Aus dem Vorgarten zurück nach Nordhausen

Andere haben Gartenzwerge

Donnerstag
27.07.2023, 15:26 Uhr
Autor:
red
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Wer sich eine Lokomotive in den Garten stellt, muss schon eine gewisse Passion für alte Technik hegen. Auf dem Grün vor Volker Langes Haus in Großpösna zig eine Nordhäuser Lok fast 34 Jahre lang Blicke auf sich, inzwischen ist sie seit fünf Jahren wieder in ihrer Heimat zu sehen…

Die Tüftler am IFA-Museum konnten Volker Langes (links) O&K-Diesellok wieder zum schnaufen bringen (Foto: agl) Die Tüftler am IFA-Museum konnten Volker Langes (links) O&K-Diesellok wieder zum schnaufen bringen (Foto: agl)


Bevor die Lok schnaufen kann, muss es der Mensch tun, so funktioniert die alte Technik am IFA-Museum Nordhausen bis heute. Eine Kurbel rechts vom Motorblock, eine links, zwei Paar kräftige Hände, Sprit drauf, Lunte rein und schon tuckert und qualmt die „Rüma 1“ wieder.

Vor 82 Jahren lief die O&K Rangier-Diesel-Lokomotive in Nordhausen vom Band und fand ihren ersten Einsatzort in Lübeck. Geendet hätte ihre Geschichte beinahe auf dem Leipziger Bahnhof bei Rückmarsdorf (daher auch der Spitzname „Rüma“). Ihre Verschrottung war bereits für den April 1984 angesetzt.

Kurz vor dem Jahreswechsel aber wird Volker Lange auf das ausgeschlachtete und vom Rost zerfressene Überbleibsel aufmerksam. „Wäre die Lok reiner Schrott gewesen, wäre nichts zu machen gewesen, der war in der DDR quasi heilig. Aber der Verkauf „ungenutzter Grundmittel“ war möglich und so konnten ich und mein Vater die Lok für 420 DDR Mark erstehen“, erinnert sich Lange. Für den Transport und die Vorbereitungen in seinem Vorgarten kommt er am Ende auf 860 DDR-Mark, für ihn damals fast ein Monatslohn.

Die Lok gehört zu den Highlights beim Museumsrundgang und wird auch gerne nochmal angeschmissen (Foto: agl) Die Lok gehört zu den Highlights beim Museumsrundgang und wird auch gerne nochmal angeschmissen (Foto: agl)


Mit viel Elan und hohem Aufwand macht sich der Bahnliebhaber daran, seine Lok wieder aufzuarbeiten. „Man muss schon ein bisschen eine Macke haben um sowas zu machen. Für mich war es aber auch die Erfüllung einer Jugendspinnerei, die ich einem altem Dampflokführer zu verdanken hatte, der sich auch privat seine eigene Lok besorgt hatte“, erzählt Lange. 1992 bringen Profis aus Dresden die Restaurationsbemühungen voran, aber das kostet nun schon deutlich mehr als die Anschaffung zu DDR-Zeiten.

„Weiter wäre ich nicht mehr gekommen, allein die Lok in dem Zustand zu halten wäre schwer gewesen, von der Aufarbeitung ganz zu schweigen. Aber ich wollte immer, dass sie auch zu sehen ist, deswegen stand sie ja im Garten, als technisches Denkmal.“, berichtet Langer heute in Nordhausen. Er ist zu Gast im IFA-Museum, wieder einmal, denn hier hat seine Lok eine neue Heimat gefunden. Private Kaufangebote gab es auch, aber die lehnte er immer wieder ab, die „Rüma“ soll nicht irgendwohin verschwinden. So kommt schließlich eins zum anderen, im Nordhäuser Technikmuseum kann man die Lok nicht nur ausstellen, man hat auch die Zeit und das Know-How, um die alte Bahn wieder zum laufen zu bringen. 2018 wird die Diesellokomotive mit einigem Aufwand als Schemkung nach Nordhausen transportiert.

Die Anlieferung 2018 war mit einigem Aufwand verbunden (Foto: agl) Die Anlieferung 2018 war mit einigem Aufwand verbunden (Foto: agl)


Mit „Werkstattmitteln“ wurde die „Rüma 1“ hier wieder in Schuss gebracht, erzählt Hans-Georg Franke, der Vorsitzende des Museumsvereines. „Die Lok wurde einmal komplett auseinandergenommen, dann wurde ein gutes Jahr lange Rost geklopft, schließlich konnten wir den Motor reparieren und die Kühlung erneuern. Das einzige, was heute nicht Original ist, sind die Schrauben und die Farbgebung.“ Und so ist Volker Lange’s „Rüma“ inzwischen nicht zu sehen, sondern auch zu hören. Im Museum ist man immer noch voll der Freude, andere hätten Gartenzwerge, Bahnfreund Volker Lange eben seine Lok, witzelt man am Rande. Und die besucht er immer noch regelmäßig, zwei bis drei mal im Jahr, wenn nichts dazwischen kommt.

Zu eben solchen Anlässen wird die Lok auch gerne noch einmal angeschmissen. Das 5. Jubiläum der glücklichen Schenkung bot sich da heute freilich an. Und wenn man das alte Gefährt ein bisschen vorwärmt, dann klappt der Start auch nach 84 Jahren noch nach dem ersten kurbeln.
Angelo Glashagel