Breitbandausbau im Landkreis kann beginnen

Es geht endlich los

Montag
30.05.2022, 15:57 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Was lange, lange währt wird hoffentlich endlich gut - im Landratsamt wurde der Breitbandausbau auf dem flachen Land heute in trockene Tücher gebracht. Die Telekom will zügig mit dem Netzausbau beginnen, allerdings nicht im ganzen Landkreis. Außerdem braucht es auch ein Stück Eigeninitiative der Hausbesitzer im Kreis…

Nachdem man in der Kreisstadt bereits mit dem Glasfaserausbau beginnen konnte, fällt der Startschuss jetzt auch für den weiteren Landkreis (Foto: agl) Nachdem man in der Kreisstadt bereits mit dem Glasfaserausbau beginnen konnte, fällt der Startschuss jetzt auch für den weiteren Landkreis (Foto: agl)


Telekom, Landratsamt und das Wirtschaftsministerium in Person von Wolfgang Tiefensee kamen heute im Landratsamt zusammen, um ihre Unterschrift unter eine Vereinbarung zu setzen, die einen Schlussstrich unter eine regelrechte Odyssee ziehen wird. Der Breitbandausbau im Landkreis kann, nach langem hin und her, endlich beginnen.

Seit 2015 sind die Maßnahmen der digitalen Aufholjagd in Sachen Netzanschluss im Gespräch gewesen und musste seitdem mehr Hürden nehmen, als ein olympischer Läufer. Am Anfang stand ein unausgereiftes Verfahren von Seiten des Bundes, da nimmt heute niemand ein Blatt vor den Mund. Von einer „Fehlkonstruktion“ spricht Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee, dessen Behörde als einer der ersten den Begriff „Digital“ mit im Titel führte. Am Geld habe es definitiv nicht gelegen, meint der Minister, allein in seinem Haus schiebe eine „Bugwelle“ an nicht abgerufenen Fördermitteln von 65 Milllionen Euro vor sich her.

Unter anderem scheiterten, gerade im kleinteiligen Thüringen, viele Kommunen schon aus Personalgründen an den komplizierten Antragsverfahren und Ausschreibungen. Auch in Nordhausen musste man die Anträge damals zwei mal ausschreiben, erzählt Landrat Jendricke, doch das sollte sich nicht als der eigentliche Felsen des Sisyphus für die Nordhäuser Breitbandbemühungen erweisen.

v.l.: Stephan Käfer, Telekom-Bevollmächtigter für Hessen und Thüringen, Wirtschaftsminister Tiefensee und Landrat Jendricke (Foto: agl) v.l.: Stephan Käfer, Telekom-Bevollmächtigter für Hessen und Thüringen, Wirtschaftsminister Tiefensee und Landrat Jendricke (Foto: agl)


Der kam in Form eines Rechtsstreites um die Frage, wer denn nun den Ausbau übernehmen solle und der sich bis zuletzt durch die Instanzen zog. „In dieser Form habe ich so etwas noch nicht erlebt“, sagt Jendricke. Dem Endkunden sei es egal, „wer es macht“, die wollten Lösungen sehen und die habe man nun endlich, so der Landrat weiter. Zumindest für drei der vier geplanten Ausbauregionen. Der umstrittene Teil 4 im südwestlichen Kreis um Bleicherode wird der streitbare Telekommunikationsanbieter dort in Eigenregie durchführen. In den anderen drei Bereichen wird die Telekom die Glasfaser unter die Erde bringen. Am Ende sollen 2.500 bisher unterversorgte Haushalte aus dem M/bit-Keller kommen und an die Zukunft angeschlossen werden.

Die macht per Glasfaser Download-Geschwindigkeiten von bis zu einem Gigabit (und perspektivisch noch deutlich mehr) möglich. Neben den privaten Haushalten stehen auch 30 Schulen und 420 Unternehmen auf der Liste der potentiellen Nutznießer. Um das zu erreichen, wird die Telekom 111 neue Verteiler errichten und insgesamt 750 Kilometer Glasfaser sowie 193 Kilometer Leerrohre verlegen.

