahlbeton" untersucht, das in das Schwerpunktprogramm "Kulturerbe Konstruktion" der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eingebettet ist. Die Untersuchung des Panoramamuseums Bad Frankenhausen wird vom Institut für Steinkonservierung e.V. durchgeführt, das eine gemeinsame Einrichtung der staatlichen Denkmalpflege Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen ist und mit mehreren Hochschulinstituten zusammenarbeitet. 2020 waren wegen der Corona-Pandemie keine Untersuchungen vor Ort möglich. 2021 und 2022 wurden zahlreiche Maßnahmen am Gebäude durchgeführt wie Drohnenbefliegung zur vertieften Schadensaufnahme an der Verblechung und am Beton. Es wurden Proben des Konstruktionsbetons entnommen, um Druckfestigkeit und Rohdichte zu ermitteln. Mit Georadargeräten wurde die Tiefenlage der Bewehrung gemessen und analysiert. Mit aufwendigen Methoden wurden die Wirksamkeit der Farbbeschichtung zur Wasserabweisung und der sogenannten CO2-Bremse (Eindringen von Kohlendioxid aus der Luft in den Beton) gemessen, um den Korrosionsschutz einschätzen zu können. Erste Ergebnisse des Forschungsprojektes zeigen, dass der Zustand des Gebäudes nicht so besorgniserregend ist, wie zunächst vermutet.

Bereits 2018 bereitete die Thüringer Staatskanzlei (TSK) einen Antrag für eine Große Baumaßnahme vor, der aufgrund der laufenden Forschungsarbeit zunächst zurückgestellt wurde. Im nächsten Schritt wird das TMIL mit der TSK ein Gesamtkonzept entwickeln, das sowohl baulich umsetzbar ist, als auch den Notwendigkeiten des Gebäudes und des Gemäldes gerecht wird. Aussagen zu möglichen Sanierungskosten und einem Sanierungsfahrplan können wir erst anhand der Forschungsergebnisse im Rahmen eines aktualisierten baulichen Gesamtkonzeptes treffen.

Redaktion
3. Entspricht es den Tatsachen, dass es trotz eines Umbaus des Haupteingangs, keine Barrierefreiheit im Eingangsbereich gibt?

Antwort Ministerium
Von einem Umbau des Haupteingangs kann nicht die Rede sein. Dennoch wurden trotz des laufenden Forschungsprojektes bereits verschiedene Sanierungsmaßnahmen am Außengelände ausgeführt, die den Erhalt sichern, Rettungswege herstellen, technische Anlage erneuern. Die barrierefreie Erschließung der Ausstellungsräume im Obergeschoss ist momentan leider nur über den Seiteneingang möglich. Verschiedene Lösungsvarianten für eine barrierefreie Erschließung wurden untersucht. Der Anbau eines Aufzuges gestaltet sich als aufwändig und war nicht in eine der bisherigen Kleinen Baumaßnahmen integrierbar. In dem erwähnten, zu aktualisierenden Gesamtkonzept wird diese Frage zwingend mit gelöst werden. Die Verlegung des Parkplatzes kommt neben Rollstuhlfahrenden vor allem auch älteren und mobilitätseingeschränkten Menschen zu Gute. Der bisherige Parkplatz ist nicht befestigt und mit Kinderwagen oder bei Regenwetter schlecht nutzbar. Deshalb wurde diese notwendige Teilmaßnahme in Anbetracht des Jubiläumsjahres 2025 erwarteten erhöhten Besucherinteresses vorgezogen. Hier entstehen keine Zusatzkosten.