Der Corona-Wochenrückblick

Jendricke will nach Ostern die Modellregion

Freitag
26.03.2021, 15:20 Uhr
Autor
red
veröffentlicht unter:
Mit Spannung wird in Thüringen die neue Corona-Verordnung erwartet, die ab dem 1. April gelten muss, wenn am 31. März die bisherigen Regelungen auslaufen. Doch schon der Entwurf sorgt in Nordhausen für Ärger. Die aktuelle Entwicklung im Überblick…

SARS-Coronavirus-2 (SARS-CoV-2, Isolat SARS-CoV-2/Italy-INMI1). Elektronenmikroskopie, Negativkontrastierung (PTA). Maßstab: 100 nm (Foto: Robert-Koch-Institut) SARS-Coronavirus-2 (SARS-CoV-2, Isolat SARS-CoV-2/Italy-INMI1). Elektronenmikroskopie, Negativkontrastierung (PTA). Maßstab: 100 nm (Foto: Robert-Koch-Institut)


Im Landkreis Nordhausen wurden zuletzt 13 Neuinfektionen festgestellt. Über die vergangenen sieben Tage kamen somit 58 Fälle zusammen, was die „aktiven Fälle“ über zwei Wochen auf 131 bringt und damit leicht über dem Wert der Vorwoche von 122 liegt. Der Inzidenzwert liegt demnach bei 69,5. Zudem hat der Landkreis fünf weitere Todesfälle zu beklagen, die Gesamtzahl der Corona-Toten steigt von 44 auf 49.

Insgesamt 21 Einwohner der Kreises befinden sich in stationärer Behandlung, sieben Personen werden intensivmedizinisch betreut. Von Quarantäne-Maßnahmen sind aktuell 650 Menschen betroffen (550 in der Vorwoche).

Die gestiegenen Quarantäne-Zahlen können auch in Verbindung mit einem größeren Corona-Cluster stehen, den man diese Woche zu verzeichnen hatte. In der „Freien Schule am Park“ in Wülfingerode wurden Infektionen bei 21 Kindern und neun Mitarbeitern festgestellt, wobei nich alle Betroffenen auch im Landkreis wohnen und nicht in die hiesige Statistik fallen. Die Einrichtung liegt in „Phase Rot“ und ist geschlossen.

Das Thüringer Bildungsministerium verzeichnet weitere Einrichtungen im Kreis, die sich in „Phase Gelb“ befinden:

EinrichtungInfektionen
Regelschule Petersbergmehrere
Regelschule Löwentormehrere
Regelschule Niedersachswerfenmehrere
Förderzentrum St. Martin1
Kindergarten „Domino“1



Testkapazitäten sollen ausgeweitet werden
Zufrieden zeigte man sich im Landratsamt mit den jüngsten Einsätzen des „Testbusses“, der in der vergangenen Woche an verschiedenen Orten vorgefahren war. Unter anderem hätten sich in Bleicherode rund 120 testwillige Personen eingefunden, in Heringen immerhin 90, teilte Pressesprecherin Jessica Piper mit. Weitere Termine für die kommende Woche wurden heute bekannt gegeben:
 
  • 27.03.21, 9-13 Uhr, Marktkauf Nordhausen, Parkplatz, Darrweg 67
  • 26.3.21, 14-18 Uhr, Niedersachswerfen, Parkplatz Herkules-Markt
  • 29.3.21, 14-18 Uhr, Wolkramshausen, Dorfplatz
  • 30.3.21, 14-18 Uhr, Mackenrode, Kastienplatz
  • 31.03.21, 14-18 Uhr, Großwechsungen, Plan, Parkplatz Bachstraße
  • 01.04.21 14-18 Uhr, Sollstedt, Am Markt

Eine Testung ist dort ohne Anmeldung möglich. Wichtig ist das Erscheinen mit einer qualifizierten Gesichtsmaske.

