Merz und Voigt beim „Hackepeter“

Zum Auftakt mit Gefühl

Mittwoch
21.08.2024, 16:11 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Großer Aufschlag heute in Nordhausen, zum „Hackepeter bei Peter“ hatte sich die Parteiprominenz der CDU eingefunden, allen voran der Bundesvorsitzende Friedrich Merz und der Thüringer Spitzenkandidat, Mario Voigt. Vor gefüllter Halle erklärte man, warum mit den Christdemokraten alles besser wird…

Friedrich Merz zu Gast beim "Hackepeter bei Peter" in Nordhausen (Foto: agl) Friedrich Merz zu Gast beim "Hackepeter bei Peter" in Nordhausen (Foto: agl)


„Shake hands“ und „Who is Who“ heute vor den „Jungen Sternen“, das Peter Autohaus in der Halleschen Straße in Nordhausen war am Vormittag gut gefüllt mit allerlei Nordthüringer Wirtschafts- und Politprominenz. Der Herr am Platze, Helmut Peter, hat zum „Hackepeter bei Peter“ das große Rad gerührt und die Herren Merz und Voigt zum Wahlkampfauftakt nach Nordhausen geholt.

Aber eigentlich muss es natürlich Gehacktes heißen, merkt der Hausherr alsbald an und das gab es auf’s Brötchen mit Zwiebeln, wie es sich gehört. Saure Gürkchen optional und wem es nach Senf gelüstete, der fand Becher mit dem Konterfei des Spitzenkandidaten Mario Voigt vor. Bornsenf versteht sich, mittelscharf, so geht subtiles politisches messaging heute.

Ansonsten gerierte man sich wenig zurückhaltend, unter voller medialer Aufmerksamkeit schickte man sich an die letzte, heiße Phase des Thüringer Landtagswahlkampfes zu eröffnen.

Mit Habeck geht das Land zu Grunde
Den ersten Aufschlag erfolgt mit Schützenhilfe aus Sachsen-Anhalt, Wirtschafts- und Landwirtschaftsminister Sven Schultze, stellte seine Sicht auf Thüringen dar. Wer erfolgreich sein wolle, der brauche Verbündete, dann könne man auch für Ausbildungsdilemma, Handwerkermangel und Nachfolgesorgen Lösungen finden. In der Thüringer Regierung finde man die nicht und schon gar nicht in Berlin, zusammen könne man erfolgreich sein, mit Habeck geht das Land zu Grunde. Thüringen brauche deswegen den Neuanfang mit Mario Voigt an der Spitze.

Das Nordhäuser Angebot
Der Grundtenor war für den Vormittag damit gesetzt, ehe die beiden Hauptredner aber weiter ausholen durften, waren erst einmal die regionalen Kandidaten dran. Carolin Gerbothe, 32jährige Beruffschullehrerin aus Obersachswerfen und leidenschaftliche Traktorfahrerin wird für die CDU auf dem Landkreisticket antreten.

Rettungssanitäter Markus Volkmann will das Stadtvolk von seiner Eignung für den Landtag überzeugen und ist nicht nur von Berufs wegen nah am Menschen dran, sondern auch über diverse Ehrenämter von der Feuerwehr bis zum Ortsteilbürgermeister für Urbach.

Noch einmal mit Gefühl
Dann Voigt, der Spitzenkandidat. Der Ostthüringer meint, der Norden werde in Erfurt nicht genug gesehen - damit sammelt man nördlich des Kyffhäuser garantiert Punkte - und müsse sich so entwickeln können, wie andere Regionen auch. Um das aber zu bewerkstelligen, müsse man erst einmal den „Stillstand“ überwinden. Das „Deutschlandgefühl“, das „Thüringengefühl“ sei schlecht und so könne es nicht weitergehen. Statt relevante Themen wie die Gesundheitsversorgung anzusprechen kümmere man sich lieber um Cannabislegalisierung und Geschlechterwechsel. An den Bürgerstammttischen, sagt Voigt, fände sich mehr gesunder Menschenverstand als in Berlin.

Der CDU Spitzenkandidat für Thüringen, Mario Voigt (Foto: agl) Der CDU Spitzenkandidat für Thüringen, Mario Voigt (Foto: agl)


Die eigentliche Frage sei aber, wie man sein Heimatland begreife. Ein „Land der Fleißigen“ sei Thüringen. doch in diesem Freistaat hätten es die Fleißigen, die Leistungsträger schwer, würden nicht ernst genommen sondern von der Bürokratie gegängelt und den Energiekosten gebeugt.

