Kreistag begrüßt mehrheitlich Bußgeldverfahren gegen Impfverweigerer

Haushalt wurde gelesen und kaum diskutiert

Dienstag
02.05.2023, 19:15 Uhr
Autor:
osch
veröffentlicht unter:
Zweiundvierzig stimmberechtigte Kreistagsmitglieder kamen zur heutigen Kreistagssitzung in das Nordhäuser Landratsamt, um der ersten Lesung des Haushaltes 2023 zu lauschen. Und über einen AfD-Antrag abzustimmen. Oder auch nicht …

Carola Böck und Matthias Jendricke während der Haushaltslesung (Foto: oas) Carola Böck und Matthias Jendricke während der Haushaltslesung (Foto: oas)

Es ging schnell zur Sache in der heutigen Kreistagssitzung, auch weil keinerlei Redebedarf von Seiten der Bürger bestand und sich die Informationen des Landrats schon auf den zu erwartenden ausführlichen Bericht der Kämmerei hinarbeiteten. Die Informationen über den Stand der Liquidität und den Haushaltsvollzug in der ersten Lesung des Haushaltes 2023 wurden vorgetragen von Torsten Kaun, dem Finanzexperten des Landratsamtes.

Zur Debatte steht in den nächsten knapp zwei Monaten ein Haushaltsvolumen von 170 Millionen Euro, das mit Einnahmen und Ausgaben gut ausgeglichen sein will. Wichtig sei es vor allem, die Mittel vom Land abzurufen, weil viele der Kosten in Bereich der Flüchtlingsunterkunft und -betreuung liegen, hatte der Landrat schon vorausgeschickt. Auch der vorgesehene Aufschlag bei den Personalkosten ist ein großer Zuwachsposten im Haushalt. Weitere Mehrkosten sind die im Energiebereich, welche auch die sozialen Träger treffen, die wiederum vom Kreis mitfinanziert werden sollen. So hatte der erste Haushaltsentwurf im März noch ein Minus von 13.831.300 Euro ausgewiesen, was die unweigerliche Debatte um die Erhöhung der Kreisumlage der Kommunen auslöste und zu Beratungen mit den Kommunen führte.

Stand heute, so Torsten Kaun, haben sieben von 15 Kommunen bereits einen Haushalt, vier müssen eine Haushaltssicherung vornehmen, fünf können 2023 keine freie Spitzen mehr ausweisen und zwei müssen Bedarfszuweisungen für das laufende Jahr beantragen.

Eine Bedarfszuweisung für den Kreis durch das Land Thüringen ist auch wieder erforderlich, auf eine Erhöhung der Kreisumlage auf 53,3 Prozent wurde aber verzichtet, weil er die Kommunen überfordern würde. Der Kreisumlagesatz wird nun 49,91 Prozent betragen. Der Vermögenshaushalt des Kreises steigt von 18 auf 22 Millionen Euro, wobei der umfangreiche Breitbandausbau im Kreis einen Löwenanteil daran hat. Zusätzlich zur Bedarfszuweisung werden beim Land weitere 4,2 Millionen Euro als Ausgleich angefordert.

Allein auf 4,1 Millionen Euro werden die Mehraufwendungen für Flüchtlinge aus der Ukraine in 2023 steigen. Die Ausgaben für „soziale Sicherung“ stellt den Hauptanteil der Steigerungen um ganze 9,4 Millionen Euro bzw. 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Der Verwaltungshaushalt wird 33,3 Millionen Euro in 2023 nach 28,9 Millionen in 2022 betragen.

Es sind auch in diesem Jahr keine Kreditaufnahmen durch den Kreis vorgesehen. Allerdings gibt es auch keine Rücklagen, über die der Landkreis Nordhausen verfügt. Die Einnahmen sollen in den nächsten Jahren kontinuierlich gesteigert werden von 170 Millionen jetzt auf 174 Millionen im Jahre 2026. Eine Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzepts soll den Abbau der Sollfehlbeträge bis 2027 ermöglichen.

René Fullmann stellte für die CDU-Fraktion fest, dass ein Haushalt von knapp 200 Millionen den Kreis voranbringen könne. Die Kommunen werden jedoch weniger Geld zur Verfügung haben, weil die Kosten in vielen Bereichen gestiegen sind. Er machte klar, dass aus seiner Sicht die Kreis- und Schulumlage abgeschafft gehöre. Die Mittel für infrastrukturelle Ausgaben in den Schulen seien zu gering angesetzt, 30.000 Euro für fünf Regelschulen wären nicht zeitgemäß im digitalen Wandel. Hier sieht er Nachbesserungsbedarf. Und der Stellenplan sei ein wichtiger Punkt. Künftig wegfallende Stellen im Jobcenter einzuplanen sei nicht sinnvoll, wenn diese Stellen doch vom Bund vollumfänglich finanziert würden.

Die anderen Fraktionen meldeten heute keine Änderungsansprüche an, haben aber in den Fachausschüssen jetzt noch Gelegenheit, die eine oder andere Änderung am Haushlaltsentwurf 2023 zu erzwingen.

Der sozialen Verwendung der Gewinnausschüttung der Kreissparkasse wurde von den Parlamentariern einstimmig zugestimmt und auch der Feststellung der vorläufigen Jahresrechnung 2022 stimmten die meisten der Kreistagsmitglieder zu. Dem regionalen Entwicklungskonzept des Landkreises Nordhausen für die nächsten Jahre gaben wieder alle ihre Stimme, die Erstellung einer Sozialstrategie für den Landkreis Nordhausen wurde mit den Gegenstimmen aus der AfD-Fraktion angenommen.

Letzter Tagesordnungspunkt des öffentlichen Teils dieses Kreistages war der Antrag der AfD auf „Rücknahme der Klagen gegen die sogenannten Verweigerer der einrichtungsbezogenen Impfplicht“. Landrat Matthias Jendricke verteidigte in der Einführung seinen Standpunkt, geltendes Recht gegen die im Gerichtsverfahren verbliebenen 130 Verweigerer durchzusetzen. Die Verfahren lägen jetzt außerdem beim Gericht, sagte er, weshalb der Kreistag nicht zuständig wäre und nichts zurücknehmen könnte. Um genau diesen Satz auch zu sagen bemühte sich dann der Vorsitzende der GRÜNEN, Rüdiger Neitzke, ans Mikrofon. Woraufhin Jendricke den Antrag stellte, gar nicht erst über den AfD-Antrag abzustimmen. Diesem Geschäftsantrag stimmten dann 20 Kreistagsmitglieder zu, 10 wollten lieber über den AfD-Antrag abstimmen und vier enthielten sich der Stimme. Wo die anderen ursprünglich anwesenden acht Stimmberechtigte in der Zwischenzeit waren, ist nicht bekannt. Die Impf-Verweigerer aus den Pflegeberufen haben also auch weiterhin nicht mit der moralischen Unterstützung des Kreistags vor Gericht zu rechnen. Die Zustimmung für die Ablehnung einer Klagerücknahme kam aus den Reihen aller demokratischer Fraktionen des Kreistages, außer der AfD natürlich.
Olaf Schulze