Wie das Landratsamt weiter mitteilt, werde man die im Kreis zur Verfügung stehenden Testkapazitäten demnächst ausweiten. Die Teststrecke an der Zorgestraße soll ihre Öffnungszeiten ausweiten. Außerdem werde man in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Roten Kreuz eine Teststation im zur Zeit aufgegebenen Café der Kreissparkasse am Kornmarkt einrichten. Eine weitere Station will man auf dem Areal der Harzer-Schmalspurbahn am Nordhäuser Bahnhof unter der Ägide der Johanniter-Unfall-Hilfe unterbringen. Gestern wurden zudem die Apotheken des Kreises angeschrieben, erste Rückmeldungen hat man aber noch nicht erhalten. Die Teststrecke zum anfahren auf dem Autodrom liegt im Moment noch auf Eis, soll aber wenn möglich nach Ostern an den Start gehen.

Ursprünglich war vorgesehen, das dass Erfurter Gesundheitsministerium Rahmenverträge mit dem DRK aufsetzt. Da dies bisher aber nicht geschehen sei, müsse man nun zu Einzelverträgen greifen, erklärte Landrat Matthias Jendricke, der sich weiter für das Projekt „Modellregion“ stark machen will.

Modellregion Nordhausen?
Immer deutlicher werden die Dissonanzen zwischen der Landesregierung und dem Landkreis Nordhausen, dessen Landrat in den letzten Tagen mit öffentlichen Auftritten zu nationaler Bekanntheit gelangte. Nicht nur im regionalen MDR machte Matthias Jendricke seinem Unmut über teilweise widersinnige und chaotische Anordnungen Luft. Wenn es nach ihm ginge, so dürften im Kreis Baumärkte und der Einzelhandel längst wieder öffnen. Speziell an der Verordnung über den Verkauf von Kinderschuhen arbeitete er sich in den letzten Tagen ab. Gestern folgte ein Auftritt in BILD-live, wo Jendricke sagte: „Wir sind als untere Behörde gezwungen, die Landesregeln durchzusetzen.“ In Bezug auf die Erlaubnis Kinderschuhe zu verkaufen, solche für Erwachsene aber nicht, wird der Landrat deutlich: „Ich habe der Landesregierung klar gemacht, dass es absurd ist. Die Menschen machen bald nicht mehr mit. Ich bin enttäuscht, dass ich das nicht ändern darf, obwohl die Inzidenz bei uns so niedrig ist und seit Mitte Januar immer unter 100 lag.“

Gestern Abend setzte der erboste Landrat noch einmal nach und äußerte sich nach dem Studium des aktuellen Entwurfs für eine neue Verordnung: „ Das Thüringer Gesundheitsministerium hat heute den neuen Verordnungsentwurf für April rumgeschickt und man will diese Chaosregel nicht ändern! Ich betrachte dies als bewusste Provokation.“

Jendricke hat beim Ministerium einen Antrag gestellt, den Landkreis Nordhausen als Modellregion zu behandeln und will vom Dienstag nach Ostern bis Samstag eine Ausnahmeregelung für Ladenöffnungen erreichen. „Wenn wir dafür eine Genehmigung erhalten, werden wir schnell eine Kreisverfügung zur Regelung herausgeben“, sagte der Landrat der nnz. „Es ist doch auch absurd, wenn die Nordhäuserinnen und Nordhäuser über die Kreisgrenzen nach Niedersachsen und Sachsen-Anhalt zu Einkaufen fahren können und bei uns soll es nicht erlaubt sein, obwohl wir gute Inzidenz-Werte haben.“

Von der Landtagsabgeordneten der Stadt Nordhausen hat er bei seinen Vorstößen keine Hilfe zu erwarten. Katja Mitteldorf (LINKE) äußert in sozialen Netzwerken ihre Meinung zu Jendrickes Plänen recht unverblümt: „Wer bei einer Inzidenz von 200+ (Tendenz steigend!) immer noch von einer baldigen Rückkehr zur Normalität spricht, dies als seine einzige (!!) politische Agenda ausruft, damit Wahlkampf betreibt, um die vermeintliche (!) Mehrheit der Bevölkerung bei Laune zu halten, handelt schlicht unverantwortlich.“

Auch im Kreisbüro der LINKEN ist man sich einig: nur "Wahlkampfgetöse". Stimmt, am 25. April schickt ja auch die LINKE einen Kandidaten um Jendrickes Stuhl ins Rennen.
Olaf Schulze, Angelo Glashagel