Der Ruhepol im Ausnahmezustand

Ehrenamt zwischen Freude und Wut

Freitag
16.06.2023, 13:45 Uhr
Autor:
emw
veröffentlicht unter:
Während andere am Wochenende die Seele baumeln lassen, beginnt für Werner Dunst seine ehrenamtliche Tätigkeit. Lautstärke, aufgebrachte Jugendliche und viele Emotionen – Werner Dunst ist Ordner beim BSV Eintracht Sondershausen...

 Werner Dunst ist Ordner beim BSV Eintracht Sondershausen und nicht mehr vom Platz wegzudenken (Foto: Janine Skara) Werner Dunst ist Ordner beim BSV Eintracht Sondershausen und nicht mehr vom Platz wegzudenken (Foto: Janine Skara)


Seit über 40 Jahren gehört er zum Sondershäuser Fußball, wie der Ball und die Spieler selbst. 1980 wurde der damalige KFZ-Schlosser und Sportbeauftragte im Schacht 5 gefragt, ob er das geforderte neue Sicherheitskonzept durch den Aufstieg in die 2. DDR-Oberliga des BSV als Sicherheitsbeauftragter unterstützen würde.

„Ich wollte eigentlich nicht die Leute hier beobachten, ich wollte Fußball gucken“, erinnert er sich lachend an seine Reaktion. Er sagte zu und blieb dabei. Heute ist Werner Dunst 74 Jahre, verheiratet, Vater von zwei erwachsenen Kindern und immer noch begeistertes Mitglied der BSV Eintracht-Familie in Sondershausen.


Bei Wind und Wetter steht er auf dem Platz am „Göldner“ oder in Jecha und sorgt für einen sicheren und reibungslosen Ablauf der Fußballspiele. Während dieser Zeit hat er viele sportliche Highlights miterlebt, an die er sich gern zurückerinnert. Freundschaftsspiele zwischen der Eintracht und hochklassigen Mannschaften, wie Ajax Amsterdam oder FC Schalke 04 zählen zu den Höhepunkten, bei denen er für einen sicheren Ablauf und die Betreuung der Fans mithalf.

„Wenn man dann noch am Tisch sitzt mit Rudi Völler oder Olaf Thon und sich mit ihnen über Fußball unterhält, dann ist es genau das, was uns jedes Wochenende hierherführt. Fußball verbindet die Menschen und macht keine Unterschiede.“

Wo Emotionen und Leidenschaft im Spiel sind, eskalieren die Gefühlslagen auch mitunter. Brenzlige Situationen habe er bei den Spielen gegen Nordhausen öfters erlebt. „Da gibt es immer viel zu tun“, lächelt er. Einprägsam war das Spiel gegen Dynamo Dresden. Als das Team aus der sächsischen Landeshauptstadt den Sondershäusern unterlag, zerstörten die Fans den Zaun und stürmten das Spielfeld, erinnert sich Dunst an seine brenzligste Situation als ehrenamtlicher Ordner. Das Aggressionspotenzial der Zuschauer habe in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.

Aus Schimpfen und Pöpeln, wurden immer öfter Handgreiflichkeiten. Ernsthaft verletzt wurde er glücklicherweise nie, „nur mal ein bisschen nass geworden." Es reiche oft aus, Präsenz zu zeigen oder durch Gespräche zu deeskalieren, erklärt Werner Dunst in seiner ruhigen, bestimmten Art. Die meisten Fans seiner Heimmannschaft kenne er von klein auf und er weiß um die Rolle des Fußballs für die Zuschauer. „Fußball ist ein Ventil. Die ganze Anspannung der Woche staut sich auf und wird dann am Wochenende bei den Spielen rausgelassen.“ Einige Male musste er bereits vor Gericht als Zeuge aussagen, wenn die Situationen eskalierten, aber das sei die Ausnahme.

Was ihm an seiner ehrenamtlichen Tätigkeit gefällt? Die Arbeit unter den Jugendlichen, sagt er ohne zu zögern. „Wenn ich hier hoch auf den Göldner komme, bin ich nicht Herr Dunst, da bin ich nur Werner.“ Und so verbringt Werner Dunst samstags und sonntags manchmal bei zwei Spielen hintereinander seine Zeit auf den Sportplätzen von Sondershausen.

Der BSV Eintracht Sondershausen dankt es ihm und seinen ehrenamtlichen Kollegen. So waren es die Verantwortlichen, die ihn zum Ehrenamtlichen des Monats vorgeschlagen haben und die ihn und alle ehrenamtlichen Helfer stets dankend erwähnen. Denn für die Sicherheit bei Veranstaltungen zu sorgen, wo viele Menschen involviert sind, birgt große Verantwortung.

Neben dem Fußball ist seine Familie sein ruhiger Hafen. Seine Frau sei zwar nicht fußballbegeistert, aber sie hat sich damit angefreundet. Und für Werner Dunst ist noch kein Ende in Sicht. Der Dienstälteste unter den Ordnern möchte noch viele Jahre samstags auf den Göldner kommen und für Ordnung sorgen.