Thüringen brauche deswegen wieder eine echte wirtschaftsfreundliche Regierung. Die Bürokratie werde man halbieren, die Investitionen verdoppeln, verspricht Voigt und spricht eine „acht Wochen Garantie“ aus: wenn ein Antrag nach Ablauf dieser Frist nicht bearbeitet wurde, soll er als angenommen gelten.

Weiter auf der Agenda: wer arbeiten kann, der soll auch arbeiten gehen, man müsse zurückfinden zu einer Philosophie der Leistungsgesellschaft und einer Kultur der Anstrengung, im Beruf wie in der Bildung. Noten müsse es ab Klasse 2 geben, auch Kopfnoten. Wer Fleiß zeige, müsse belohnt werden, etwa in dem man Überstunden von der Steuerlast befreie.

Eine „ideologische Gängelung“ werde es mit der CDU nicht geben, man werde den Menschen nicht vorschreiben wie sie zu heizen oder sich fortzubewegen hätten. Statt einer „Pendlerregierung“ müsse es ein Thüringer Kabinett mit Thüringer Experten geben.

Beim Thema Migration habe die CDU nicht immer alles richtig gemacht, das müsse man „hart und klar“ sagen und auch korrigieren. Erste Schritte seien unternommen worden, die Idee der Bezahlkarte etwa kam von einem CDU Landrat und müsse in der Fläche eingeführt werden. Eine Arbeitsverpfichtung in Gemeinschaftsunterkünften wie man sie im Saale-Orla Kreis praktiziere sei ebenfalls ein gutes Vorbild.
„Wer hier ist, der soll was beitragen und wer Steuern zahlt und unsere Regeln einhält, der ist auch willkommen.“, sagt Voigt. Abschiebungen werde man über ein gemeinsames „Rückführungszentrum“ in Zusammenarbeit mit Sachsen und Bayern besser organisieren können.

Wir sind bereit
Für die Wahl am 01. September wirbt Voigt um einen Vertrauensvorschuss, in zehn Jahren Oppositionsarbeit habe man viel gelernt, nun sei man bereit und könne auch durchsetzen was man verspreche.

Der aufmerksame Zuhörer mag sich vielleicht gefragt haben, wo die CDU den politischen Gegner verortet und bis hierhin lautet die Antwort: Rot-Rot-Grün in Erfurt und die Ampel in Berlin, allen voran Habeck und die Grünen. In den Umfragen dominiert freilich eine andere Farbe noch vor der CDU und die ist an keiner Regierung beteiligt. Noch nicht.

Zum Ende seiner Rede lässt sich Voigt doch noch zu ein paar Salven gen AfD hinreißen. Herr Höcke und seine Partei seien eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort Thüringen, einer der ernsthaft mit dem EU-Austritt kokettiere und meint, man könne auf ein Viertel der Thüringer verzichten, der sei eine Katastrophe für das Land und werde nichts als weiteren Stillstand bringen. „Bei Höcke nimmt keiner den Hörer ab“, sagt Voigt.

Damit dieses Szenario ein fiktives bleibt, solle man das Kreuz bitte bei den Christdemokraten machen, es werde ein knappes Rennen bei dem jede Stimme zähle. Wer also Höcke verhindern wolle, der müsse CDU wählen und bekomme eine „stabile Regierung mit Anstand und Vernunft“.

Europa blickt auf diese Wahl
Wo Voigt endet knüpft Merz an. Nicht nur Thüringen und die Republik blickten mit Spannung auf den Urnengang, ganz Europa blicke auf das Land und frage sich: „Was ist los mit Deutschland?“. Man habe das Gefühl, das hier etwas ins rutschen und wanken gerate. Dem Kanzler entgleite die eigene Regierung, die sich in gegenseitigen Beschimpfungen verliere und der Regierung entgleite gleichsam das Land. Die Welt befinde sich im Wandel, in Deutschland spiele man „Bullerbü“

Die Rolle, die der viertgrößten Volkswirtschaft des Planeten und dem bevölkerungsreichsten und stärksten Mitglied der europäischen Union zukomme, sollte eine andere sein. Die Berliner Regierung sei diesem Anspruch nicht gerecht geworden und sei nicht in der Lage, in einer weltweit schwierigen Lage, den Kurs vorzugeben und zu halten.