Kostenloser Anschluss auf Anfrage
Gänzlich automatisch kommt die schöne, schnelle, neue Netzwelt aber nicht in die eigenen vier Wände. Wer an das Glasfasernetz angeschlossen werden möchte, muss sein Interesse bekunden, dafür ist der Anschluss selbst allerdings in der aktuellen Ausbauphase komplett kostenlos. „Wir haben da noch ein Akzeptanzproblem“, sagt Stephan Käfer, der bei der Telekom für Hessen und Thüringen zuständig ist.

Das gilt vor allem für Hausbesitzer, die der Telekom die Erlaubnis erteilen müssen, die Kabel bis ins Haus zu legen. Der Eingriff ist minimalinvasiv, da die einzelnen Glasfaserstränge geradehin winzig sind und die Baustelle vor der Haustür währt dank neuer Verfahren kaum mehr als ein paar Tage. In der Kreisstadt kann man das just in diesen Tagen an vielen Stellen live beobachten, hier hat die Telekom bereits mit der Abdeckung des „letzten Meters“ begonnen.

Sehr viel dicker wird es nicht - für den Glasfaseranschluss am Haus braucht es keine großen Löcher (Foto: agl) Sehr viel dicker wird es nicht - für den Glasfaseranschluss am Haus braucht es keine großen Löcher (Foto: agl)


Ein paar Bauarbeiter, eine große Kabeltrommel, ein paar Tage Arbeit, dann ist der Spuk wieder vorbei. Auf dem flachen Land würden die Arbeiten etwas umfangreicher ausfallen müssen, da die Infrastruktur hier in vielen Fällen erst geschaffen werden muss. Man rechne mit rund 165 Kilometern Tiefbaustrecke, hieß es von Seiten der Telekom.

Die Preise blieben im Verhältnis gleich, erklärt Käfer weiter. Sprich: wer heute mit 50 m/bit über das Kupferkabel surft, werde auch über die Glasfaser nicht mehr zahlen und man muss nicht zwingend einen neuen Tarif bei der Telekom buchen, auch wenn man das hier freilich gerne sehen würde. Teurer wird es erst, wenn der Datenfluss schneller vonstatten gehen soll. Wer mit maximaler Geschwindigkeit durch das Netz rauschen will, der müsste mit Kosten von bis zu 80 Euro im Monat rechnen, der Anwendungsfall für die Gigabit-Leitungen finde sich aber für den Moment vor allem im Unternehmerischen Bereich oder bei Institutionen wie den Schulen, die dringend auf höhere Datenraten angewiesen sind, so sie denn den Schritt zu mehr digitalen Unterricht erfolgreich meistern wollen. „Die Nutzungsthematik wird sich in den nächsten Jahren von ganz alleine ergeben“, meint Käfer, bevor die Notwendigkeit die Wohnzimmer in der Masse erreicht, werden Schulen, Unternehmen oder auch die Medizintechnik von den höheren Bandbreiten Gebrauch machen. Auch ohne einen direkten Wechsel auf höhere Datenraten lohne sich der kostenlose Anschluss, da die „Verluste“ zwischen Knotenpunkt und dem heimischen Router dann der Vergangenheit angehören würde.

Zu guter Letzt würde ein Glasfaseranschluss auch den Wert der Immobilie steigern, das sollte man als Hausbesitzer nicht unterschätzen, hieß es im Landratsamt weiter. „Jeder Hauseigentümer sollte sich überlegen, ob er das Kabel jetzt an sich vorbeiziehen lässt“, mahnt denn auch der Landrat. Zusammen mit den Kommunen und der Telekom werde man die möglichen Interessenten Anschreiben um das Verfahren zu erläutern und die Akzeptanz zu erhöhen. Die ersten Baumaßnahmen sind für das kommende Jahr geplant, geht alles gut, dann will man den Netzausbau bis zum Ende des Jahres 2024 abgeschlossen haben.
Angelo Glashagel