"Was kommt auf die Nordhäuser 2025 zu? " - fragte die nnz vor wenigen Wochen mit Blick auf die Nordhäuser Kassenlage und die anstehenden Erhöhungen von Steuern, Gebühren und Beiträgen in der Stadt. Dazu eine Betrachtung von Susann Wegner...
Symbolbild: Kein Geld mehr in der Kasse? (Foto: Andrew Khoroshavin auf Pixabay)
Es gibt viele schöne Umschreibungen für den aktuellen Kassenstand im Nordhäuser Rathaus. Sie reichen von "bis auf die Knochen blank" über "flach auf der Tasche" bis "auf den letzten Cent ausgetrocknet." Mir gefällt "vorübergehend liquide ausgewrungen". Das macht nicht so Angst.
Dabei ist die finanzielle Situation durchaus sehr bedrohlich. Das zeigt der Blick auf das Diagramm mit der Liquidität der Stadt: Knappe 800.000 Euro hat die Stadt schon 2025 nur noch bar verfügbar, das dürfte selbst einem mittelständischen Unternehmen den Schweiß auf die Streben treiben. Für 2026 darf man sagen, dass die Stadt dann wirklich finanziell "abgesoffen" ist: In der Kasse klafft ein Minus von rund 100.000 Euro. Und ja, ein wenig Angst darf man vielleicht haben, wenn man dann noch die Schulden der Stadt betrachtet: Die liegen bei rund 26 Millionen Euro.
Ob die Finanzlage jemals so eng für Nordhausen war - ich wage zu sagen "Nein". Hört man sich bei einigen Stadträten um, die schon länger im Geschäft sind, wird dies zumindest nicht abgestritten.
Nun verliert sich die Politik gern ins Abstrakte, wenn das Geld alle ist. Nicht anders im Rathaus. Da sind schulterzuckend die auch aus Berlin und Erfurt allbekannten Schlagworte "Fachkräftemangel", "Ukrainekrieg", "Inflation", "Korona, "Klimawandel" als Rechtfertigung in aller Munde.
Das ist schlicht unaufrichtig, was Nordhausen betrifft.
Denn die Stadt "ersäuft" fast in Millionen Fördermitteln. Und da kommt das Problem: Fördermittel heißt immer auch Eigenanteil. Und da hat man im Rathaus geklotzt und nicht gekleckert und ich sage: Ohne Sinn und Verstand und - noch treffender, da wörtlich richtig: "als ob es kein Morgen gibt". Buchmann - er hatte die Finanzen ausdrücklich zur "Chefsache" ("Kompetenz statt Parteikarriere", "Ich bin der vorsichtige Buchhalter") hat sich finanziell dilettantisch angestellt - und Warnungen abgetan.
Screenshot (Foto: Andrew Khoroshavin auf Pixabay)
So flogen über Jahre die Millionen windmühlenartig aus dem Rathausfenster: Viele 100.000 Euro für Inge Klaans vom Bund gefördertes unersättliches Ehrgeizprobjekt "Klimagerechtes Wohnen in Nordhausen-Nord" sowie den bis heute unverständlichen "Stadtloop". Beim Theaterneubau ist man von anfangs 6 Millionen Euro Eigenmittel inzwischen bei 11 Millionen aus der Stadtkasse gelandet. Beim Ehrenfriedhof darf man mit 400.000 Euro Eigenmittel rechnen. Auch und nicht zu vergessen: Der Anstieg auf 26 Millionen Euro Personalkosten - obwohl wohl viele Beamte altersmäßig in den Ruhestand gegangen sein dürften.
