Die Antworten des SPD-Kandidaten Patrick Börsch

nnz-Fragen an unsere Kandidaten V

Donnerstag
29.08.2024, 10:30 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Am Sonntag wird der neue Thüringer Landtag gewählt und auch aus Stadt und Kreis Nordhausen werden Abgeordnete entsandt. Die nnz hat den Kandidaten zehn Fragen gestellt, heute antwortet Patrick Börsch, der parteilose Kandidat für den Stadtwahlkreis auf dem Ticket der Sozialdemokraten...

Eine schwierige Regierungsbildung im Freistaat steht bevor. Mit wem sollte Ihre Partei koalieren, wenn sie in den Landtag einzieht?
Meine Priorität liegt zunächst darauf, gute Ergebnisse bei der Wahl zu erzielen, um so die Themen der Stadt Nordhausen im Landtag zu vertreten. Ich denke, man sollte offen sein für Gespräche mit Parteien, die demokratische Werte teilen und bereit sind, konstruktiv an Lösungen für die Herausforderungen des Landes zu arbeiten. Es ist wichtig, im Sinne der Wählerinnen und Wähler die bestmöglichen Entscheidungen zu treffen, und mögliche Koalitionen erst nach der Wahl auf Grundlage der dann gegebenen politischen Landschaft sorgfältig abwägen. Eine Koalition mit der AfD schließe ich jedoch aus.

Welche steuerlichen Entlastungen auf Landesebene würden Sie als Abgeordneter unterstützen?
Auf Landesebene gibt es nur begrenzte Möglichkeiten direkte steuerliche Entlastungen zu beeinflussen, da die meisten Steuerarten in Deutschland durch Bundesgesetze geregelt sind. Durch die Schaffung und Unterstützung von Landesförderprogrammen können bestimmte Investitionen steuerlich begünstigt werden. Dies kann durch Zuschüsse, zinsgünstige Darlehen oder andere finanzielle Unterstützungen geschehen, die indirekt steuerliche Entlastungen für Unternehmen und Privatpersonen zur Folge haben. Auch die Kommunalabgaben können auf Landesebene so beeinflusst werden, dass sie Bürger oder Unternehmen entlasten. Ein großer Punkt sind aber auch die unterschiedlichen Höhen der Steuern, z.B. bei der Umsatzsteuer. Das muss einfacher werden. Da sind wir schon bei der Verwaltungsmodernisierung und dem Bürokratieabbau, welcher für mich ebenso zu diesem Punkt gehört.


Wie wollen Sie als Landtagsabgeordneter dafür sorgen, dass der Kreis Nordhausen in Erfurt mehr Gehör findet?
Wir sind Oberzentrum, eine Chance für die Stadt. Der Norden Thüringens braucht aus meiner Sicht dringend mehr Gehör in Erfurt!
Ich würde:
  • auf gezielte Öffentlichkeitsarbeit (Medienpräsenz, Social-Media, Bürgerdialoge) setzen
  • Netzwerkbildung (Kooperationen mit Kollegen (überparteiliche Zusammenarbeit) kann helfen Ideen und Lösungen zu finden), Austausch mit Interessengruppen und bestmöglicher Austausch mit Landespolitikern und Ministerien, um Gehör zu finden
  • Proaktive Themenplatzierung (Anträge und Anfragen, Initiativen starten (Pilotprojekte)) und auch Spezialthemen setzen (zum Beispiel bei mir Sport oder Ehrenamt)
  • Engagement vor Ort (Präsenz im Wahlkreis – weiterhin das Ohr an der Basis haben – sprich am Bürger, in Vereinen, Schulen oder Unternehmen, auch engagierte Bürger einbinden – gemeinsam stark sein)
  • Effektive Kommunikation (klare und verständliche Sprache und im besten Fall Erfolgsgeschichten erzählen)


