Österliche Betrachtungen von Cornelia Wilhelm

Über das Niksen

Sonnabend
08.04.2023, 09:30 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Mein guter Vorsatz für dieses Jahr ist, das Nichtstun öfter mal zu einem Bestandteil meines Lebens zu machen. Vielleicht schaffe ich es ja über die Osterfeiertage, ein bisschen „runterzukommen“. In unserer Rolandstadt herrschte schon heute Vormittag hektisches Einkaufstreiben vor dem Fest …


Viele Menschen scheinen weder das Wort Rücksicht noch das Wort Nächstenliebe zu kennen oder haben schlichtweg verlernt, für was diese Worte stehen. Erst gibt es eine Rangelei vor dem Regal, obwohl genug Nahrungsmittel da sind. An der Supermarktkasse schiebt mir kurz darauf ein hinter mir stehender Mann dreimal seinen Einkaufswagen an die Fersen. Ich frage mich, ob er gerade so geistesabwesend ist, dass er das einfach nicht mitbekommt. Beim Rausgehen bemerke ich, dass eine Frau ihren Rucksack an ihrem Einkaufswagen vergessen hat. Ich mache sie darauf aufmerksam. Ein Dankeschön bekomme ich nicht. Stattdessen schimpft sie auf sich selbst und auf ihre Vergesslichkeit. Beim Fahren aus der Parklücke drängelt sich noch einer an mir vorbei, dem ich fast reinfahre. Ich fühle mich in einem Strudel aus Hektik und niemand hält auch nur für einen kurzen Moment inne.

Da fällt mir das niederländische Lebensprinzip „Niksen“ ein. Es soll uns, unter Abwesenheit jeglicher Aktivität, gelassener und glücklicher machen – einfach mal Nichts tun und kein Ziel haben. Das muss man üben. Meine Schildkröte kann das viel besser; Tiere allgemein. Auch Kinder können noch besser was wir als Erwachsene zu verlernen scheinen. Die Zeit bestimmt stets unser Leben. Das ist schade.

Ich möchte mehr über das Niksen lernen und studiere einige Fachartikel und Internetpublikationen. Das Niksen zu einem Bestandteil des Lebens zu machen gelingt nicht, wie ich bisher dachte, wenn ich das abendliche Fernsehprogramm sehe. Sicher könne ich dann meine Probleme für einen Moment vergessen. Ich würde mir aber im Gegenzug die Probleme anderer aufladen. Auch das Handy lege ich künftig wohl besser zur Seite, schenke ich der zugehörigen Literatur Glauben.

Selbst das Lesen einer Zeitschrift oder eines Buches, was zu meinen festen Einschlafritualen gehört, hat mit dem Niksen nichts zutun. „Niksen ist: in einem unbeobachteten Moment nichts zutun zu haben und sich nicht etwas auszudenken, was man tun könnte“, sagt Maartje Willems, niederländische Journalistin und Schriftstellerin. Klingt doch eigentlich ganz einfach. Kurz: Eine Freude an kleinen Auszeitmomenten des Tages finden und einfach mal durchatmen.

Ein wenig mehr Zeit zwischen den Terminen einplanen halte ich für mich persönlich schon für einen gelungenen Ansatz. Jeder kann solche Auszeitmomente in seinen Tagesablauf einplanen. Und vielleicht würde uns das auch wieder ein bisschen aufmerksamer füreinander machen. Ich fange zu Ostern damit an und wünsche Ihnen und Ihrer Familie am Sonntag ein schönes Fest. Frohe Ostern auch von mir!

Cornelia Wilhelm