10 Tage vor den Landtagswahlen

So ticken Sachsen und Thüringen

Freitag
23.08.2024, 15:09 Uhr
Autor:
psg
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Am 1. September finden in Sachsen und Thüringen Landtagswahlen statt. Wie die aktuelle politische Stimmung in den beiden Bundesländern aussieht, das hat infratest dimap versucht zu "erkunden"...

So würde Sachen wählen (Foto: infratest dimap) So würde Sachen wählen (Foto: infratest dimap)

Sachsen

Zur letzten Landtagswahl in Sachsen verlor die erst 2014 gebildete schwarz-rote Koalition ihre Mehrheit. Das Abschneiden der politisch isolierten AfD blockierte zugleich die Bildung von Zwei-Parteien-Koalitionen.

Wegen des Unvereinbarkeitsbeschlusses zur Linken bei gleichzeitigem Ausschluss eines Minderheitenmodells blieb der CDU als erneut stärkster sächsischer Partei für die Regierungsbildung allein ein Bündnis unter Einbindung von SPD und Grünen. Am Ende der Legislaturperiode überzeugt die Regierungsarbeit dieses Drei-Parteien-Bündnisses 43 Prozent und damit weniger als frühere Landesregierungen im Freistaat, gut die Hälfte (53 Prozent) der Bürgerinnen und Bürger übt Kritik.

Die Unzufriedenheit mit den Regierungsleistungen trifft in Sachsen vor allem die beiden kleineren Koalitionspartner SPD (27:67 Prozent) und Grüne (15:79 Prozent). Die Christdemokraten ziehen weniger Kritik auf sich (53 Prozent), überzeugen mit ihrer Arbeit allerdings auch nur weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten (42 Prozent).

Zugleich wird in der aktuellen politischen Konstellation eine fortgesetzte Regierungsverantwortung der sächsischen CDU und des amtierenden Ministerpräsidenten eindeutig favorisiert: 58 Prozent der Wahlberechtigten unterstützen eine erneut CDU-geführte Landesregierung, 27 Prozent einen politischen Wechsel hin zur AfD. Ebenfalls 58 Prozent ziehen Michael Kretschmer im Ministerpräsidentenamt dem AfD-Herausforderer Jörg Urban vor, für den sich 20 Prozent aussprechen.

Die Parteipräferenzen zehn Tage vor der Landtagswahl schließen einen knappen Sieg der CDU in Sachsen nicht aus. Die CDU käme aktuell auf 31 Prozent (+2 zu Juni). Sie würde damit leicht unter ihrem Ergebnis von 2019 (32,1 Prozent) bleiben. Die Grünen (2019: 8,6 Prozent) könnten mit 6 Prozent (-1 zu Juni), die Sozialdemokraten (2019: 7,7 Prozent) unverändert zu Juni mit 7 Prozent rechnen. Die AfD würde mit aktuell 30 Prozent (+/-0 zu Juni) einen Höchststand bei Landtagswahlen in Sachsen (2019: 27,5 Prozent) erzielen. Auf Platz 3 läge das BSW, das aus dem Stand 14 Prozent (-1 zu Juni) erreichen würde. Die Linke (2019: 10,4 Prozent) dagegen würde mit 4 Prozent (+ 1 zu Juni) erstmals bei einer ostdeutschen Landtagswahl an der Mandatsschwelle scheitern. Alle übrigen Parteien blieben jeweils unter 3 Prozent, darunter auch die FDP (2019: 4,5 Prozent).

Bei einem Wahlausgang am 1. September entsprechend dieser Sonntagsfrage wäre eine Mehrheit für das amtierende Regierungsbündnis aktuell ungewiss. Als rechnerische Alternative bliebe der CDU, abgesehen vom politisch ausgeschlossenen Bündnis mit der AfD, allein eine Koalition mit dem BSW.

Thüringen

So würde Thüringen wählen (Foto: infratest dimap) So würde Thüringen wählen (Foto: infratest dimap)
Die Landtagswahl 2019 in Thüringen endete mit einem Rekordergebnis für die Partei von Ministerpräsident Bodo Ramelow. Das Erfurter Bündnis von Linken, SPD und Grünen verlor allerdings seine Mehrheit, es regierte in den folgenden Jahren als Minderheitskoalition. Für diese politisch ungewöhnliche Regierungskonstellation ziehen die thüringischen Wahlberechtigten am Ende der Legislaturperiode eine kritische Bilanz: 39 Prozent sind mit der Arbeit der Landesregierung zufrieden, 57 Prozent unzufrieden. Sein zur letzten Landtagswahl erreichter Zuspruch wird im Freistaat vom Drei-Parteienbündnis verfehlt.

