Roboter Unterstützung am Klinikum

Mit Da Vinci am Puls der Zeit

Montag
08.05.2023, 19:00 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Am Südharz-Klinikum freut man sich dieser Tage über einen besonderen Neuzugang. Der heißt Da Vinci und ist ein Assistent für Chirurgen. Die brauchen auch mit Hilfe des Roboters immer noch eine ruhige Hand, können aber nun deutlich präziser arbeiten…

Der neueste Assistent im Südharz-Klinikum heißt "Da Vinci" (Foto: agl) Der neueste Assistent im Südharz-Klinikum heißt "Da Vinci" (Foto: agl)

Der Mensch hat seine Schwächen, auch wenn er weiß trägt und einen Doktortitel führt. Hände zittern, Glieder werden müde, Sehkraft und Ausdauer sind biologisch begrenzt und bei aller Geschicklichkeit ist die menschliche Feinmotorik doch physikalischen Grenzen unterworfen. All das sind Schwächen, die eine Maschine nicht hat. „Da Vinci“, der futuristisch anmutende Neuzugang am Südharz-Klinikum, wackelt nicht, wird nicht müde, sieht hochauflösend in zehnfacher Vergrößerung und hat gleich vier Arme, die mit einer Vielzahl feinjustierter Instrumente versehen werden können und beweglicher sind, als die menschliche Hand.

Was wie „Star Wars“ anmutet ist nicht Science Fiction sondern Stand der Technik, erklärt Dr. Torben Glatz, neuer Chefarzt am Klinikum und Robotik-Experte. Der 40jährige hat in Freiburg studiert und an der Ruhr-Universität Bochum in den letzten Jahren zu minimal-invasiven Operationstechniken und robotischer Assistenz geforscht. Mit „Da Vinci“ in Nordhausen sei eine Lücke in der flächendeckenden Versorgung geschlossen worden, die Roboter seien heute weit verbreitet. In Göttingen, Gotha, Erfurt und Eisenach wird bereits mit der noch relativ neuen Technik gearbeitet.

Dr. Torben Glatz präsentiert das modulare Instrumentarium des Roboter-Assistenten, das natürlich steril verpackt sein muss (Foto: agl) Dr. Torben Glatz präsentiert das modulare Instrumentarium des Roboter-Assistenten, das natürlich steril verpackt sein muss (Foto: agl)

Und Arbeit bleibt es, denn ohne den Menschen macht die Maschine gar nichts. Es ist immer noch der Chirurg, der mittels Konsolensteuerung die Präzisionswerkzeuge des Roboters führt und das wird sich sobald auch nicht ändern. „Die Maschinen können viele Sachen sehr viel besser als der Mensch. Aber gerade in der Chirurgie braucht es oft Intuition, da passiert viel Unvorhergesehenes und damit kann die Maschine gar nicht umgehen, der Mensch aber sehr gut“. Ihren Siegeszug haben die Maschinenassistenten erst in den letzten fünf Jahren hingelegt, erklärt Dr. Glatz, davor hatte sich die seit den 80er Jahren bekannte Laparoskopie Anfang der Nullerjahre durchgesetzt. Diese ermöglichte mittels Kameratechnik erstmals operative Eingriffe ohne dem Körper größere Schäden zufügen zu müssen. „Der Vorteil minimal-invasiver Operationen ist gar nicht so sehr das optische. Den meisten Darmkrebs-Patienten ist es egal, ob eine Narbe zurückbleibt, die wollen vor allem ordentlich operiert werden.“, sagt Dr. Glatz. „Wenn wir aber nur wenige Zentimeter große Schnitte machen müssen, leidet der Patient weniger Schmerzen, heilt schneller und ist mitunter nach ein paar Tagen wieder zurück im Leben“.

Die Operation erfolgt per Fernsteuerung von der Konsole aus (Foto: agl) Die Operation erfolgt per Fernsteuerung von der Konsole aus (Foto: agl)

Statt Narben die vom Brustbein bis unter den Bauchnabel reichen bleiben im Idealfall nun nur zwei, drei kleine Schnitte. Mit der Laparoskopie war das schon zu einem gewissen Grad möglich, komplexere Prozesse waren aber noch schwierig. Die starren Instrumente hatten ihre Grenzen und es brauchte ein eingespieltes Team von mindestens zwei Chirurgen, die über sechs, acht oder auch bis zu zwölf Stunden arbeiteten. Mit „Da Vinci“ geht das nun im Sitzen von statten und zügiger als zuvor. Die Arme des Roboters werden mittels Konsole und Fußpedalen gesteuert und das Instrumentarium ist so genau, dass Wunden im Körper genäht werden können. Blutgefäße und Nervenbahnen können präzise identifiziert werden, eine Spezialkamera ermöglicht es den Ärzten, per Farbstoffe Blutbahnen sichtbar zu machen.

Im Moment ist Dr. Glatz der einzige Mediziner, der im Südharz-Klinikum mit der neuen Technik umgehen kann, aber das soll nicht lange so bleiben. Die Millionenanschaffung umfasst auch die Miete eines Simulators, mit dem Kollegen an der Maschine angelernt werden können. Außerdem würde Dr. Glatz gerne seine Bochumer Studenten nach Nordhausen holen, um hier Erfahrungen mit der Robotik zu sammeln. Begeistert zeigt man sich auch im Kollegium, die nötigen Umbauarbeiten für den Einsatz von „Da Vinci“ hätten alle betroffenen Bereiche in kürzester Zeit über die Bühne gebracht, lobte Klinik-Chef Guido Hage. Seit der Neuzugang Ende April geliefert wurde, hat man die ersten acht Operationen mit „Da Vinci“ bewältigt und es werden sicher noch viele weitere folgen.
Angelo Glashagel