ULF ZASPEL ERZÄHLT:

Die Sage von der Goldenen Aue

Mittwoch
17.07.2024, 10:24 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Wenn in  der  „Goldene Aue“  im Mai  der Raps im vollem Blütensegen steht, scheint diese  tatsächlich vergoldet  zu sein. Früher nannte man die Gegend deshalb  „Güldene Aue“.  Genau so ist es,  wenn sich der Weizen im Herbst der Ernte nähert.  Bei Nordhausen heißt die Gegend  „Goldene Aue“ und bei Sangerhausen die „Diamantene Aue“...
 
Doch  nicht immer war dies  fruchtbare Ackerscholle.  In grauer Vorzeit war die heutige „Goldene Aue“  ein reines Sumpfgebiet, als Mooraue bekannt. Niemand wage sich in die Gegend, denn hier  hausten mächtige und gefährliche Tiere wie der germanische Ur auch Auerochse genannt, welcher der Vorfahr aller heutigen Hausrinderrassen war und längst aus gestorben ist.
 
Auch Wasserfeen und Wassermänner trieben hier ihr Unwesen, und an heißen Abenden flackerten Irrlichter.  Menschen, welche diesen folgten, kehrten nie zurück. So mieden die Menschen die Gegend, denn es war hier nicht geheuer und gefährlich. Im Westen der Aue, beim heutigen Nordhausen, floss ein Fluss, welcher im Frühjahr oft die Felder überschwemmte und deshalb  Sorge hieß, es ist der heutige Fluss Zorge.
 
Nur eine kluge Kräuterfrau und große Zauberin lebte in der Aue auf einer Insel, wo sich heute die Aumühle befindet. Obwohl sie eine Meisterin der weißen Magie war, mieden die Menschen sie meist. Der Name der Kräuterfrau war Helma oder vielleicht auch Helme, dies ist in den dunklen Zeitläufen verloren gegangen.
 
Helma braute aus den Pflanzen im Moor Arzneien. Aus der Rinde der Weide Wundpflaster, aus der Wasserminze Tee gegen Husten und aus dem Echten Mädesüß ein  Schmerzmittel. Auch den giftigen Wasserschierling wusste sie wohl einzusetzen.
 
Da es in der Mooraue kein sauberes Wasser gab, holte sie reines Quellwasser vom Salzaspring beim heutigen Nordhausen. Der gute Geist dieser Quelle war der Kobold Waldmeister. Oft brauten sie zusammen Kräutersude und begründeten damit auch die Branntweinherstellung in Nordhausen, welche bis heute Bestand hat.
 
Wenn ein Mensch oder ein Zwerg sich in den Bergbaustollen des Harzes verletzt hatte, versagte sie niemals ihre Hilfe. Bezahlung verlangte sie nie, nur die Neuigkeiten des Harzes wollte sie wissen. Dereinst in einem sehr heißen Sommer versiegten die Wasser und die Felder des Harzes vertrockneten. Auch der Bergbau war nicht mehr fündig, so das eine große Not über die Menschen des Harzes kam.

Da fassten diese sich ein Herz und beschlossen zur weisen Kräuterfrau Helma zu gehen und diese um Rat zu bitten. Eine Abordnung der Menschen und Zwerge ging an den Rand der Mooraue und wie aus dem Nichts erschien die Zauberin und Kräuterfrau Helma.
 
Da Helma das zweite Gesicht hatte, kannte sie die Not der Menschen und sprach die rätselhaften Worte: „ Gold, Diamanten und Karfunkelsteine liegen direkt unter eurem Beine, frisch ans Werk, nehmt den Spaten zur Hand, genau dies ist das rechte Land." In einem goldenen Nebel zerfloss die Zauberin Helma und ward nicht mehr gesehen, nur von Ferne tönte es: „Grabt nur, grabt nur!"
 
Nun, da die Menschen gehört hatten, dass zu ihren Füßen Schätze liegen sollten, gingen sie frisch ans Werk und gruben. Um die Edelsteine erreichen zu können,  legten sie nach und nach die Aue trocken und Entwässerungsgräben an. Das gewonnene Land war sehr fruchtbar und gab den Bewohnern ein Auskommen.
 
Nach und nach ging das Wissen um die Worte der Zauberin Helma verloren und in die Legendenwelt ein. Nur der Fluss, der aus den unzähligen Wasserläufen der Mooraue entstand, wurde in Erinnerung an die Zauberin nach ihr benannt, wir kennen diesen heute unter dem Namen Helme.
 
Gold und Karfunkelsteine wurden in der Goldenen Aue nie gefunden, aber ein viel wertvollerer Schatz entstand: sehr fruchtbares Ackerland, welches vielen fleißigen Bauern ein Auskommen ermöglicht. Noch heute gehört die Goldene Aue zu den ertragreichsten Gegenden in Deutschland.
 
So trägt die Goldene Aue zu Recht Ihren Namen, denn ihr fruchtbares Ackerland ist wertvoller als Gold und Edelsteine.
 Ulf Zaspel