Und auch bei denen, die von diesen Projekten auf den ersten Blick profitieren, gibt es Bauchgrummeln. So fragt man sich zum Beispiel am Theater, ob angesichts der gigantischen Baukosten dann in den Folgejahren überhaupt noch Geld bleibt für den künstlerischen Betrieb; Vereine und "freie" Kulturveranstalter sind verärgert ob der "Überfinanzierung" des Theaters; nicht nur Bürger sondern auch Fachleute und Stadträte sorgen sich, ob nach dem Bau des Ehrenfriedhofs Mittel da sind, um ihn (und die anderen Friedhöfe) angemessen zu unterhalten; und die Mieter in der Unterstadt, Salza und Ost fordern inzwischen auch ihre Rechte auf Sanierung ihrer Wohnungen.
So steht der OB vor seinem Scherbenhaufen - wegen Prestigeprojekten für eine Minderheit und einem schlechten Finanzmanagement.
Doch jetzt ist die Not groß - der Scherbenhaufen muss gekittet werden. In alter Manier, ebenfalls wie von Berlin bis Erfurt: Beim Griff ins Portmonee der Bürger. So vervierfachten sich schon die Parkgebühren, die Gebühren für das Abwasser knallten nach oben, für Bus und Straßenbahn ebenfalls, und 2025 soll es richtig "abgehen": Bei den Kita-Gebühren, den Sondernutzunggeldern und vor allem - bei den Grundsteuern. Nach der Erhöhung der Messebeträge durchs Finanzamt will der OB mit den Hebesätzen hier noch kräftig einen daraufsetzen.
So wird der Bürger zur Melkkuh, ein weiteres Mal. Und er muss erleben, dass gleichzeitig immer weniger zurückkommt bei den städtischen Dienstleistungen: Freibad in Salza dicht, Einschränkungen den Öffnungszeiten im Badehaus, Straßen und Gehwege in einem beklagenswerten Zustand, nicht ausreichend Geld für die Pflege der Grünanalgen, nur noch seltene außerschulische Angebote für die Kinder und Jugendlichen, um sich greifender Vandalismus, keine Lösung für das Einwohnermeldeamt, schlechte Kommunikation...
Und die Stadträte? In den Vorjahren haben sie alles durchgewinkt - bis auf Ausnahme einige. Jetzt scheint man zur Besinnung zu kommen: Die Erhöhungen wurden erstmals verschoben. Und es grummelt in den Fraktionen: Buchmann, der die Erhöhungen will, mache einen "schlanken Fuß", übernehme keine Verantwortung und würde am Ende so oder so alles auf den Stadtrat abwälzen: Wenn die Erhöhungen per Stadtratsbeschluss bekommen; und wenn sie nicht kommen, dann wäre eben auch der Stadtrat auch Schuld, wenn die Stadt ohne Haushalt dastünde.
Doch diesmal ist man im Rat teilweise endlich klüger und wohl auf dem richtigen Weg. Der Oberbürgermeister müsste einen umfassenden Sanierungsplan vorlegen, bevor er den Bürgern neue Kosten abnötigt, sagen einige Ratsherren- und frauen. Man wird sehen, ob sie dies durchsetzen.
Aber es gibt noch ein anderes Szenario, und da kann man zum Unstrut-Hainich-Kreis schauen: Im Jahre 2014 kam dort plötzlich ein Herr Brodbeck jeden Morgen ins Rathaus und übernahm den Chefsessel vom Landrat Zanker. Den Herren hatte das Thüringer Landesverwaltungsamt geschickt: als - offiziell: "Beauftragter des Freistaates" - in Wahrheit aber ganz schlicht: als Zwangsverwalter.
Aber vielleicht käme das ja der Nordhäuser Stadtspitze entgegen: Da der "Beauftragte" ja die Führung übernimmt, hätte man dort weniger Stress und mehr Freizeit. Und das Beste: Der Zwangsverwalter würde kräftig an der Gebührenschraube drehen. Und man selbst wäre bequem aus dem Schneider.
Hoffen wir, dass dies nie der Fall sein wird. Und dass man dereinst die Arbeit des Bürgermeisters nicht als "buchalterischen Freigeist in Perfektion" beschreibt.
Susann Wegner