Leere Stadtkassen und eng geschnallte Gürtel: Was muss sich in der Finanzierung der Thüringer Kommunen zukünftig ändern?
Die Förderung der Finanzierung der Kommunen in Thüringen trotz leerer Kassen erfordert kreative und nachhaltige Ansätze, die sowohl auf kurz- als auch langfristige Effekte abzielen. Der kommunale Finanzausgleich ist hier ein sehr wichtiger Punkt. Die Kommunen bekommen immer mehr Themen auf die Agenda geschoben. Das notwendige Geld, um diese Aufgaben zu lösen, wird leider nicht parallel dazu mitgeliefert. Das muss sich unbedingt ändern. Die Priorisierung von Investitionen – wichtige Projekte die langfristige Vorteile bringen, selbstverständlich auch wirtschaftliche Vorteile. Und natürlich muss eine Effizienzsteigerung her! Durch Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung können Kosten gesenkt und Prozesse beschleunigt werden. Das spart Ressourcen. Zusammenarbeit – gemeinsame Projekte der Kommunen, um knappe Ressourcen zu bündeln. Das spart ebenfalls Kosten und auch viel Zeit. Mehr Unterstützung und Beratung, um auf eventuelle EU-Fördermittel zu setzen. Ein sehr wichtiger Punkt ist auch hier die Förderung von bürgerschaftlichem Engagement, sprich die Stärkung des Ehrenamts. Unterstützung und Ausbau ehrenamtlicher Arbeit, insbesondere in sozialen Bereichen, um kommunale Aufgaben zu entlasten.

Welche Idee haben Sie für das brachliegende Gewerbegebiet Goldene Aue?
Ich kann es nicht verstehen, dass dort noch kein Investor gefunden wurde. Die Lage ist nicht schlechter als z.B. Heiligenstadt. Dort sucht man „einen zweiten Hügel“ auf Grund der Nachfrage, wird erzählt. Für ein brachliegendes Gewerbegebiet zu werben, erfordert eine gezielte Strategie, um Investoren, Unternehmen und potenzielle Mieter anzusprechen. Dazu zählt eine attraktive Präsentation (Webseite, visuelle Inhalte, Referenzprojekte), zielgerichtete Ansprachen, Netzwerkveranstaltungen, Hervorheben der Standortvorteile, Kooperationen und Partnerschaften und Öffentlichkeitsarbeit inkl. social Media für ein positives Image sowie Zukunftsvisionen des Standortes.

Halten Sie den Tourismus in Nordthüringen für einen Wirtschaftsfaktor der Zukunft?
Ein klares JA! Nordhausen ist eine Marke, nicht nur wegen unserem Korn. Wir sind eine abwechslungsreiche Region mit z.B. dem Harz (Berge), Wanderwegen, Wasser (Seen), Sport, Museen, Radwege (im Ausbau), Spielplätzen, Shopping, schnelle Anbindung durch die A38 uvm.. All diese Dinge gilt es zu bündeln und stärker zu bewerben, in z.B. einer APP – Thema Digitalisierung. Unsere Übernachtungsmöglichkeiten wachsen nicht nur in der Quantität, auch in der Qualität. Ein Beispiel dafür ist das tolle Projekt der Tiny-Häuser am Bahnhof, auf einem Parkhaus, von Axel Heck. Es Bedarf in Summe eine gute Marketing- bzw. eine gute Tourismusstrategie, z.B. durch Unterstützung von korrekten Events – für alle Generationen. So habe ich Leute in der Stadt, die man dann natürlich überzeugen muss wiederzukommen. Hier liegt die große Kunst. Ich kann mir auch virtuelle Touren vorstellen. Zum Beispiel durch Entwicklung von VR- oder AR-gestützten Touren, die den Besuchern einen interaktiven Einblick in die Geschichte der Stadt geben.

