Interkulturelle Woche im Schlosshotel am Hainich

Lyrik und Musik: „Eurydike singt“

Dienstag
17.09.2024, 10:05 Uhr
Autor
red
veröffentlicht unter:
Am Samstag, 28. September um 14.30 Uhr wird anläßlich der deutschlandweiten Interkulturellen Woche zu Lyrik und Musik in das Schlosshotel am Hainich in Behringen eingeladen...

Unter dem Titel „Eurydike singt“ stellt Kulturmanagerin Christine Stauch ein lyrisch-musikalisches Programm vor, das den Blick nach Südosteuropa weitet – konkret in die bulgarische Kultur. Grundlage bildet ein Gedichtband, der im Kirsten Gutke Verlag Köln, unter dem Titel: „Eurydike singt – Neue bulgarische Lyrik“ erschienen ist. Er präsentiert Übersetzungen bulgarischer Dichterinnen und Dichter des 20. Jahrhunderts. Musiker der Band „The String Company“ aus Erfurt, Lev Guzman (Bratsche) und Ljubo Mitrović (Akkordeon und Gesang), verbinden das poetische Programm mit traditionellen Klängen Südosteuropas.

Im Anschluss an das lyrisch-musikalische Programm wird bei Kaffee und Kuchen den Gästen ein Gesprächsraum geöffnet ihre Eindrücke und Erfahrungen auszutauschen. Zudem bietet sich die Möglichkeit Skulpturen im angrenzenden Park zu besichtigen, die zuletzt im Jahr 2019, im Rahmen internationaler Bildhauersymposien, geschaffen wurden.

Zum lyrischen Programm
Die Anthologie „Eurydike singt – Neue bulgarische Lyrik“ ist im Jahr 1999 erschienen.

Zwei Aspekte, die der Verlag mit dieser Anthologie verbindet, möchte das lyrische Programm erfahrbar werden lassen: zum einen, daß moderne bulgarische Lyrik über Stimmen verfügt, die im Ensemble der europäischen Dichtung unüberhörbar sind“ und zum anderen: „…mit diesen Stimmen einen Zugang zu unserem Ohr, mehr noch: zu unserem Herzen bahnen“. /1

An diesem Nachmittag sind Dichtungen bulgarischer Lyrikerinnen zu entdecken, wie die von Rada Pantschowska, Krassimira Safirowa, Mila Wassow, Marijana Fyrkowa, Kristin Dimitrowa, sowie die von bulgarischen Lyrikern, wie von Edwin Sugarew, Ilko Dimitrow, Bojko Lambowski, Boris Rokanow oder Zanko Lalev.

Die Gedichte, die in dieser Sammlung in deutscher und bulgarischer Sprache veröffentlicht sind, wurden vom Herausgeber Norbert Randow aus verschiedenen Gedichtbänden ausgewählt, die zuvor ausschließlich in bulgarischer Sprache erschienen sind.

Als den Grund für die Wahl des Titels der Anthologie „Eurydike singt“, verweist Norbert Randow im Nachwort auf folgende Begebenheit: „Nach klassischer Überlieferung hat die abendländische Lyrik ihren Ursprung in den Rhodopen genommen, dem schönsten, dichtbewaldeten Gebirgszug im Süden Bulgariens. Hier empfing Orpheus, ein thrakischer Königssohn, von Apollon als Geschenk eine siebensaitige Lyra. Von ihr, der Leier, ist unser Wort Lyrik abgeleitet. … Von seiner Stimme und seinem Spiel wurden Tiere und Bäume… wurden Pluton und Persephone so überwältigt, daß sie der abgeschiedenen Eurydike die Rückkehr aus der Unterwelt gestatteten… Seitdem ist, welche Völker auch immer diese Region besiedelten, die lyrische Dichtung hier heimisch geblieben.“ /1

Mit dem Verweis auf die in der Anthologie veröffentlichten und überaus zahlreichen Gedichte bulgarischer Lyrikerinnen unterstreicht Norbert Randow: „Die vielen Gedichte aber von Dichterinnen, … die großenteils zu den Höhepunkten der heutigen bulgarischen Poesie gehören, zeigen, „ein für alle Male, daß es nunmehr Orpheus und Eurydike sind, wenn es singt.“…“

Der Titel der Anthologie wurde vor diesem Hintergrund zum Motto des musikalisch-literarischen Programms erklärt.

Andreas Tretner, ein deutscher Übersetzer, merkt bei einem Interview zu einem Roman der bulgarischen Gegenwartsliteratur im Jahr 2020 an: „Man darf nicht vergessen, das ist Thrakien, … da wird einfach gedichtet – das kriegt man in die Wiege gelegt – und der Dichtung gehuldigt. Die großen Helden der Nation sind dort nicht selten Dichter. …“ /3

Mit der Präsentation von Gedichten aus genannter Anthologie wird es mit diesem Programm zugleich möglich, an den Herausgeber Norbert Randow (*1929 / † 2013), zu erinnern.

