Kirmes

Steigerthal hat gefeiert

Sonntag
09.10.2022, 19:07 Uhr
Autor:
red
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Am Wochenende feierte Steigerthal seine Kirmes. Die Besucherzahlen hätten durchaus höher sein können. Der Stimmung tat dies aber keinen Abbruch. Die Feierlichkeiten am Samstag hielten an bis in die frühen Morgenstunden. Die Gruppe Fusion und DJ Till sorgten für musikalische Unterhaltung der Besucher...

Die Bewirtung übernahm die Gaststätte Sägemühle aus Herrmannsacker. Am Sonntag waren alle Kirmesfreunde noch einmal zu einem zünftigen Frühschoppen eingeladen. Die Kirmespredigt selbst wurde wiederholt für alle Besucher, die es am Vorabend nicht geschafft hatten, an den Feierlichkeiten teilzunehmen. Im Rahmen der Predigt wurden wieder einige Vorkommnisse, die sich über das Jahr im Dorf ereignet haben, auf humoristische Weise erläutert. Bürgermeisterin Maritta Brehm lobte das Engagement der "Kirmesgesellschaft 2.0" und kündigte bereits die nächste Feierlichkeit an:„Am 11.11. freuen wir uns, Sie auf dem Gemeindehof im Anschluss an einen Umzug durch das Dorf zu einem Gläschen und gegrillten Spezialitäten einladen zu dürfen.“

Kirmes in Steigerthal (Foto: Cornelia Wilhelm) Kirmes in Steigerthal (Foto: Cornelia Wilhelm)


Die Kirmes feierte vor einigen Jahren ihre Renaissance in Steigerthal. Somit wird gegenwärtig eine sehr alte Tradition fortgeführt. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Kirmes in Steigerthal ein beliebtes Fest. Der ehemalige Ortsbürgermeister Gustav Stock (geboren am 18.04.1898) beschreibt die damaligen Feierlichkeiten in einer umfangreichen Niederschrift wie folgt:

„[...]Der zweite Kirmestag fand seinen Abschluss durch das Kirmes vergraben. Um 24 Uhr wurde mitten auf dem Saale unter den Kronleuchter 1 Salzhering und 1 Flasche Branntwein gehangen. Ein Tisch und zwei Stühle wurden darunter gestellt und die Musik spielte einen Walzer. Bei dieser Musik musste jedes Paar über einen Stuhl hoch auf den Tisch und von da in den Hering beißen und versuchen ein Schlückchen aus der Flasche zu trinken, diese wurde jedoch mit einem Bindfaden vom Musikorchester in Bewegung gehalten. Hierbei gab es allerhand zu lachen, dann stiegen die Paare auf der anderen Seite vom Tisch wieder runter.
Am Sonnabend nach der Kirmes war Zeche. An diesem Abend waren auch 3 Musiker aus Stolberg (Lehrlinge von der Kapelle Dähne) hier, die Unkosten der Kirmes wurden bezahlt nur von den Burschen und Mädchen. Eintritt wurde damals beim Tanz nicht erhoben. An diesem Abend wurde auch vom Burschenältesten das Geld eingenommen für den Saal auf dem Platze unter den Linden vorm Dorfe.

Ebenso wurde an diesem Abend noch eine andere richtige Angelegenheit erledigt. Alle Jungen und Mädchen die Ostern aus der Schule entlassen waren, wurden in ihr Burschen- beziehungsweise Jungfrauenrecht eingeführt. Mitten auf den Saal wurde ein stabiler Stuhl gestellt hier setzte sich der Burschenälteste drauf und rauchte eine lange Pfeife. Jeder schulentlassene Junge musste nun unter diesem Stuhle durchkriechen, hierbei wurde ihm von älteren Mädchen mit einem Besen die Eierschale vom Hintern gefegt, dann musste er einen Zug aus der Pfeife des Burschenältesten tun, anschließend wurde er mit ein paar kurzen Worten in die Rechte eines jungen Burschen eingeweiht. Die Mädchen brauchten nur 0,80 Mark zu zahlen dann wurden auch sie als Jungfrau eingeweiht.

Nach dem ersten Weltkrieg wurde die Kirmes auf andere Art begraben. Auf eine kleine Leiter wurden zwei Bierfässer gebunden und mit einer Decke abgedeckt. Dieses wurde dann von einigen Burschen hinter der Kapelle zum Saal reingebracht, einige Worte gesprochen, dieses war das „Kirmes begraben“. Erst im Jahr 1950 brachte der Bursche Günter Schlüfter aus Nr. 52 mit Unterstützung seines Vaters eine Rede, in der alles zum Besten gegeben wurde, was so im Laufe des vergangenen Jahres bei diesem oder jenem passiert war, dieses gab immer allerhand zu lachen und der Saal war am 2. Kirmesabend voller als am Tage zuvor nur weil jeder hören wollte, was sich im letzten Jahr ereignet hatte. Einige Jahre habe ich für die Burschen die Kirmespredigt aufgestellt und geschrieben und zwar bis 19. Die Kirmespredigt aus dem Jahre füge ich als Erinnerung bei.[…]“

Cornelia Wilhelm