Der gemeinsame Binnenmarkt sei der größte Erfolg der europäischen Einigung und Deutschland habe ein elementares Interesse daran, das dass so bleibt. Die Wirtschaftspolitik Deutschland sei hier maßgebend, man müsse sich wieder aktiv an der Gestaltung der europäische Idee beteiligen, nicht umsonst sei die soziale Marktwirtschaft nach 1990 zum Erfolgsmodell geworden, an dem sich auch andere orientierten.

Habeck aber zeige aber keine Flagge. Nein, man bezeichne sich selbst nun als „Übergangsregierung“. „Wenn sie nicht regieren können, dann sollen sie aufhören“, fordert Merz.

Den eigenen „Tanker CDU“ habe man in den letzten Jahren auf einen neuen Kurs bringen können, auch in Sachen Flüchtlingspolitik. In der Opposition könne man in Moment aber nur fordern und sei nicht in der Lage, auch den Nachweis zu erbringen.

Gelernt habe man auch, das materieller Wohlstand alleine nicht ausreiche, die Unzufriedenheit gerade im Osten des Landes habe das gezeigt. Es brauche Zusammengehörigkeit, emotionale Bindung, Zukunftsperspektive und Zuversicht in der Gesellschaft.

Die Problem des Landes sind lösbar
Merz beschwört Einigkeit, man müsse manches neu denken, korrigieren, besser machen. Das Land habe die „Substanz für Zuversicht“, die Basis sei weiter sehr stark auch dank einer breit gefächerten Wirtschaft.

Der CDU Chef unterstreicht dabei aber auch, dass die Welt und das Land in Veränderung begriffen seien. Was heute ist, muss morgen nicht sein. Der Unterschied zur Ampel-Regierung sei die Frage, wie man dem Wandel begegne. Der „Bundesheizungsminister“ mache Vorgaben und „Grüne Ideologie“ fahre das Land vor die Wand, bei der CDU wolle man die Klimaneutralität ohne Verbote erreichen. Das „Mindset“ müsse sich ändern, weg von Ausstiegsdebatten und Bedrohungsszenarien. Die Welt werde morgen und auch übermorgen nicht untergehen.

BSW, Raketen und Steuerrecht
Damit war das Podium für die Fragen der Besucher eröffnet. Hier wollte man unter anderem wissen, wie es Voigt mit dem „Bündnis Sarah Wagenknecht“ hält, wie man die Stationierung von Langstreckenraketen sieht, wie das Energieproblem gelöst und Unternehmen entlastet werden können. Das „BSW“, sagt Voigt, besteht in Thüringen aus 45 Leuten, die nur ein einziges Thema hätten und so könne man kein Land führen. Was in Thüringen passiert, dürfe nicht in Saarbrücken entschieden werden.

Über die Stationierung von Mittel- und Langstreckenraketen sollte man nicht mit einem Federstrich entscheiden, führte Merz aus, unterstrich aber auch, das der Erhalt der Freiheit auch auf militärischer Stärke fuße, das habe die Geschichte immer wieder gezeigt. Es gelte auch heute noch: si vis pacem, para bellum.

Es gebe viele Fragestellungen, die man diesbezüglich offen diskutieren müsse, unfraglich sei aber, dass man in der EU, der NATO und der Bundesrepublik verteidigungsfähig sein müsse. Weltpolitik werde aber nicht in Erfurt entschieden, hier müsse man sich auf Thüringer Themen konzentrieren.

In der Energiefrage müsse Deutschland jede zur Verfügung stehende Quelle nutzen die man habe, eine stabile Grundversorgung ließe sich über eine Öffnung des Binnenmarktes und Kooperationen mit den direkten Nachbarn erreichen.

An Fragen mangelt es nicht, auch nicht an Leuten, die der CDU Prominenz applaudieren, die Zeit wird knapp, der Tross muss weiterziehen. Das Tagesprogramm sieht Auftritte im Unstrut-Hainich-Kreis und in Erfurt vor. Dort dann allerdings ohne Gehacktes.
Angelo Glashagel