Nachfolger dringend gesucht

Jede Krise hat auch ihre Chancen

Sonnabend
05.11.2022, 09:30 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Fachkräftemangel und überalterte Belegschaften sind Probleme, denen man sich in Nordthüringen seit geraumer Zeit gegenüber sieht. Aber nicht nur viele Arbeitskräfte gehen dem Ruhestand entgegen, auch in den Chefetagen steht ein Generationenwechsel an. Wenn er denn gelingt, denn Nachfolger zu finden gestaltet sich zunehmend schwierig…



Rund 130.000 Unternehmen müssen sich in Deutschland bis zumJahr 2027 der Nachfolgefrage stellen, in Thüringen dürften es pro Jahr um die 600 sein. Und nicht alle werden eine Antwort finden, gerade unter den kleinen und mittelständischen Unternehmen fehlt es am willigen Nachwuchs.

Die Krisengeschüttelte Weltlage und immer höhere bürokratische Hürden würden die Sache nicht leichter machen, beklagt man bei den Industrie- und Handelskammern und Verbänden. In Nordthüringen will man nun gemeinsam in die Offensive gehen, um Abhilfe zu schaffen und mit Rat und Tat an der Seite von alten und jungen Unternehmen stehen zu können.

Am 14.11. wird man deswegen zum „Gründer- und Nachfolgerforum“ laden, berichtet Christian Böduel, Leiter der IHK in Nordhausen. Nachdem man durch Corona ausgebremst worden war sei es nun höchste Zeit, etwas zu tun. Mit an Bord sind der Nordthüringer Unternehmerverband NUV, die Handwerkskammer und die Kreishandwerkerschaft sowie Fachleute in Sachen Recht und Steuern.

Gerade bei letzteren tun sich bei Übergabewilligen Unternehmern immer wieder Fragezeichen auf, sagt Steuerberaterin Simone Rappe. Oft seien die alten Chefs nicht gut auf eine Übergabe vorbereitet. „Wer mit dem Gedanken spielt, der sollte sich gute fünf Jahre vorher anfangen Gedanken zu machen und Vorbereitungen in die Wege zu leiten“, sagt Rappe, die Übergabe selber ziehe sich mitunter ein Jahr lang hin, wenn die Dinge sauber und ordentlich geregelt werden sollen.

Die Gemengelage ist komplex, das spiegelt auch das Tagesprogramm wieder. Vier Workshops rund um Steuerrecht, Fördermittelakquise und die Bewertung Handwerksbetrieben stehen auf der Agenda.

Die Gretchenfrage in diesen Tagen ist dabei nicht so sehr der Wille der alten Generation, das Ruder aus der Hand zu geben, sondern eher die Risikofreude etwaiger Nachfolger. Man habe im Schnitt deutlich mehr Übergeber als Gründer, berichtet Böduel, dass die Welt in den letzten Jahren von einer Krise in die nächste schlittert macht die Sache nicht leichter. Die Unsicherheit macht auch vor den Unternehmern nicht Halt.

Dabei sei eine Krise immer auch eine Chance, meint man bei der IHK. „Natürlich braucht man Mut, um so etwas anzugehen. Aber das war immer der Fall und auch das Risiko ist immer Teil des Unternehmertums“, meint etwa Marcel Kübler. Der hat im Jahr 2019 eine Firma für Brand- und Arbeitsschutz übernommen und konnte dabei auf die Kontakte und Hinweise aus dem Nordthüringer Unternehmerverband bauen. Die Übernahme einer Firma sei am Ende oft leichter, als eine komplette Neugründung, da gewachsene Strukturen vom Personal bis zu Kundenstamm und Technik mit übernommen werden können. Auf der anderen Seite biete sich die Möglichkeit, die Dinge anders anzugehen, neue Systeme zu denken und die Marktfähigkeit zu verbessern.

Das der Wille grundsätzlich da ist, sehe man bei den Meisterausbildungen, fügt Marc Weinrich an, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Nordthüringen. Hier würde man Zuwächse verzeichnen, viele spielten mit dem Gedanken sich Selbstständig zu machen.

Bleiben die Dinge wie sie sind, sehen die Zukunftsprognosen für die Region düster aus. Man habe aber durchaus Pfunde, mit denen man wuchern könne, meinen die Wirtschaftsverbände. Mit der Hochschule hat man nicht nur einen potentiellen Pool an bestens ausgebildeten Fachkräften, man hat auch eine Zielgruppe von möglichen Existenzgründern oder Nachfolgern. Nachholbedarf sieht man hingegen weiter bei der digitalen Infrastruktur.

Die lokalen Strukturen seien gut vernetzt, wer Hilfe braucht, der wird sie auch finden. Etwa beim Gründer- und Nachfolgeforum, dass am 14. November von 15 bis 18 Uhr im Hörsaal 1 der Hochschule am Weinberghof 4 in Nordhausen stattfinden wird. Eine Anmeldung zur Veranstaltung und den Workshops ist noch bis zum 09. November telefonisch unter 03631/9082-0 möglich.
Angelo Glashagel