Stimmen am Wahlabend

Nordhausen hat gewählt

Sonntag
01.09.2024, 22:40 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Die AfD wird nicht nur stärkste Kraft im Land, auch in den beiden Nordhäuser Wahlkreisen dominiert die Alternative das Wahlgeschehen. Die nnz hat sich am Wahlabend wieder umgehört und die ersten Stimmen eingesammelt…

Souverän gewonnen: Kerstin Düben-Schaumann und Jörg Prophet holen die Direktmandate für die Nordhäuser Wahlkreise (Foto: agl) Souverän gewonnen: Kerstin Düben-Schaumann und Jörg Prophet holen die Direktmandate für die Nordhäuser Wahlkreise (Foto: agl)


Zwei strahlende Wahlsieger ließen sich heute in der Schönen Aussicht feiern: Kerstin Düben-Schaumann und Jörg Prophet gewinnen die Nordhäuser Direktmandate für den Landtag deutlich. In der Stadt hat Düben-Schaumann mit 39,5 Prozentpunkte die Nase vor Markus Volkmann, der auf 28,3 Prozent kam. Auf Platz drei positioniert sich Katja Mitteldorf mit 18,8 Prozent Stimmenanteil.

Nicht ganz so deutlich aber doch klar ging das Rennen im Landkreis aus, Jörg Prophet konnte 40,3 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, Carolin Gerbothe kam für die CDU auf 37,3 Prozent. Die Linke landet Wiederrum auf dem 3. Platz, Tim Rosenstock holte 14,4 Prozent.

Das Ergebnis sei „grandios“, die Freude entsprechend groß, sagt Düben-Schaumann in der gut gefüllten Gastwirtschaft in Nordhausen Nord, man habe den Wahlkampf zu zweit „gerockt“, sei nun aber auch froh, dass es vorbei sei.

Der Weg ins Parlament habe über die Arbeit in den Gemeinde und Kommunalgremien geführt, sagt Jörg Prophet. Die Partei habe sich in Nordthüringen positioniert und verstetigt und werde auch nicht mehr verschwinden. „Wir wissen, wer uns gewählt hat und wir wissen wer uns nicht gewählt hat. Der Unternehmerverband, Diakonie und Caritas, die IHK und die Kirchen haben sich gegen uns positioniert. Aber die Bürger und die Belegschaften, die haben uns gewählt, das zeigen die Ergebnisse. Wir werden die Stimmen des Landkreises in Erfurt sein.“

Die Koalitionsfrage würden nicht die beiden Nordhäuser Kandidaten entscheiden, so Prophet weiter, die Partei sei aber dafür offen, konstruktive Wege zurück zur Sacharbeit zu finden. Die Demokratie lebe von unterschiedlichen Meinungen und von denen habe man jetzt ein breites Spektrum, das sollte belebend wirken.

Der „politischen DNA“ nach wie auch marktwirtschaftlich stehe man der CDU nahe, so Prophet weiter, mit dem BSW gebe es zwar auch Schnittpunkte, die hörten aber deutlich früher auf. Wie es in Erfurt weiter geht müssten nun die Parteispitzen entscheiden. Das erste Ziel des Wahlkampfes habe man sehr wahrscheinlich erreicht: die AfD sollte im kommenden Landtag über eine Sperrminorität verfügen und kann bei wichtigen Entscheidungen nicht ignoriert werden.

Stabile Optionen gesucht
Die Nordhäuser CDU traf sich am Abend im Sonneneck im Gehege. Gebannt verfolgte man hier die Ergebnisse. Eine stabile Regierungsoption im Landtag zu finden werde nicht leicht und mit besagter Sperrminorität werde die Sache nicht einfacher, meinte der Kreisvorsitzende der Christdemokraten, Stefan Nüßle.

Die CDU kam im Sonneneck zusammen und diskutierte die Wahlergebnisse (Foto: agl) Die CDU kam im Sonneneck zusammen und diskutierte die Wahlergebnisse (Foto: agl)


Carolin Gerbothe habe sich im Landkreis gut behaupten können und hat gute Aussichten, über die Landesliste in das Parlament zu kommen. Entscheidend für die nächsten Jahre werde es sein, vor Ort gute Arbeit zu machen und die Themen nach Erfurt zu tragen. Dem dann Taten folgen zu lassen, sei deutlich besser in die Praxis umzusetzen, wenn man an der Regierung ist, vorzugsweise mit Mario Voigt an der Spitze, heißt es bei der CDU.

