Impfpflicht und Corona-Schnelltest

Wie weit darf der Arbeitgeber gehen?

Dienstag
16.03.2021, 08:47 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Für viele Arbeitnehmer im Landkreis Nordhausen stellt sich aufgrund der aktuellen Coronapandemie die Frage, ob ihr Arbeitgeber die Durchführung des Corona-Schnelltest oder sogar eine Impfpflicht anordnen darf. Anwältin Stephanie Has hat Antworten zusammengetragen...

Wirksame Anordnung des Corona-Schnelltests?


Hat der Arbeitnehmer coronatypische Erkältungssymptome (Husten, Fieber, Schnupfen, Atembeschwerden oder Verlust des Geschmacks- und Geruchssinns), kann der Arbeitgeber über sein Weisungsrecht die Durchführung eines Schnelltests anordnen. Das gilt jedenfalls dann, wenn eine Beschäftigung des Arbeitnehmers ohne Kontakt zu Dritten – etwa im Homeoffice – ausscheidet.

Dagegen spricht auch nicht das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers, denn die Interessen des Arbeitgebers (Schutz der Belegschaft vor Infektion, V erhinderung von behördlicher Betriebsschließung) überwiegen dieses.

Mit der Durchführung von Corona-Schnelltests bei Erkältungssymptomen steht dem Arbeitgeber eine alternative Möglichkeit offen, den Anforderungen des Arbeitsschutzes zu genügen. Ohne vorherigen negativen Test, sollte der Arbeitgeber Arbeitnehmer mit Erkältungssymptomen grundsätzlich nicht außerhalb der häuslichen Arbeitsstätte beschäftigen. Entscheidet er sich dennoch dafür, den Arbeitnehmer tätig werden zu lassen, muss der Arbeitgeber nicht nur sicherstellen, dass kein unmittelbarer Kontakt mit Dritten besteht. Auch eine Infektion durch mittelbaren Kontakt (ungelüftete Räume, gemeinsam genutzte Werkzeuge oder Flächen) sollte der Arbeitgeber ausschließen können. Anlasslos darf der Arbeitgeber einen Schnelltest nur ausnahmsweise verlangen.

Ausnahmen gelten bei Tätigkeiten, bei denen für Dritte ein hohes Infektionsrisiko besteht, das durch Hygienekonzepte nicht signifikant reduziert werden kann. Das betrifft Tätigkeiten mit engem Personenkontakt, wie z.B. ärztliche oder pflegerische Aufgaben, Massage- oder Friseurdienstleistungen.
Die Grenze für derartige Untersuchungen bildet dabei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Der Persönlichkeitsschutz gebietet, dass nur die Maßnahmen hingenommen werden müssen, die notwendig und geeignet sind, um eine Ansteckungsgefahr auszuschließen.

Eine Grenze wird regelmäßig aber die körperliche Unversehrtheit des Arbeitnehmers darstellen. Dies bedeutet, dass verpflichtende Abstriche aus dem Mund-, Nasen- oder Rachenraum vertretbar und verhältnismäßig sein können, im Gegensatz aber Blutproben keinesfalls gerechtfertigt sein werden.
Eine Verweigerung zur Testung stellt eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar, welche eine Abmahnung begründet und darüber hinaus im Wiederholungsfall auch zur Kündigung führen kann.

Corona-Impfpflicht im Arbeitsverhältnis?

Zwar kann das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung anordnen, dass bedrohte Teile der Bevölkerung an Schutzimpfungen oder anderen Maßnahmen teilzunehmen haben, allerdings wurde eine solche Impflicht bislang ausschließlich gegen Masern angeordnet.

Eine gesetzliche Pflicht zur Impfung gegen das Covid-19-Virus sieht das Gesetz hingegen nicht vor. Die Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 (CoronaImpfV) sieht lediglich einen Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus im Rahmen der Verfügbarkeit der vorhandenen Impfstoffe vor. Damit handelt es sich bei der Impfung gegen das Covid-19-Virus um eine freiwillige Impfung.

Sowohl eine im Arbeitsvertrag verankerte Verpflichtung als auch eine einseitige Anordnung des Arbeitgebers zur Impfung gegen das Corona-19-Virus stellt einen Grundrechtseingriff, vorliegend einen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, dar. Zudem ist das Interesse des Arbeitgebers, welches momentan darin besteht, dass der Beschäftigte selbst nicht schwer erkrankt gegenüber dem Selbstbestimmungsrecht und der körperlichen Integrität des Beschäftigten abzuwägen.

Zwar trifft den Beschäftigten grundsätzlich eine Treue- und Rücksichtnahmepflicht, infolgedessen er die Rechtsgüter des Arbeitgebers und seiner Kollegen zu schützen hat, die bislang angebotene Impfung schützt allerdings unmittelbar nur den geimpften Arbeitnehmer selbst, sodass sich hieraus keine Impfpflicht ergeben kann. Sollte die Impfung nachweislich davor schützen, andere zu infizieren, so müsste im Einzelfall geprüft werden, ob es mildere Mittel zur Erreichung des betrieblichen Schutzes gibt. Darunter fällt etwa die Durchführung von Home-Office und das AHAL-Konzept (Abstand- Hygiene-Alltagsmasken bzw. FFP 2-Maske-Lüften).

Dennoch können Unternehmen Anreize für eine freiwillige Impfung z. B. durch Zahlung von Impfprämien schaffen und somit insgesamt die Impfungsbereitschaft erhöhen.

Stephanie Has Fachanwältin für Arbeitsrecht Koch & Boikat Rechtsanwälte