Am 28. Juni soll der Nordhäuser Kreistag wählen

Wer wird die oder der zweite Beigeordnete?

Dienstag
14.06.2022, 19:00 Uhr
Autor:
osch
veröffentlicht unter:
Weil im Herbst die zweite Beigeordnete des Landkreises Nordhausen, Hannelore Haase, in den Ruhestand geht, steht bereits am Monatsende die Wahl eines oder einer neuen Beigeordneten an. Von den zwei Bewerbern ist bislang nur eine Personalie bekannt …

Wer zieht im Herbst in das Büro von Hannelore Haase im Landratsamt? (Foto: nnz-Archiv) Wer zieht im Herbst in das Büro von Hannelore Haase im Landratsamt? (Foto: nnz-Archiv)

Im Parteienproporz besetzen die Sozialdemokraten mit Matthias Jendricke die Landratsstelle, die CDU jene des ersten Beigeordneten und die LINKE stellte bislang die zweite Beigeordnete. Bei der letzten Kreistagswahl 2019 wurde jedoch nicht die LINKE und auch nicht die SPD zweitstärkste Fraktion im Kreisparlament, sondern die von allen anderen Parteien ungeliebte AfD. Mit neun Sitzen verfügen die Alternativen über einen mehr als die LINKE und zwei mehr als die Sozialdemokraten.

Der jetzt zu wählende zweite Beigeordnete ist im Kreis Nordhausen momentan für die Fachbereiche Bau und Umwelt sowie Veterinärwesen und Ordnung zuständig. In der Stellenausschreibung wird eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulausbildung im Sinne des höheren Beamtendienstes mit Mastergrad, Magister, Diplom oder Staatsexamen verlangt und ausdrückliche angefügt: „Ein Diplomabschluss einer Fachhochschule oder ein Bachelorabschluss ist somit nicht ausreichend.“

Die Nordhäuser LINKE hat ihre Kandidatin mit der 34-jährigen Carola Kunde bereits nominiert, die all diese Anforderungen wohl offenbar erfüllt. Die aus dem Kreis Sangerhausen stammende Sozialarbeiterin ist beruflich bereits fest im Landratsamt integriert und arbeitet im dortigen Allgemeinen Sozialen Dienst (vormals Jugendamt).

Ihren politischen Werdegang beschreibt Carola Kunde selbst folgendermaßen: „Mit der Organisation von Protesten gegen Rechts begann meine politische Biografie 2013 durch aktives Engagement im Bündnis „Sangerhausen bleibt bunt“. Für DIE LINKE habe ich in den darauffolgenden Kommunalwahlen kandidiert und bin seit 2014 Mitglied im Gemeinderat Berga und Verbandsgemeinderat „Goldene Aue“. Seit 2019 setze ich mich als stellvertretende Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses im Landkreis Mansfeld-Südharz für die Verwirklichung der Rechte junger Menschen und Familien aktiv ein. Parteimitglied bin ich seit 2015, engagiere mich seit Dezember 2017 als Kreisvorsitzende und bin seit 2020 auch Mitglied im Landesausschuss der Partei.“

Bei den letzten Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt scheiterte sie im vergangenen Jahr allerdings als Direktkandidatin in ihrem Wahlkreis. Außer Bekämpfung von Kinderarmut und den Willen zur „Reform sozialer Transferleistungen“ hatte sie bei ihrer Kandidatur auch ihr Eintreten für „gesundheitsorientierte und selbstbestimmte Sucht- und Drogenpolitik, statt Stigmatisierung und Kriminalisierung“ angegeben.

Doch zurück zur zweitstärksten Fraktion im Kreistag und ihrem Vorschlagsrecht für den vakanten Posten. Eigentlich stünde der AfD dieses Privileg zu, aber die Nordthüringer Parteimitglieder um ihren Fraktionsvorsitzenden Jörg Prophet wissen auch um die Fallstricke, die sich durch einen eigenen Kandidaten ergeben. Derzeit ist im benachbarten Bundesland Sachsen wieder zu beobachten, wie sich eine geschlossene Einheitsfront aller Parteien in Stichwahlen bildet, um die Wahl eines AfD-Kandidaten in ein führendes regionales Amt zu verhindern.

Auf nnz-Nachfrage erklärte uns Jörg Prophet, der übrigens bei der letzten Kreistagswahl über 10.000 und so mit Abstand die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnte, dass seine Fraktion keinen eigenen Bewerber für die Stelle ins Rennen schicken werde. „Wir haben immer gesagt, dass qualitative Eignung für uns die Priorität vor parteilicher Zugehörigkeit hat“, betont er. Und in den eigenen Reihen bietet sich derzeit niemand mit der geforderten Befähigung an, weshalb die Nordhäuser AfD abwarten wird, wer sich außer Carola Kunde zur Wahl stellen wird.

Bewerbungsunterlagen sind laut Pressesprecherin des Landratsamtes bis heute nur zwei eingegangen, die Frist endet in dieser Woche und bereits am 28. Juni im nächsten Kreistag soll der/die neue zweite Beigeordnete gewählt werden. Vieles deutet also darauf hin, dass die Wahl ähnlich glatt verlaufen wird wie letztens die zum ersten Beigeordneten und dass in der Verwaltungsspitze weiterhin eine LINKE-Frau dieses Amt bekleiden wird. Zumal die Identität des zweiten Bewerbers bis heute noch nicht einmal bekannt ist und er außerdem von einer Fraktion vorgeschlagen werden muss. Dafür müsste diese Person sich noch in den Fraktionen vorstellen und für sich werben. Das dürfte in den verbleibenden vierzehn Tagen schwierig werden.

Doch wer weiß, vielleicht erlebt die politische Landschaft Nordhausens ja auch eine Überraschung zum nächsten Kreistag.
Olaf Schulze