Saisonumfrage

Gastgewerbe mit angezogener Handbremse

Montag
15.07.2024, 19:36 Uhr
Autor:
nis
veröffentlicht unter:
Das sachsen-anhaltische Gastgewerbe schätzt seine Geschäftslage gut ein, blickt allerdings pessimistisch auf die Sommersaison 2024. Laut der aktuellen Saisonumfrage der Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie und Handelskammern Halle-Dessau und Magdeburg (LAG) beträgt der durchschnittliche Geschäftsklimaindex der Branche 126 Punkte und ist damit im Vorjahresvergleich gefallen...

„Knapp ein Drittel der befragten Unternehmer melden eine gute Geschäftslage. Leider enden hier die guten Nachrichten. Das Gastgewerbe kämpft mit Umsatzrückgängen. 38 Prozent der Hoteliers melden zudem gesunkene Bettenauslastungen. Der Geschäftsreisesektor ist nach wie vor instabil, Urlauber und einheimische Gäste reagieren mit Konsumverzicht auf allerorts gestiegene Preise. Der Kostendruck in den gastgewerblichen Unternehmen ist nach wie vor enorm, hohe Energie-, Lebensmittel- und Rohstoffpreise können teilweise nicht über Preisanhebungen kompensiert werden.“, erklärt Antje Bauer, Geschäftsführerin für Starthilfe und Unternehmensförderung der IHK Halle-Dessau.

„Mehr als die Hälfte der Befragten muss aufgrund der Rückkehr zum „Alten“ Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie erneut Preisanpassungen vornehmen, obwohl die Preise bereits erhöht wurden“, ergänzt Susanne Eva Dörrwand, Geschäftsführerin Handel, Tourismus, Dienstleistungen und Unternehmensförderung der Industrie und Handelskammer Magdeburg.

So verwundert es nicht, dass der Blick nach vorn eher pessimistisch ist. Lediglich 17 Prozent rechnen im Sommer mit besseren Geschäften. Obwohl dieser die Hauptsaison für einen Großteil der Unternehmen darstellt, rechnen 29 Prozent mit einer schlechteren Lage gegenüber der Vorsaison. Hohe Energiepreise gehören für 72 Prozent der befragten gastgewerblichen Unternehmen zu den größten Risiken für ihre wirtschaftliche Entwicklung. 71 Prozent sehen gestiegene Lebensmittel- und Rohstoffpreise als problematisch an, über die Hälfte der Befragten kritisieren die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Zusätzlich werden hohe Arbeitskosten (59 Prozent) und der Fachkräftemangel (50 Prozent) als wirtschaftliche Risiken für die Unternehmensentwicklung bewertet. Trotz wachsender Lohnkosten möchten laut Befragung 69 Prozent der gastgewerblichen Unternehmen ihren Personalbestand stabil halten, sechs Prozent wollen aufstocken. Ein Viertel der Befragten will zukünftig Personal abbauen. Die Investitionsbereitschaft ist weiterhin rückläufig. Die Hälfte aller Unternehmen im Gastgewerbe sehen keinen finanziellen Spielraum für Investitionen. Mehr Investitionen planen sechs Prozent, ein Viertel wird das Investitionsniveau gleich halten. Knapp ein Drittel der Befragten verzeichnet aktuell keine finanziellen Auswirkungen auf die eigene Finanzlage, 37 Prozent kämpfen jedoch mit Eigenkapitalrückgängen, 28 Prozent mit Liquiditätsengpässen und zehn Prozent mit zunehmenden Forderungsausfällen. Die gegenwärtige Lage mache es für fast ein Drittel der Befragten unmöglich, ihre Umsatzentwicklung für das laufende Geschäftsjahr einzuschätzen.

Die Ergebnisse im Einzelnen:


Das Beherbergungsgewerbe schätzt seine Geschäftslage in der abgelaufenen Wintersaison 2023/2024 positiv ein. Der Saldo sinkt jedoch um fünf Punkte gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Umsatzentwicklung gegenüber dem Vorjahr liegt per Saldo im positiven Bereich (plus vier Punkte). 40 Prozent der befragten Hoteliers melden eine gesunkene Zimmerauslastung. 43 Prozent der Unternehmer melden Eigenkapitalrückgänge und knapp ein Viertel Liquiditätsengpässe. Wirtschaftliche Risiken sehen die Befragten in den hohen Energiekosten (69 Prozent), den gestiegenen Lebensmittel- und Rohstoffkosten (62 Prozent), in den hohen Arbeitskosten (53 Prozent) und im Fachkräftemangel (44 Prozent). Über die Hälfte der Befragten ist mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unzufrieden. Wirtschaftspolitisch kritisiert die Branche vor allem die Planungsunsicherheit für Unternehmer, den zu hohen Bürokratieaufwand sowie die Höhe der gesetzlichen Abgaben und Steuern.

Knapp ein Viertel (23 Prozent) der Gastronomen schätzen ihre Geschäftslage in der Wintersaison 2023/2024 als gut ein. 40 Prozent der Befragten melden nach wie vor sinkende Umsätze gegenüber der Vorsaison. Die Gastronomie blickt pessimistisch in die Sommersaison 2024 (Saldo minus 16 Punkte). Zwei Drittel der Gastronomen müssen aufgrund hoher bzw. steigender Kosten weitere Preiserhöhungen vornehmen. Die aktuelle Finanzlage führt bei 43 Prozent der gastgewerblichen Unternehmen zu Eigenkapitalrückgängen und bei knapp einem Drittel zu Liquiditätsengpässen. Das Hauptrisiko für die wirtschaftliche Entwicklung sehen die Befragten in den hohen Lebensmittel- und Rohstoffpreisen (81 Prozent). Zudem werden die gestiegenen Energiepreise (75 Prozent), hohe Arbeitskosten (65 Prozent) und der Fachkräftemangel (57 Prozent) als große Risiken eingestuft. Knapp die Hälfte der Gastronomen sehen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als unternehmerisches Risiko. Speziell werden hier das Auslaufen der Mehrwertsteuer-Senkung für die Gastronomie zum Jahresende 2023, die hohe Inflation, Preisentwicklung und sprunghafte politische Entscheidungen benannt. 59 Prozent der Befragten versuchen ihren Mitarbeiterbestand zu halten, 32 Prozent melden abnehmende Beschäftigungszahlen und neun Prozent planen Personal neu einzustellen.

Auch der Geschäftsklimaindex der Reisebüros und -veranstalter ist gegenüber dem Vorjahr um zehn Punkte gesunken. 60 Prozent der Befragten melden eine gute Geschäftslage. 41 Prozent verzeichnen zudem gestiegene Umsätze. Hierfür verantwortlich sind hauptsächlich Umsätze durch Urlaubsreisebuchungen. Mit einer gleich bleibenden Lage rechnen 56 Prozent der Unternehmer, die jedoch von weiter steigenden Preisen begleitet werden (82 Prozent). Die aktuelle Finanzlage ist bei 40 Prozent der Befragten in der Reisebranche durch Eigenkapitalrückgang und bei 20 Prozent durch zunehmende Forderungsausfälle geprägt. Wirtschaftliche Risiken für die Entwicklung des eigenen Unternehmens sehen die befragten Reisebüros, Reisevermittler und -veranstalter in den hohen Energie- und Rohstoffpreisen (51 Prozent) und in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (73 Prozent). Hier kritisiert die Branche vor allem die Insolvenzgefahr bei Reiseveranstaltern, Unruhen im Ausland und steigende Preise.