18. Harz-Hunderter Extrem

Vier bezwingen den Harz

Mittwoch
30.10.2024, 08:16 Uhr
Autor
red
veröffentlicht unter:
Dass bei einer West-Ost-Harzquerung zwei Nächte durchwandert werden müssen, ist kein Dogma. Den Beweis hierfür erbrachten die Teilnehmer der diesjährigen Nonstopwanderung Seesen-Brocken-Eisleben am vergangenen Wochenende, die sich nur eine Nacht mit Wandern um die Ohren schlugen. Wanderleiter Bodo Schwarzberg hat die Details...

Der Lohn der Mühen (Foto: Bodo Schwarzberg) Der Lohn der Mühen (Foto: Bodo Schwarzberg)


Zwei Nächte zu durchwandern gehört tatsächlich zu den weniger angenehmen Wanderlebnissen auf den besonders langen Kanten. Da halluziniert man in der zweiten Nacht schonmal früh um Drei, Baumstämme biegen sich im Kegel der Taschen- oder Stirnlampe oder plötzlich sieht man Wanderfreunde neben sich gehen, die eigentlich zu Hause sein müssten. Selbst erlebt habe ich auch Stürze von im Gehen eingeschlafenen Wanderfreundinnen.

Bei den vorangegangenen 12 West-Ost-Harzquerungen starteten wir mit Ausnahme der ersten im Jahre 2002 stets freitags gegen 21:30 und waren am Sonntag im Idealfall gegen 13 Uhr nach zwei durchwanderten Nächten am Ziel Eisleben.

Am vergangenen Wochenende kamen wir wie 2002 mit einer Nacht aus. Der Start erfolgte sonnabends um 6 Uhr am Bahnhof Seesen und gegen 18 Uhr, gerechnet noch mit Sommerzeit, erreichten wir einen Tag später den Eisleber Bahnhof.

Das hatte aber auch weniger Einkehrmöglichkeiten als früher zur Folge: zwischen Schierke (17:30, km 55) und Grillenberg (km 126, 11:00 – noch Sommerzeit), also auf 71 Kilometer, gab es mit Ausnahme einer irregulär geöffneten Gaststätte in Schierke für eine ganz kurze Trinkpause keine Möglichkeit dafür.

Auch wenn diese vier vor dem Eisleber Luther-Denkmal wie eine Touristengruppe aussehen, die Eisleben erkundet: Die Wahrh eit ist, dass Antje Otte-Hartig, Bodo Schwarzberg, Nina Suckale und Dr. Christian Richter (v.l.) zusammen gerade 147 Kilometer am Stück über den gesamten Harz gewandert sind. (Foto: Roy Otte-Hartig) Auch wenn diese vier vor dem Eisleber Luther-Denkmal wie eine Touristengruppe aussehen, die Eisleben erkundet: Die Wahrh eit ist, dass Antje Otte-Hartig, Bodo Schwarzberg, Nina Suckale und Dr. Christian Richter (v.l.) zusammen gerade 147 Kilometer am Stück über den gesamten Harz gewandert sind. (Foto: Roy Otte-Hartig)


Dass zudem die Umweltveränderungen der letzten Jahre bei dieser Wanderung eine Rolle spielten, werden gewiss die wenigsten Leserinnen und -leser denken. Aber sie fand erstmals Ende Oktober statt wie sonst Ende Juli statt, weil der Harz dank Klimawandel und Forstwirtschaft vielfach baumlos ist und wir während des Sommers möglicherweise wie schon so oft gezwungen gewesen wären, ohne Schutz vor der Sonne bei über 30 Grad stundenlang zu marschieren. Mein eigener Getränkeverbrauch von 20 Litern und der Schwächeanfall einer früheren Teilnehmerin bei einer zurückliegenden Extrem-Tour gaben mir zusätzlich zu denken.

Das Erfreulichste am zurückliegenden 18. Harz-Hunderter Extrem war, dass alle Gestarteten ihr persönliches Wunschziel erreichten: Angela Baumgart und Uwe Pabst aus Halle wanderten von Seesen nach Trautenstein über 73 Kilometer, Beate Stuhm aus Schleswig-Holstein 55 Kilometer bis nach Trautenstein und Antje Otte-Hartig aus Nordhausen, Nina Suckale aus Leipzig (beide erste West-Ost-Harzquerung), Dr. Christian Richter aus Jena (dritte West-Ost-Harzquerung) und ich (12. West-Ost-Harzquerung) bewältigten die Strecke Seesen-Brocken-Eisleben.

Wobei mit der Nordhäuserin Antje Otte-Hartig etwas eher Seltenes passierte: Sie hatte nach der nicht gerade kurzen Wanderdistanz von 120 Kilometern in Wippra noch nicht, wie von ihr geplant, genug, sondern sie blieb bis Eisleben dabei. Weiter, als geplant zu gehen, kommt deutlich seltener vor, als vor dem Erreichen des geplanten Ziels aufzugeben.

So kamen wir am Eisleber Bahnhof erfreulicherweise als Quartett an.

Begünstigt wurde ein tolles Wandererlebnis durch die ruhigen, milden Wetterverhältnisse und natürlich durch die Harmonie unter uns Langstreckenwanderern.
Eine ausführliche Fotodokumentation der zurückliegenden Tour gibt es bei Facebook.

Erwähnt werden sollte vielleicht noch, dass ich persönlich diese Wanderung auch als Protest gegen die vorgesehene Errichtung von Windenergieanlagen im Harz gesehen haben möchte. Wir können die Energieprobleme und den Klimawandel nicht durch neue Umweltzerstörungen bekämpfen. Die traditionellen Waldgebiete in Deutschland und damit im Harz müssen von Energieanlagen aller Art als Refugien für Fledermäuse, Greifvögel und andere bedrohte Arten sowie als Erholungsorte unbedingt verschont bleiben, wenn die Politik u.a. im Artenschutz den vielleicht noch vorhandenen Rest an Glaubwürdigkeit nicht auch noch verlieren möchte.

Der 51. Südharz-Hunderter findet am 7. und 8.12. diesen Jahres wieder auf der üblichen Strecke Nordhausen-Halle statt. Interessenten können sich gern unter bodo_schwarzberg@yahoo.de melden.
Bodo Schwarzberg