Kefferhausen

St. Johannes präsentiert sich zum Tag der Architektur

Freitag
16.06.2023, 13:04 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Zum Tag der Architektur am 24. und 25.06. öffnet die Kirchengemeinde Kefferhausen bei Dingelstädt stolz Ihre Türen und lädt ein, das wichtigste Bauwerk des Dorfes nach umfangreichen Sanierungs- und Umbauarbeiten zu besichtigen...

Mit der Altarweihe im Februar 2023 konnte ein langer Prozess des Planen und Bauens abgeschlossen werden. Die Kirchengemeinde wünschte sich seit vielen Jahren eine Innenraumsanierung. Die Kirche soll wieder zu einem würdigem Gottesdienstort werden. Gegen eine stan­dardmäßige Instandsetzung des Bestandes sprachen viele Gründe.

Unter anderem galt es die Frage zu klären: "Wie können wir St. Johannes Kefferhausen mit Leben füllen und die erforderlichen Sanie­rungsarbeiten und zukünftigen Betriebskosten durch eine ergänzende Nutzung kofinanzieren?" Doch bevor wir über ergänzende Nutzungen und Einbauten nachdenken konnten, mussten zunächst die bautechnischen und bauphysikalischen Probleme angegangen werden!"

Für die Architekten vom Büro Märkplan aus Brandenburg an der Havel folgten etliche Stunden Bestandsaufnahme im kalten Kirchenschiff und auf wackeligen Leitern im Turm.

Das Ergebnis der Sanierungskonzeption von 2015 war dann ganz anders, als alle erwartet hatten, denn bei oberflächli­cher, äußerer Betrachtung hatte die Kirche doch einen recht intakten Eindruck gemacht.

Bei näherer Untersuchung traten jedoch etliche konstruktive Mängel der Turm- und Dachkonstruktion zu Tage, die z.T. sogar noch von Kriegsschäden herrührten.

Standortbedingte Feuchteschäden und unglückliche Sanierungsversuche der letzten hundert Jahre hatten zu bröseln­den Putzen und Anstrichen geführt. Die unterdimensionierte Regenentwässerung verstärkte die Probleme. Auch der Schiefer der Turmeindeckung war desolat und drohte in an einigen Stellen herab zu fallen. Gefahr war im Verzug; und so musste als dringlichste Bauaufgabe zunächst die Sanierung des Kirchturmes in Angriff genommen werden.

Die Kirche St. Johannes in Kefferhausen wird eines der Highlights zum Tag der Architektur im Eichsfeld (Foto: Märkplan GmbH) Die Kirche St. Johannes in Kefferhausen wird eines der Highlights zum Tag der Architektur im Eichsfeld (Foto: Märkplan GmbH)


Im Zusammenhang mit der Ertüchtigung der Turmkonstruktion war es naheliegend, die Eisenglocken, die am Ende Ih­rer Lebensdauer angekommen waren, gleich mit zu ersetzen und die Turmuhr zu sanieren. Dies bedeutet eine neuerli­cher Kraftanstrengung für die Gemeinde. Mit der Glockenweihe im September 2016 war der erste Bauabschnitt abge­schlossen.

Die Konzeption der Innenraumsanierung wurde dann eine lange Reise mit vielen Skizzen, Modellen, 3D-Animationen und Gegenwind.

Es war nicht zuerst nicht die Sehnsucht nach etwas Neuem, die das Projekten angetrieben hat. Es war der Wunsch, eine nachhaltige Lösung zu finden und zu einem großen Teil auch die pure Notwendigkeit. Ein „Weiter so“ war wäre nicht wirtschaftlich sinnvoll gewesen und würde den sich ändernden Bedürfnissen der Kirchengemeinde nicht gerecht werden.