Wie stehen Sie dem geforderten weiteren Ausbau der Windenergie in Nordthüringen gegenüber?
Ich bin klar dafür, dass wir was für den Klimaschutz machen, mit einem guten Energiemix. Die Erneuerbaren sind die Zukunft, ob man das will oder nicht.
Aber wenn wir es so runterbrechen wie Herr Habeck, verprellen wir uns die Menschen. So wie es gemacht wurde, war es schlecht! Da holt man die Leute nicht ab. Wer versucht Sachen mit Besessenheit und Ideologie umzusetzen, verprellt die Menschen. Zum Beispiel das Heizungsgesetz. Ich stehe zu behutsamen Prozessen. Gestern Schornstein – heute Wärmepumpe wird nicht funktionieren. Nur weil sich ein paar Leute auf der Straße festkleben, sollten wir keine nicht zu Ende gedachten und überschnellen Entscheidungen treffen. Windkraft betrifft die Stadt Nordhausen jetzt nicht direkt. Das Windbeteiligungsgesetz ist allerdings ein interessanter Ansatz. Ich jedoch bin eher bei der Photovoltaik, auf Dächern. Dieses Potential heißt es zu heben. Ackerflächen oder Flächenversiegelung betrachte ich nicht als notwendig. Das Thema wird superspannend, wenn sich die Speichermöglichkeiten noch weiter entwickelt haben.

Sind Sie der Meinung, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk, speziell auf dem MDR bezogen reformiert werden muss?
Fit für die Zukunft machen, jedoch ohne seine grundlegenden Werte und Aufgaben zu vernachlässigen. Die Debatte über die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, einschließlich des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), ist ein vielschichtiges und aktuelles Thema. Unterschiedliche Perspektiven und Argumente prägen diese Diskussion. Es gibt berechtigte Gründe, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu reformieren, insbesondere in Bezug auf Effizienz, Transparenz und Anpassung an digitale Mediennutzungsgewohnheiten. Gleichzeitig sollte jedoch der Kernauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, nämlich die Bereitstellung unabhängiger, qualitativ hochwertiger und gesellschaftlich relevanter Inhalte, nicht gefährdet werden.

Der Freistaat braucht in den nächsten Jahren rund 250.000 neue Arbeitskräfte. Wie kann dieses Problem ihrer Meinung nach gelöst werden? In welchen Branchen sollten Prioritäten gesetzt werden?
Ich soll mich kurz halten in den Antworten. Hier ist das jedoch nicht möglich.
  • Bessere Aufklärung über weitere Bildungswege, deren die Chancen und Möglichkeiten, schon in der Schulzeit – insbesondere zur dualen Ausbildung
  • Die duale Ausbildung attraktiver gestalten – Meisterschule kostenlos, um die Wertigkeit dem des Studiums anzugleichen, ÖPNV im ländlichen Raum verbessern usw.
  • Familienfreundliche Politik – nach der Schule bzw. der Ausbildung die Region nicht verlassen - falls doch, Anreize schaffen wieder zurückzukehren, wo wir dann schon bei der „Willkommenskultur“ sind (ohne Blick aufs Ausland)
  • Ausbildungsprogramme zur Gewinnung von ausländischen Fachkräften intensivieren, jedoch in den Branchen, wo es „brennt“
  • Erleichterte Anerkennung ausländischer Abschlüsse, damit vorhandene Qualifikationen besser eingebracht werden können


Bürgerschaft und Wirtschaft leiden unter hohen Energiepreisen. Wie kann man diesem Problem in Thüringen ihrer Meinung nach begegnen?

Das Problem der hohen Energiepreise in Thüringen (wie auch in vielen anderen Regionen) ist komplex und erfordert ein Bündel an Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen. Es Bedarf schneller Lösungen, da die Abwanderung der Industrie und auch des Mittelstandes ins Ausland bereits angerollt ist. Fakt ist aber auch, die Kosten sind auf dem Niveau vor dem Krieg in der Ukraine. Trotzdem sind wir im europäischen Vergleich noch viel zu hoch. Helfen können staatliche Interventionen und Regulierung, wie ein Energiepreisdeckel. Innovative Technologien weiter fördern, wie z.B. intelligente Stromnetze oder innovative Speichertechnologien. Ein großer Punkt kann auch Aufklärung und Beratung sein. Aufklärungskampagnen und Beratungsangebote, um den Energieverbrauch zu optimieren, bewusstes Heizen uvm. Selbst ich habe da noch Bedarf, meint meine Frau.