Wandern im Nationalpark

Wildnis im Wandel

Montag
10.04.2023, 18:40 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
„Es wird heute wild“, gibt Sara Wegrzyk einen kleinen Vorgeschmack auf ihre geführte Wanderung im Nationalpark Harz. Sara Wegrzyk ist zertifizierter Nationalpark-Guide. Jeden 1. Sonntag im Monat bietet sie eine lehrreich geführte Wanderung durch die Wildnis rund um Braunlage an...

Das Ziel bleibt dabei stets geheim. Begrenzt sind die Touren auf zehn Teilnehmer. Bei der jüngsten Tour heftete sich Sandra Arm an ihre Fersen und erfuhr ziemlich viel Wissenswertes über den Nationalpark Harz.

Temperaturen um den Gefrierpunkt, dazu ein ziemlich eisiger Wind und ausgesprochen gute Laune: Das waren die Zutaten für den jüngsten WANDER-Jour Fixe von Sara Wegrzyk, den sie seit Jahresbeginn immer am 1. Sonntag im Monat anbietet. Nicht bekannt ist dabei das Ziel. Einzig Streckenlänge, das Terrain und das Anspruchsniveau wird eine Woche vor dem Start auf ihrer Website und den bereits angemeldeten Teilnehmern mitgeteilt.

Wir treffen uns an jenem Sonntag um 9 Uhr am Wandertreffschild an der Auffahrt zum Ahorn Harz Hotel Braunlage. Stetig nähern sich die Teilnehmer dem beschriebenen Treffpunkt. Es sind zwölf. Ausnahmsweise. Üblicherweise sind es zehn. „Der Austausch unterhalb der Gruppe ist mir enorm wichtig. Neben neuem Wissen möchte ich auch einen persönlichen Rahmen für Diskussionen und Gespräche bieten“, erläutert die Wanderführerin ihre gewählte Gruppengröße. Für Sara Wegrzyk ist es bereits ihre dritte Tour in diesem Jahr. Die geführten Wanderungen bietet sie als zertifizierter Nationalpark-Guide ausschließlich in ihrer Freizeit an und engagiert sich für die Region. Hauptberuflich ist sie als IT-Projektleiterin tätig.

Sara Wegrzyk führt durch den Nationalpark (Foto: Sandra Arm) Sara Wegrzyk führt durch den Nationalpark (Foto: Sandra Arm)


Eine gehörige Portion Vorfreude steht den Teilnehmern, unter anderem aus Hamburg, Bad Harzburg, Göttingen, Magdeburg und Elbingerode kommend, ins Gesicht geschrieben. Um sich gleich besser kennenzulernen, stellt sich jeder der Reihe nach vor. Mit ihrem Angebot des WANDER-Jour Fixe spricht sie junge Erwachsene bis wanderfreudige Rentner an. Bei der jüngsten Tour spannt sich der Altersbereich von Mitte 20 bis um die 60 Jahre. Es ist eine gute Mischung aus wissbegierigen Personen, die mehr über den Nationalpark Harz erfahren, oder sich eine Auszeit in der Natur gönnen möchten.

Erstmals ist mit Claudia sogar eine gebürtige Braunlagerin dabei. Darüber freut sich Sara Wegrzyk ganz besonders. Neben Gästen richtet sich ihr Angebot vor allem auch an die Menschen in ihrer Heimatstadt Braunlage. „Sara war bei mir im Laden und hat ein Plakat zum Aufhängen gebracht. Darüber bin ich auf ihre Wanderung aufmerksam geworden“, berichtet Claudia, die nun sehr gespannt auf die kommenden Stunden ist.

„Es wird heute wild“, kündigt Sara Wegrzyk an. Da ist der Wind, der eisig ins Gesicht beißt. Da ist das Wasser, die Bode, die sich rechter Hand an uns vorbeischlängelt. Die starken Regenfälle des vergangenen Tages, und die Schneeschmelze haben die Bode ordentlich anschwellen lassen. Ein paar Meter weiter stürzt das Wasser mit viel Getöse den Unteren Bodewasserfall hinab. Wir legen einen ersten Stopp ein. Sara Wegrzyk erklärt die Unterschiede zu den vier Großschutzgebieten: Nationalpark, Wildnisgebiet, Biosphärenreservat und Naturparke. Außerdem nennt sie eine Zahl, mit der keiner aus der Gruppe gerechnet hat. Wie viel Prozent der Fläche des Harzes nimmt der Nationalpark Harz ein? Es sind lediglich zehn Prozent. Erstaunte Gesichter reihum.

