Ein Frühblüher mehr in Nordhausen

Dritte Goldstern-Art gefunden

Sonntag
21.03.2021, 08:59 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Am 30.März 2012, also vor fast genau neun Jahren, stellte ich Ihnen in meiner Serie „Die Pflanze von nebenan“, Teil 7, den Acker-Goldstern (Gagea villosa) als einen der weniger bekannten heimischen Frühblüher vor...

Bildunterschrift: Mit dem Acker-Goldstern (Gagea villosa) ist nun die aktuell dritte Goldstern-Art sicher für das Kernstadtgebiet Nordhausen nachgewiesen (Foto: Bodo Schwarzberg) Bildunterschrift: Mit dem Acker-Goldstern (Gagea villosa) ist nun die aktuell dritte Goldstern-Art sicher für das Kernstadtgebiet Nordhausen nachgewiesen (Foto: Bodo Schwarzberg)

Die Fotos zum damaligen Text schoss ich, in Ermangelung Nordhäuser Acker-Goldsterne, in der Nähe von Kelbra. Nun konnte er auch wieder, nach vielen Jahrzehnten, für die Rolandstadt nachgewiesen werden.

Der Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Thüringens (KORSCH et al. 2002) weist die letzten Funde des Acker-Goldsterns für das Stadtgebiet von Nordhausen (i.e.S.) für die Zeit von vor 1950 aus. Dabei ist diese zu den Liliengewächsen zählende, attraktive Art in Thüringen nicht selten: Zwischen dem Thüringer Becken und der Ilm-Saaleplatte und von der Vorderrhön bis zum Grabfeld südwestlich des Thüringer Waldes, kommt sie zumindest zerstreut vor. Bezogen auf den gesamten Landkreis Nordhausen waren jedoch auch historisch gesehen nur relativ wenige Fundpunkte bekannt.

VOCKE und ANGELRODT (1886) fanden die Art im Gebiet immerhin noch in Nordhausen an der Zorge, „in Salza, am Bahndamme“, am Kohnstein, in Crimderode, Niedersachswerfen, Ellrich, Neustadt, Steigerthal, in Leimbach und an der Kuckucksmühle.
Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass er an dem einen oder anderen eben genannten Orte noch heute vorkommt. Da die Art wie alle Goldsterne nur wenige Tage lang blüht, leicht mit anderen Goldsternarten zu verwechseln ist und bei Regen, in der Dämmerung oder bei bewölktem Himmel seine Blüten schließt, kann er leicht übersehen werden.

Mitten im Stadtgebiet, zwischen Bebelplatz und Klinikum, konnte ich den Acker-Goldstern heute fotografieren. Auf einer besonnten kleinen Böschung fielen die relativ großen, leuchtend gelben Blüten von mindestens drei Exemplaren auf.
Die Goldsternarten sind für den Laien nur schwer zu unterscheiden: Alle haben sie gelbe Blüten und, ähnlich wie auch die verwandten und in Gärten häufigen Traubenhyazinthen oder Laucharten, schmale, lange Blätter.

Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal der Goldsternarten befindet sich im Boden versteckt: die Zwiebeln, deren Anzahl, Form und äußere Haut unterschiedlich sein können. Auch die Anzahl der Grundblätter ist ein wichtiges Unterschieidungsmerkmal. Beim Acker-Goldstern sind es stets zwei Grundblätter, was nur auf drei der sieben in Thüringen nachgewiesenen Goldsternarten zutrifft.

Beim Acker-Goldstern auffällig ist auch die dichte, kurze Behaarung (villosus /lat./ = behaart) insbesondere der Stängel und Perigonblätter und die über dem Erdaustritt weinrot gefärbten Stängel und Blätter. Der Acker-Goldstern siedelt der Flora von Thüringen (ZÜNDORF et al. 2006) zufolge in Streuobstwiesen, Gebüschen und deren Säumen, in Parkanlagen, auf Friedhöfen, auf extensiv genutzten Wiesen und an Böschungen.

Er ist ein europäisches Florenelement mit einem Verbreitungsgebiet, das sich von extrem ozeanisch bis hin zu extrem kontinental geprägten Bereichen im Osten erstreckt.

Nach ROTHMALER (2005) geht er in Deutschland zurück, wovon auch seine Präsenz in zahlreichen Roten Listen der Bundesländer zeugt. Die gesamtdeutsche Rote Liste verzeichnet ihn in der Vorwarnliste, in Thüringen gilt der Acker-Goldstern derzeit als ungefährdet.

Im Stadtgebiet von Nordhausen (i.e.S.) sind neben dem nun wieder gefundenen Acker-Goldstern besonders häufig der Wald-Goldstern (Gagea lutea, https://www.nnz-online.de/news/news_lang.php?ArtNr=108394) und der Wiesen-Goldstern (Gagea pratensis) zu finden (https://www.nnz-online.de/news/news_lang.php?ArtNr=108870).

Über beide Arten schrieb ich vor neun Jahren in der nnz. Der Wald-Goldstern wird in wenigen Tagen, zum Beispiel im Nordhäuser Stadtpark, ganze Wiesenabschnitte in einen zarten Gelbton tauchen.

Alle Goldsternarten werden als schwach giftig eingestuft. Sie enthalten, wie auch die Tulpen, so genannte Tuliposide, Verbindungen aus einem Buttersäurerest und einem Zuckermolekül. Enger Kontakt zu den Pflanzen kann zu Hautentzündungen führen. Bei Tulpengärtnern sollen sie nicht gar so selten auftreten.
Bodo Schwarzberg


Literatur:
ZÜNDORF, H.-J., GÜNTHER, K.-F., KORSCH, H., WESTHUS, W.: (2006): Flora von Thüringen. Weissdorn-Verlag Jena.
KORSCH, W., WESHUS, W, ZÜNDORF, H.-J. (2002): Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Thüringens. Weissdorn-Verlag Jena.
METZING, D.; GARVE, E. & MATZKE-HAJEK, G. (2018): Rote Liste und Gesamtartenliste der Farn- und Blütenpflanzen (Trachaeophyta) Deutschlands. – In: Metzing, D., Hofbauer, N., Ludwig, G. & Matzke-Hajek, G. (Bearb.): Rote Liste der gefährdeten Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 7: Pflanzen. – Bonn (Bundesamt für Naturschutz). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (7): 13–358.

VOCKE, A, ANGELRODT, C. (1886): Flora von Nordhausen und der weiteren Umgegend. Berlin.

ROTHMALER, W. (2005): Exkursionsflora von Deutschland. Gefäßpflanzen – Kritischer Band. Jena, Stuttgart.