WILHELM ROTH AUS HEILIGENSTADT ERLEBTE:

Einen tugendhaften Morgen

Dienstag
06.09.2022, 09:57 Uhr
Autor:
psg
veröffentlicht unter:
Der Neuen Brunnen Erholungspark ist mein Ziel, um die Morgenfrische und Ruhe zu genießen. Der große Schornstein von der alten Brotfabrik ist für den Weißstorch als Brutplatz nicht geeignet. Mit Neugier betrachte ich vom Gunkel Baustoffhandel die farben- und formenprächtigen großen Steine, Findlinge und Ziersteine aus Millionen alter Erdgeschichte...


Von den Buchbornquellen fließt über eine Aufbereitungsanlage das Trinkwasser für unsere Stadt. Im Gelände der OLD – Landmaschinen werden alte und merkwürdige Geräte zum Wiedergebrauch angeboten. Bei der Metallrecycling Firma wartet der Schrott zum Einschmelzen für neue Maschinen.

In einer Doppelfichte brüten Türkentauben, die mit ihren Rufen die Natur beleben. Die bunten Panoramabilder vom Kart-Center Heiligenstadt werben für begeisterte Rennbesucher: „Motosport für Groß und Klein – auf der längsten Strecke im Herzen Deutschlands“. Haussperlinge brüten unter dem Dach und sitzen wie aufgeperlt auf einer Schiene. Ein runder Busch wirkt als Flugzentrale, bevor sie laut tschilpend zu ihren Futterstellen dem Tierschutzverein Heiligenstadt fliegen.

In der alten Obstplantage haben deren Naturschutzkinder Nistkästen für Vögel aufgehangen, deren Bruten sichtbar weniger werden. Ein Waschbär hat das letzte Starennest zerstört. Das Reckebiel wurde nicht zur Gewerbefläche und blieb uns als Natur- und Erholungsraum erhalten. Die kleinen extensiven Wiesen sind alle mit Raps besät und nehmen dem Rotmilan-Brutpaar vom Mittelberg ihre Mäusenahrung. Am Bahndamm schnürt ein Rotfuchs, der zweimal nach einer Amsel springt und ihr im Abflug nachsieht. Als er mich länger betrachtet, flüchtet er ins Gehölz, wo einst Rehe ihre Kitze setzten.

Auch die Steinbrechanlage ist ein verwandelter Biotop, wo Beton- und Teerstraßenabbrüche zu Kies verarbeitet werden. Zum „Tag des ökologischen Fußabdruckes“ wird vermeldet, dass Deutschland, um seinen Wohlstand zu erhalten, drei Erden verbraucht. So kann ich am Neuen Brunnen von einer Bank die Natur in ihrer Stille betrachten. Eine Gebirgs- und Bachstelze hat ihren Brutplatz am Teich gefunden und sechs exotische Enten ruhen am Ufer. Wenige Kohl- und Blaumeisen sowie ein Goldhähnchen fliegen in der Fichte, während Buch- und Grünfinken fehlen.

Als drei Ringeltauben von Ahornbaum abfliegen, stolzieren überraschend fünf Pfaudamen auf dem Hof. Das Männchen sitzt an seinem Schlafplatz auf dem Hausdach. Seine Brautwerbung mit dem farbenprächtigen Federschirm habe ich einst erleben dürfen. Vom Schatten spendenden Birkenweg erblicke ich mit Freude in der Ferne ein großes Herz mit gebrochener dunkler Erde im gelben Stoppelfeld des Getreideackers. Dieser mittels GPS perfekt gesteuerte Gruß verdient unseren Dank für den Fleiß und die Sorgen aller, die mit der Muttererde unser Brot verdienen.

Die Treppensteigung zur renovierten Ibergwarte zehrt an meinen Kräften. Mit dem Ausblick auf die Stadt und der frischen Luft des Waldes verklingt mein schneller Pulsschlag. Der Radverkehr belebt den Birkenweg, Hundefreunde begegnen sich, ein tugendhafter Morgengruß begleitet alle Frühaufsteher.
Wilhelm Roth