Auch Bodo Ramelow selbst reicht an die Unterstützung der Thüringer von 2019 nicht heran: Vor dieser Wahl beurteilen ihn 50 Prozent als einen guten Ministerpräsidenten, nach 70 Prozent vor fünf Jahren. Ebenso ist die Unterstützung für eine erneut Linken-geführte Landesregierung in Thüringen deutlich auf nunmehr 24 Prozent gesunken, während die Sympathien für einen Wechsel in der Staatskanzlei auf 68 Prozent gewachsen sind.

Unter den Wechselbefürwortern im Bundesland besteht allerdings wenig Einigkeit zu dessen parteipolitischer Richtung: Ein Drittel von ihnen favorisiert in Thüringen für die kommenden fünf Jahre eine Regierung unter CDU-Führung (35 Prozent), kaum minder viele sprechen sich für eine Regierung unter Führung der AfD (33 Prozent) aus. 19 Prozent setzen auf eine BSW-geführte Landesregierung.

Zugleich ist die Zugkraft der Spitzenkandidaten dieser drei Parteien begrenzt: Jeder Vierte (23 Prozent) traut Mario Voigt von der CDU zu, ein guter Ministerpräsident zu sein. Bei Björn Höcke von der AfD sind es 17 Prozent der thüringischen Wahlberechtigten, bei Katja Wolf von der Linken-Abspaltung BSW 16 Prozent. Bei allen dreien überwiegt die Skepsis, die meisten Zweifel an der Eignung für das Amt des Ministerpräsidenten haben die thüringischen Bürger bei Björn Höcke.

Die Parteipräferenzen zehn Tage vor der Landtagswahl lassen in Thüringen eine erneut schwierige Regierungsbildung erwarten. Die Linke käme aktuell auf 13 Prozent (+2 zu Juni) und würde damit weit hinter ihrem Ergebnis von 2019 (31,0 Prozent) zurückbleiben. Auch ihre beiden Erfurter Koalitionspartner müssten sich auf Einbußen einstellen. Während die SPD (2019: 8,2 Prozent) mit 7 Prozent (+/-0 zu Juni) weiter im Landtag vertreten wäre, würden die Grünen (2019: 5,2 Prozent) mit 3 Prozent (-1 zu Juni) an der Mandatsschwelle scheitern.

Stärkste Partei wäre bundesweit erstmals bei Landtagswahlen die AfD, die mit aktuell 30 Prozent (+2 zu Juni) einen Höchststand (2019: 23,4 Prozent) erzielen würde. Hinter ihr läge die CDU, die mit 23 Prozent (+/-0 zu Juni) etwas besser abschneiden würde als vor fünf Jahren (21,7 Prozent), gefolgt von der Parteineugründung BSW, die derzeit mit 17 Prozent (-4 zu Juni) rechnen könnte. Die FDP, 2019 (5,0 Prozent) knapp in den Landtag eingezogen, würde an der Mandatsschwelle scheitern, ebenso alle übrigen Parteien, die zusammen genommen auf einen Anteil von 7 Prozent kommen.

Bei einem Wahlausgang am 1. September entsprechend der aktuellen Sonntagsfrage wären politisch erprobte Koalitionen in Thüringen wie schon 2019 ohne rechnerische Mehrheit. Eine Regierungsbildung ohne die AfD wäre bei einem solchen Ergebnis in Thüringen nur mit einem Drei-Parteien-Bündnis unter Einschluss des BSW möglich.

Für beides Sonntagsfragen gilt: Die Sonntagsfrage misst aktuelle Wahlneigungen und nicht tatsächliches Wahlverhalten. Sie ermittelt einen Zwischenstand im Meinungsbildungsprozess der Wahlbevölkerung, der erst am Wahlsonntag abgeschlossen ist. Rückschlüsse auf den Wahlausgang sind damit nur bedingt möglich. Viele Wählende legen sich kurzfristig vor einer Wahl fest. Eine große Bedeutung hat zudem die letzte Phase des Wahlkampfs mit der gezielten Ansprache von unentschlossenen und taktischen Wählenden. Bewegungen sind damit bis zum 1. September weiterhin möglich.