Markus Volkmann verbucht für sich ein gutes Ergebnis im ersten Anlauf, moniert aber, dass die Themen und Lösungen, mit denen man in den Wahlkampf gegangen war, hinter der Europa- und Bundespolitik zurückgestanden hätten.

Gefühlswahlkampf contra Fakten
Bei der Nordhäuser Linken wurden die Wahlergebnisse nüchtern betrachtet. Die guten Zustimmungswerte für Bodo Ramelow hätten sich nicht auf die Partei übertragen, nun stehe dem Land eine interessante Regierungsbildung bevor, meinte Katja Mitteldorf. „ Der Wählerwille ist nun wie er ist. Ich habe die letzten zehn Jahre gerne und mit Herzblut als direkt gewählte Kandidaten für die Region gearbeitet und wenn es über den Listenplatz klappen sollte, werde ich genau das auch die nächsten Jahre weiter tun.“

Tim Rosenstock, Katja Mitteldorf und die Nordhäuser Linke kamen vor der Bibliothek zusammen (Foto: agl) Tim Rosenstock, Katja Mitteldorf und die Nordhäuser Linke kamen vor der Bibliothek zusammen (Foto: agl)


Wenn man die Wahlergebnisse in fünf Jahren wieder drehen wolle, müsse das Primat des Gefühls wieder dem Faktischem weichen, meint Mitteldorf. „Was wir gesehen haben war ein Wahlkampf der Gefühle und das bestimmende Gefühl war vor allem Angst. Den Fakten nach steht das Land weit besser da. Wenn wir dem Gefühl weniger und den nachweisbaren Fakten wieder mehr Plattform geben, kommen wir auch wieder zu anderen Ergebnissen“, sagte die Kandidatin der Linken.

Besser als der Durchschnitt
Eher gedämpfte Stimmung herrschte ein paar Meter weiter im Büro der Nordhäuser SPD, Tenor: „Was zu erwarten war ist eingetreten“. Aber immerhin habe sich Patrick Börsch als Stadtkandidat mit 11,8 Prozent der Stimmen aus dem Stand heraus besser geschlagen als manch anderer SPD-Kandidat im Freistaat und auch Juliane Schinkel habe im Kreis als Newcomerin engagiert gekämpft.

Patrick Börsch bedankte sich bei allen Wählern, dem Team und seiner Familie. Vielleicht war es nicht sein letzter Wahlkampf (Foto: agl) Patrick Börsch bedankte sich bei allen Wählern, dem Team und seiner Familie. Vielleicht war es nicht sein letzter Wahlkampf (Foto: agl) „Die Verbitterung kommt vom Bund, das war in den Gesprächen deutlich zu spüren.“, sagt Börsch, die Koalition in Berlin werde in Anbetracht der Ergebnisse nicht umhin kommen, Zeichen zu setzen. Und auch in Erfurt müsse man sich wieder öfter und direkter an die Basis wenden, kritisieren die Nordhäuser Genossen. Wenn Gesetze auf den Weg gebracht werden, müsse man diese im Vorfeld auch soweit durchdenken, dass die Auswirkungen bis hinab zum einzelnen Bürger klar seien. „Zu sehen, dass man der AfD mehr soziale Kompetenz zu spricht als der SPD tut weh“, sagte Barbara Rinke, die Partei müsse sich dringend auf ihre Grundwerte besinnen. Im Land habe man eigentlich keine schlechte Figur gemacht, wichtige Entscheidungen, etwa in Sachen Sicherheit, seien aber viel zu spät getroffen worden.

Den Kandidaten bleibt nur denen zu danken, die den Wahlkampf unterstützt haben, mit überschaubarem Personal habe man eng zusammenstehen müssen, es sei auf alle angekommen, heißt es bei den Genossen.

Eines ist bei allen Kandidaten zu hören: im Nordhäuser Wahlkampf ging es fair und gesittet zu. Bleibt zu hoffen, dass das in den nächsten Tagen auch in Erfurt gelingt. Klare Mehrheitsverhältnisse hat der Wähler dem Land heute Abend nicht beschert. Zumindest nicht, wenn sich alle an das halten, was sie vor der Wahl verkündet haben.
Angelo Glashagel