Für sein über Jahrzehnte tätiges Schaffen, vor allem als Übersetzer von bulgarischer und belarussicher Literatur, wurde der Philologe und Slavist Norbert Randow, anläßlich der Leipziger Buchmesse, im Jahr 2001, mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung gewürdigt.

Zum musikalischen Programm
Die Musiker Lev Guzman (Bratsche) und Ljubo Mitrović (Akkordeon und Gesang) haben für die musikalischen Begleitung Kompositionen ausgewählt, die vor allem bulgarische Wurzeln tragen, aber auch Traditionelle mazedonische und jiddische Klänge werden zu hören sein.

Zum Herausgeber Norbert Randow (*1929 / † 2013)
Norbert Randow gehört zu jenen Intellektuellen, die die Auswirkungen der politischen Willkür in der DDR zu spüren bekamen. Als junger Akademiker wurde er, nach Abschluß seines Studiums im Bereich der Slawistik, nach einem dreijährigen Auslandsaufenthalt in Bulgarien und anschließender Tätigkeit als Assistent für bulgarische Literatur an der Humboldt Universität zu Berlin, wegen angeblicher „staatsgefährdender Hetze“ und „Republikflucht“ Anfang der 1960er Jahre zu drei Jahren Haft verurteilt.

Diese Verurteilung schloss ein, daß ihm, nach Verbringen der gesamten Haftzeit, zudem jegliche Möglichkeit verwehrt war seine akademische Laufbahn fortzusetzen. Dem nicht genug, waren mit diesem Urteil persönliche Sanktionen verbunden, wie ein „Reiseverbot - nach Bulgarien, in ein sogenanntes »Bruderland«, erwähnt Fedja Filkova, Laudatorin der Preisverleihung, des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung, im Jahr 2001. /2

Norbert Randow gelang es jedoch diese aussichtslose Situation in jenen Freiraum zu öffnen, der die Übersetzung vorwiegend bulgarischer und belarussischer Literatur ermöglichte.

In seiner Dankesrede, anläßlich der Preisverleihung, erwähnt Randow seine Wegbegleiter
Hartmut Herboth und den Übersetzer Egon Hartmann und ergänzt: „Jahrzehntelang haben wir uns gemeinsam der Aufgabe gewidmet, wichtige Werke hauptsächlich der bulgarischen Literatur ins Deutsche zu übertragen“, als einer – „aus dieser Generation der geistigen Brückenbauer zwischen Bulgarien und Deutschland“.

Norbert Randow „galt als wichtigster Vermittler bulgarischer und belarussischer Literatur in Deutschland“ /4

Zur Interkulturellen Woche 2024
„Die bundesweite Interkulturelle Woche (IKW) findet seit 1975 immer Ende September statt. Sie wird unterstützt und mitgetragen von Kirchen, Kommunen, Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften, Integrationsbeiräten und -beauftragten, Vereinen, Bildungsträgern, Migrantenorganisationen, Religionsgemeinschaften und Initiativgruppen. In fast 700 Städten und Gemeinden werden rund 5.000 Veranstaltungen durchgeführt. Der Tag des Flüchtlings ist Bestandteil der Aktionswoche. Die IKW ist eine Initiative der Deutschen Bischofskonferenz, der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Griechisch-Orthodoxen Metropolie.“ /5

„Die Interkulturelle Woche will dazu einladen, sich mit den Chancen, Herausforderungen und verschiedenen Perspektiven gesellschaftlicher Entwicklungen in einem vielfältigen Landkreis, wie dem Wartburgkreis, auseinander zu setzen. Die Themen Wohnen, Bildung und Religion prägen dabei die Diskussion, aber auch die Frage, wie menschenverachtendem Gedankengut entgegengetreten werden kann. Die Begegnungen und Kontakte im persönlichen Bereich stehen dabei im Vordergrund, um ein besseres gegenseitiges Verständnis zu entwickeln und zum Abbau von Vorurteilen beizutragen. Dies ist ein zentrales Anliegen der Woche.

Quellen:
1/ „Eurydike singt – Neue bulgarische Lyrik“, aus dem Bulgarischen von Norbert Randow, Kirsten Gutke Verlag,
Köln, 1999, www.gutke-verlag.de

2/ www.static.leipzig.de

3/ Interview Deutschlandfunk, Bulgarische Gegenwartsliteratur, „Vergessene Heimat des Orpheus“,11.3.2020,
Andreas Tretner im Gespräch mit Miriam Zeh

4/ Anmerkung zur Veröffentlichung „Zwei Seelen“ aus dem Weißrussischen von Norbert Randow und Gundula
und Wladimir Tschepego, Guggolz Verlag, Berlin, 1919

5/ www.interkulturellewoche.de

6/ Rundschreiben des Landratsamtes Bad Salzungen „Interkulturelle Woche 2024 erneut unter dem Motto:
„Neue Räume“, vom 6. 5. 2024