In Zusammenarbeit mit Gemeindemitgliedern, Bischöflichem Bauamt und Generalvikar wurden Prämissen herausgear­beitet:

  • Priorität hat die Zukunftsfähigkeit des Gebäudes
  • Ziel ist eine Minimierung der Lasten für die Gemeinde ( Minimierung von Betriebs- Wartungs- und und Unter­haltskosten)
  • Es ist davon auszugehen, dass die Kirche in der jetzigen Größe von der Gemeinde in Zukunft nicht erhalten bzw. bewirtschaftet werden kann.
  • Die prognostizierte demografische Entwicklung mit einem Bevölkerungsrückgang von 15% ist zu berücksich­tigen


Ja, es bedurfte viel Mut, Liebgewonnenes in Frage zu stellen und sich scheinbar ohne Not vom Status Quo zu verab­schieden. Doch wir wollten eine nachhaltige Lösung, die für die Menschen einen Mehrwert hat. Es sollte nicht nur dar­um gehen, Abstriche vom bisherigen Angebot zu machen, sondern auch neue Qualitäten zu schaffen.


Dafür haben wir Ziele formuliert:
  • GLAUBEN BEWAHREN UND PERSPEKTIVEN ENTWICKELN
  • Kirche als MITTELPUNKT - als lebendige Mitte des Alltagslebens im Ort
  • Kirche als BEGEGNUNGSORT - niederschwelliger Raum für gemeinschaftliche Aktivitäten
  • Kirche als GEISTIGE HEIMAT - ein Ort für christliches Leben und regionale Traditionen
  • Kirche als PILGERZIEL - eine Einladung, mit offenen Türen für Gäste und Touristen


Die Große Frage im Hintergrund war: Wie kann es gelingen, Glauben, Identität und Heimatgefühl zu bewahren und die Kirche dennoch für nachwachsende Generationen attraktiv zu machen?

Es folgten viele abendlichen Abstimmungstermine und Gespräche mit besorgten Gemeindevertreter, die ablehnende Reaktionen der Dorfbewohner befürchteten. Ein großes Dankeschön gebührt allen, die geduldig die Gemeindeinteres­sen vertreten haben und sich bemühten, möglichst allen gerecht zu werden.

Rückblickend kann man sagen: Wir haben uns beim Nachdenken bewusst keine Grenzen gesetzt und alles in Frage ge­stellt. Es gab sogar eine Variante, in der die Kirche wieder auf die Dimensionen von 1919 zurück gebaut werden sollte oder eine Überlegung, eine Zentralkirche im Ostteil der Kirche abzutrennen. Im Hintergrund machte uns immernoch die abenteuerliche Dachkonstruktion Sorgen und wir haben geduldig auf die Ergebnisse des Tragwerkplaner gewartet.

Die finale Lösung wurde ein reversibler Raumteiler mit einem Servicebereich, der den 1919 angebauten Chorbereich vom Kirchenschiff abtrennt. Dadurch erhält die Gemeinde einen vielfältig nutzbaren, barrierefreien Raum mit Teeküche und Sanitäreinrichtungen. Als Ort der Begegnung wird er zukünftig das Gemeindeleben in Kefferhausen bereichern.

Im Februar 2020 haben wir den Antrag auf Baugenehmigung eingereicht. In Rekordzeit hielten wir bereits im Mai eine Baugenehmigung in Händen. Nun galt es die Detailplanung unter Einbeziehung der Fachplaner zu erarbeiten und unter Mitwirkung des Berliner Künstlers Carsten Wirth wurde die Altarraumgestaltung entwickelt.

Von der Bauanlaufberatung im November 2020 bis zur feierlichen Einweihung am 05. Februar 2023 hat das Ingenieurbüro Franke aus Mühlhausen die Baustelle durch 75 Baubesprechungen und die unvorhersehbaren Wirren von Coronafolgen, Ukrainekrieg, Inflation und Material- und Fachkräftemangel gelotst. Auch dafür sagen wir Dankeschön!

Wir hoffen, dass die Kirch- und Ortsgemeinde für die kommenden Jahrzehnte in Kefferhausen einen Ort der Gemeinschaft gewonnen hat, der Alltag und Festtage bereichert und freuen uns über die Auszeichnung durch die Thüringer Architektenkammer, die das Projekt in das Programm zum Tag der Architektur aufgenommen hat.

Herzlich willkommen zu den Führungen durch uns Architekten.
Uta Zerjeski, Märkplan, Brandenburg an der Havel