Nachgefragt

Spagat auf sehr dünnem Eis

Donnerstag
18.07.2024, 18:15 Uhr
Autor:
psg
veröffentlicht unter:
Die von Grünen-Minister Robert Habeck geplante Stilllegung der Gasnetze stößt auf Kritik. Kritisch sieht das auch die AfD-Stadtratsfraktion und hat eine Anfrage an das Nordhäuser Rathaus gestellt. Die Antwort ist äußerst interessant...


Der Präsident des ifo-Instituts, Clemens Fuest, sagte zum Beispiel, es wäre riskant, funktionierende Anlagen abschalten zu wollen, bevor klar ist, ob und wie neue Anlagen funktionieren. Auch der Chef des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, Achim Wambach, warnte vor Wohlstandsverlusten. All diese Fakten zeigen, dass das Szenario leider real ist – und gefährlich, gerade für eine Stadt wie Nordhausen im ländlichen Raum und mit ländlich geprägten Ortsteilen. Auch hier überholt die Ideologie die Realität.

Mit Blick auf die Ankündigung der Stadtwerke Augsburg, die Gasnetze aufgrund der Klimaziele bereits in den nächsten zehn Jahren komplett stillzulegen, hat die AfD-Fraktion folgende Fragen an den Oberbürgermeister als Aufsichtsratsvorsitzenden der Energieversorgung Nordhausen (EVN) / EVN Nordhausen Netz GmbH:
  • Wieviel Prozent der Haushalte in Nordhausen und in den Ortsteilen verfügen über einen Gasanschluss und wieviel Menschen werden so insgesamt mit Gas versorgt?
  • Sind die Stadt Nordhausen, die EVN oder die EVN Nordhausen Netz GmbH von den Stilllegungsabsichten betroffen?
  • Wenn nein, bis zu welchem Jahr kann eine Stilllegung für das Versorgungsgebiet der EVN bzw. EVN Nordhausen Netz GmbH definitiv ausgeschlossen werden?
Beantwortung durch den Oberbürgermeister, der diese Fragen an die EVN weitergeleitet hat

„Antwort zu Frage 1:
Im Netz sind 6.463 Gasanschlüsse und 8.537 Zähler/Anschlussnutzer zum 31.12.2023 registriert (Veröffentlichung auf der Homepage der Nordhausen Netz GmbH). Hypothese 1: Wenn pro Erdgaszähler 2 Mieter das Erdgas nutzen, werden 17.074 Kunden versorgt (8.537 * 2). Hypothese 2: Wenn in Nordhausen und OT 40.000 Menschen wohnen, entspricht die Anzahl der mit Erdgas versorgten Kunden 43 % (17.074/40.000). Als Quelle der Zahlen der Haushalte in Nordhausen diente der statistische Jahresbericht der Stadt Nordhausen.

Antwort zu Frage 2 und Frage 3:
Im Zuge eines Ideenpapiers des Bundeswirtschaftsministeriums und unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen im Energiebereich, insbesondere der zunehmenden Fokussierung auf alternative Energiequellen, sieht sich die EVN veranlasst, eine strategische Neuausrichtung in Bezug auf das bestehende Erdgasnetz vorzunehmen.

Das Bundeswirtschaftsministerium, geleitet von Robert Habeck (Grüne), hat in seinem besagten Papier die Prognose getroffen, dass die Nachfrage nach Erdgasnetzen voraussichtlich deutlich abnehmen wird. Diese Einschätzung basiert auf einer Vielzahl von Faktoren, darunter die verstärkte Nutzung alternativer Energieträger sowie technologische Fortschritte im Bereich der Energieeffizienz. In Anbetracht dieser Entwicklungen und unter Berücksichtigung der Verantwortung im Hinblick auf die aktuellen politischen Rahmenbedingungen, plant die EVN, das Erdgasnetz in Nordhausen bis spätestens 2045 umzuwidmen oder stillzulegen. Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass gegenwärtig niemand mit absoluter Sicherheit sagen kann, dass ein Erdgasnetz keine Zukunft hat bzw. wann die erste Leitung in Nordhausen tatsächlich stillgelegt werden kann.

Die EVN ist sich der Dynamik und der Unsicherheiten in diesem Bereich bewusst und wird entsprechend flexibel und vorausschauend agieren müssen. Es ist ihr Ziel, diesen Übergang in enger Zusammenarbeit mit der Stadt Nordhausen zu gestalten. Eine wesentliche Voraussetzung für die Umsetzung eines konkreten Umstellungsszenarios bildet die kommunale Wärmeplanung, die bis 2028 abgeschlossen sein muss. Dies ermöglicht eine transparente und effektive Transformation mit einer entsprechenden Zeitschiene, um einen reibungslosen Übergang sicherzustellen.

Des Weiteren streben wir an, Nordhausen bis zum Jahr 2029 an die Wasserstoffinfrastruktur des vorgelagerten Netzbetreibers TEN Thüringer Energienetze GmbH & Co KG anzuschließen. Dieser Schritt soll es zunächst Industrie und Gewerbe ermöglichen, Zugang zu Wasserstoff über leitungsgebundene Infrastruktur zu erhalten und somit einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung der Energieversorgung zu leisten.

Die EVN ist sich bewusst, dass diese Veränderungen für die Stadt Nordhausen und deren Einwohner Herausforderungen mit sich bringen wird. Dennoch sind wir überzeugt, dass dieser Schritt notwendig ist, um langfristig eine nachhaltige und zukunftsfähige Energieversorgung sicherzustellen. Die EVN wird ihren Teil dazu beitragen, diesen Übergang so reibungslos wie möglich zu gestalten und steht für Fragen und weiterführende Informationen jederzeit zur Verfügung.“