Das Wasser bleibt unserer stetiger Begleiter, selbst auf den Wegen bahnt es sich seinen Weg. Hinauf geht es nun weiter zum Oberen Bodefall und zur Alfred-Rieche-Schutzhütte, die auf einer kleinen Höhenlichtung liegt und zu einer ersten kleinen Rast einlädt. Wir verweilen. Unser Guide nutzt die Zeit, es geht um die Zukunft des Waldes. Wie kann der Wald der Zukunft aussehen? Wir befinden uns auf etwa 700 Metern. Das Wachstum eines Baumes wird maßgeblich durch seinen Standort (Klima und Boden) beeinflusst. Bis zur Grenze von 700 Meter wäre normalerweise die Buche vorherrschend. Erst in den höheren Lagen kommt auch die Fichte hinzu. Das gelinge nur mit dem harztypischen Wetter, nämlich mit reichlich Regen. Aufgrund der klimatischen Veränderungen sei dies kaum noch gegeben. Eines stehe aber schon jetzt fest, der Fichtenwald wird eine starke Veränderung erleben und in Form einer reinen Monokultur in den Harzer Wäldern nicht wiederkehren.

Nach dieser kleinen Rast wandern wir weiter. Der Wind beißt mit jedem Schritt kräftiger ins Gesicht. Wir verweilen nur kurz an einem markanten Stein mit der Aufschrift: Böser Hund. Rechter Hand liegt das Wurmbergmoor. Die Tour führt bei angeregten Gesprächen weiter zum Dreieckigen Pfeil. Dafür legen wir auch einen Teil des Weges auf dem ehemaligen Kolonnenweg (Grünes Band) zurück.

Die Blicke schweifen links und rechts des Weges. Zwischen dem alten Baumbestand zeigt sich frisches, neues Grün. Der Waldwandel ist im vollen Gange. Auch das ist eins der Themen, die bei dieser Wanderung nicht fehlen dürfen. Im Tenor braucht es für den Waldwandel mehr Aufklärung, und eben solche geführten Wanderungen – wie sie auch vom Nationalpark Harz durch die Ranger, Waldführer und Nationalpark Guides wie Sara Wegrzyk angeboten werden. Wir erreichen die nächste Schutzhütte mit dem Stempelkasten der Harzer Wandernadel (Dreieckiger Pfahl).

Nach diesem Stopp geht es wieder hinab ins Tal nach Braunlage. Der Rückweg ist geprägt von Raureif-Momenten mit Blick zum Wurmberg und Achtermann, von angeregten Gesprächen sowie kleineren Stopps zum Lernen über Flechten und den „Deutschlandpilz“.

Nach sehr kurzweiligen fünf Stunden und 14 Kilometern in den Beinen sind wir zurück am Ausgangspunkt. Die ersten Rückmeldungen sind durchweg positiv. „Es hat Spaß gemacht. Ich habe mich mit mehreren Leuten nett unterhalten. Es war ein schöner Tag“, sagt Uli. Claudia pflichtet ihm bei: „Die Truppe war sehr gut. Ich habe auf dieser Tour wieder etwas gelernt und komme gern wieder mit. Den WANDER-Jour Fixe kann man auf jeden Fall weiterempfehlen!“

Zum Abschied überreicht Sara Wegrzyk jedem ihrer Teilnehmer ein persönliches Erinnerungsstück. Gemeinsam wandern, gemeinsam lernen, gemeinsam verändern - und das immer am 1. Sonntag des Monats. Den nächsten WANDER-Jour Fixe gibt es am 7. Mai. Anmeldungen erfolgen über die Homepage von Sara Wegrzyk unter www.shewanders.de.
Sandra Arm