Mehr Einbürgerung im Landkreis

16 neue Mitbürger

Montag
09.09.2024, 17:30 Uhr
Autor
red
veröffentlicht unter:
Seit einem guten halben Jahr finden die Feierlichkeiten zur Einbürgerung im Landkreis Nordhausen öffentlich statt. Zuletzt hielt man die Zeremonie im Park Hohenrode ab, 16 neue Mitbürger wurden hier begrüßt. Insgesamt ist die Zahl der Einbürgerungen zuletzt deutlich gestiegen, trotz hoher Hürden…

Einbürgerungszeremonie im Park Hohenrode am 29. August (Foto: agl) Einbürgerungszeremonie im Park Hohenrode am 29. August (Foto: agl)

Deutsche Sprache, schwere Sprache - so heißt es im Volksmund gerne und wer könnte dem die Wahrheit absprechen, angesichts manch ausufernder Wortschöpfung. Zum Beispiel dieses so ganz und gar deutsche Konstrukt: das „Staatsangehörigkeitsmodernisierungsgesetz“.
Es ist eben jenes kleine „Wortmonster“, dass es mehr Leuten erlaubt, selber „Deutsch“ zu werden. Offiziell in Kraft getreten ist das Gesetz im Juli, seine Schatten warf es schon etwas länger voraus und das bekam man auch im Nordhäuser Landratsamt mit.

71 Einbürgerungen hat man in diesem Jahr bisher durchgeführt, im gesamten vergangenen Jahr waren es gerade einmal 53. „Die neue Gesetzgebung ermöglicht die doppelte Staatsbürgerschaft. Viele Leute, die bisher eher zögerlich waren und ihren alten Pass nicht aufgeben wollten, haben sich in den letzten Monaten dazu entschieden, Anträge zu stellen, mitunter mit soviel Vorlauf, das wir die mit inkraftreten des Gesetzes auf dem Tisch hatten“, erläutert Dirk Schimm, der zweite Beigeordnete des Kreises in dessen Aufgabenbereich die Einbürgerungen fallen.

Die Hürden seien trotz der Änderungen weiterhin hoch. Nachgewiesen werden muss unter anderem dass:
  • der Lebensunterhalt der Familie vollumfänglich gesichert ist
  • man keine Sozialleistungen wie Wohngeld oder ähnliches bezieht
  • man Sprachzertifikate, Integrationstest und einen deutschen (Hoch-)Schulabschluss vorweisen kann
  • man mindestens 5 Jahre mit entsprechendem Aufenthaltstitel in Deutschland gelebt hat (bisher 8 Jahre)
  • man strafrechtlich einwandfrei dasteht und ein polizeiliches Führungszeugnis vorweisen kann
Ehe man aber soweit kommt, die nötigen Unterlagen einzureichen, wird im Einzelgespräch vorgeprüft und ausgesiebt, berichtet Schimm. Rund 350 solcher Erstgespräche hat man im Landratsamt auf dem Tisch, etwa 150 schaffen es zur Zeit nach der ersten Sichtung in das Antragsverfahren und gute 100 Anträge kann man im Jahr bearbeiten, zumindest sei das die Zielvorgabe für 2024. „Ein gutes Drittel der Antragsteller kommen aus dem medizinischen Bereich, der Rest ist ein Querschnitt der Gesellschaft, von Pflegekräften über Kulturschaffende bis zum Industriearbeiter ist da alles dabei. In der Regel leben die Leute seit Jahren im Kreis und sind völlig integriert“, berichtet der Beigeordnete.

Hohe Hürden überwunden - 16 Menschen erhielten Ende August die deutsche Staatsbürgerschaft (Foto: agl) Hohe Hürden überwunden - 16 Menschen erhielten Ende August die deutsche Staatsbürgerschaft (Foto: agl)

In der letzten Runde Ende August fanden sich unter anderem zwei Musikerinnen, ein Bühnentechniker, ein Tonmeister, ein Arzt, mehrere Schüler, ein Lagerlogisitker, ein Gießereimechaniker und ein Auszubildender die zwischen 2017 und 2019 aus Ägypten, Belarus, Russland, Tunesien, Syrien, der Ukraine, Pakistan und dem Irak nach Deutschland gekommen sind. „Menschen aus den ehemaligen Sowjetstaaten und den vorderasiatischen Ländern waren zuletzt stark vertreten, den Ausschlag hat hier oft die doppelte Staatsbürgerschaft gegeben. Die Gründe dafür können ganz unterschiedlich sein. Bei einigen Russen haben wir zum Beispiel in der Vergangenheit gehört, dass der deutsche Pass beim Besuch der alten Heimat Nachteile mit sich bringen kann, die man lieber nicht haben will. Wenn sie mit russischen Namen und deutschen Pass an der russischen Grenzkontrolle stehen, erhält man scheinbar schnell Aufmerksamkeit der eher unangenehmen Sorte. Das Problem gibt es jetzt so nicht mehr und damit ist die Entscheidung für die deutsche Staatsbürgerschaft für viele einfacher geworden“.

Der 2. Beigeordnete des Kreises, Dirk Schimm organisiert die öffentlichen Einbürgerungszeremonien (Foto: agl) Der 2. Beigeordnete des Kreises, Dirk Schimm organisiert die öffentlichen Einbürgerungszeremonien (Foto: agl) Die Zahl der Anträge ist in den letzten Jahr deutlich gestiegen, so der politische Wille und die personellen Mittel vorhanden seien, könne man diese auch ordentlich abarbeiten, meint Schimm. „Jeder Fall ist ein Einzelfall und muss geprüft werden, das kann man nicht mal eben online machen. Im schnellsten Fall geht ein Antragsverfahren in etwas über einem halben Jahr über die Bühne, im Regelfall dauert die Bearbeitung bis zur letzten Konsequenz aber eher etwas über zwei Jahre“. In einem besonders harten Fall sind zwischen Antrag und Einbürgerung ganze 19 Jahre vergangen, berichtet Schimm - die Antragstellerin, eine Chinesin, wurde von ihrem alten Heimatstaat schlicht nicht „entlassen“.

Die Einbürgerungszeremonie zelebriert man seit Anfang des Jahres öffentlich. Die Form ist dabei nicht vorgegeben, zumeist kommt man im kleinen Plenarsaal des Landratsamtes zusammen. Ende August führte man die kleine Feierlichkeit erstmals im Pavillon des Park Hohenrode durch, das Ambiente sei dem Anlass angemessen, findet Schimm. Die nächste „Runde“ wird es im Oktober geben, Ort und Termin werden über die Seiten des Landratsamtes öffentlich bekannt gegeben. Weitere Einbürgerungsweihen sind für November und Dezember geplant.
Angelo Glashagel