Wer beseitigt den Riesen-Bärenklau?

Invasive Art auf dem Vormarsch

Donnerstag
11.07.2024, 20:00 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Ob Heracleum mantegazzianum, so der wissenschaftliche Name des Riesen-Bärenklaus, nun 1815 als Geschenk des Zaren Alexander I. an Fürst Clemens Metternich nach Böhmen und damit nach Mitteleuropa kam, oder aber als Bienenfutterpflanze für die Imkerei; die Auswirkungen des mittlerweile eingebürgerten, invasiven Fremdlings aus dem Kaukasus sind fatal...

Diese eindrucksvollen Riesen-Bärenklau-Exemplare  an einem Ackerrand in der Nähe von Obersachswerfen machen die Romantik eines Sommerabends perfekt. (Foto: B.Schwarzberg) Diese eindrucksvollen Riesen-Bärenklau-Exemplare an einem Ackerrand in der Nähe von Obersachswerfen machen die Romantik eines Sommerabends perfekt. (Foto: B.Schwarzberg)

Längst hat Europa dessen Ausrottung auf seinem Territorium aufgegeben. Bis zu vier Meter hoch, Blätter größer als Klodeckel, die allein wegen ihrer Größe den Wuchs heimischer Pflanzen verhindern, und eine rasend schnelle Ausbreitung vor allem entlang von Fließgewässern, darauf gründet sich in der EU seine Einstufung als invasiv.

Nicht zuletzt ist das nur einmal blühende Doldengewächs ein Gesundheitsrisiko. Bei Berührung können Fucocumarine in Verbindung mit Sonnenlicht Fotodermatosen, also schwere und schmerzhafte Hautschäden, auslösen. Dabei sind Fucocumarine, sekundärere Pflanzenstoffe mit drei heterocyclischen, sauerstoffhaltigen Ringen, für die Pflanze selbst wichtige Abwehrstoffe gegenüber Infektionen.

Nicht verwechselt werden sollte der Riesen-Bärenklau mit dem heimischen, in nährstoffreichen Wiesen und Säumen siedelnden Wiesen-Bärenklau (Heracleum sphondylium), der im Gegensatz zu seinem großen Vetter in keiner Weise invasiv ist. Der Wiesen-Bärenklau hat kaum gezackt/gezähnte Blätter, weist zudem meist abgerundete Blattspitzen auf und am unteren Stängel keine Rötungen wie (oft) der Riesen-Bärenklau.
Auch der Wiesen-Bärenklau enthält aber, das wird oft vergessen, Fotodermatosen auslösende Fucocumarine. Und auch er kann durchaus zwei Meter hoch werden. Aber diese heimische Art bildet nie Massenbestände.
Ganz anders als sein riesiger Verwandter: Im Landkreis Nordhausen stehen gegenwärtig zum Beispiel hunderte Exemplare entlang von Sachsengraben und Wieda zwischen Obersachswerfen und Niedersachswerfen. Er steht an der Zorge im Bereich der Bielener Kiesteiche, aber auch auf trockenen Brachflächen, zum Beispiel zwischen Buchholz und Steigerthal und zumindest vor einigen Jahren bei Himmelgarten.

An der Wieda unterhalb von Hörningen bildet der invasive Neophyt regelrechte Palisaden, unter denen kaum noch etwas Heimisches wächst. (Foto: B.Schwarzberg) An der Wieda unterhalb von Hörningen bildet der invasive Neophyt regelrechte Palisaden, unter denen kaum noch etwas Heimisches wächst. (Foto: B.Schwarzberg)

Besonders problematisch aber sind teils regelrechte Bärenklauwände an manchen Fließgewässern.
Da die ab und an ausgtrocknende Wieda in diesem Jahr zumindest bis jetzt regelmäßig Wasser führt, kann sie in wenigen Wochen u.U. Zehntausende der schwimmfähigen Riesen-Bärenklau-Samen (botanisch eigentlich nicht Samen, sondern Früchte, die Achänen heißen) fortführen und die Art so rasend schnell weiterverbreiten helfen.

Mir als aktiver Artenschützer bereitet vor allem die Nähe großer Riesen-Bärenklau-Bestände zum Naturschutzgebiet Sattelköpfe zwischen Woffleben und Gudersleben Sorge. Dringt der Riesen-Bärenklau beispielsweise in den für seine seltenen Arten und auch als denkwürdige Karsterscheinung bekannten Igelsumpf ein, könnte er mit seinen riesigen, den Boden lockernden und nicht stabilisierenden Pfahlwurzeln die natürliche Erosion noch beschleunigen sowie bedrohte Arten zusätzlich gefährden.

Dieses Exemplar steht nur rund 50 Meter vom im Naturschutzgebiet liegenden Igelsumpf mit seinen vielen bedrohten Arten entfernt.  (Foto: B.Schwarzberg) Dieses Exemplar steht nur rund 50 Meter vom im Naturschutzgebiet liegenden Igelsumpf mit seinen vielen bedrohten Arten entfernt. (Foto: B.Schwarzberg)

In den europäischen Verwaltungen sind die Gefahren seit langem bekannt:
So schreibt der Landkreis Nordhausen zu Heracleum mantegazzianum auf seiner Internetseite:
„Aufgrund der Einstufung des Riesen-Bärenklaus als invasive Art ist eine Bekämpfung vonnöten, um eine weitere Verbreitung zu vermeiden und somit die heimische Pflanzenwelt zu schützen“.
Weiter heißt es, dass „außerhalb von Naturschutzgebieten oder anderen naturschutzfachlich hochwertigen Flächen“ „der Grundstückseigentümer für die Bekämpfung des Riesen-Bärenklaus verantwortlich“ ist.
Interessant wäre daher, zum einen zu erfahren, wer die Eigentümer der Uferbereiche von Sachsengraben und Wieda mit hunderten oder gar tausenden Riesen-Bärenklau-Exemplaren sind. Gibt es Uferbereiche in kommunalem Eigentum?
Ich glaube zweitens, dass der Landkreis entgegen dem obigen Zitat, seine Verantwortung für die Eindämmung der invasiven Art nicht einfach auf andere Grundstückseigentümer abschieben sollte. Die Bekämpfung eines für Öffentlichkeit und Biodiversität bedrohlichen Neophyten ist auch eine öffentliche Aufgabe. Ergo müssen bzw. sollten die zuständigen Verwaltungen auch selbst aktiv werden. Sie tragen die Verantwortung für den Schutz von Bevölkerung und Artenvielfalt, und der Riesen-Bärenklau akzeptiert weder Grundstücks- noch Verwaltungsgrenzen.

itte nicht verwechseln: Dieses Exemplar direkt am Igelsumpf  zwischen Woffleben und Gudersleben ist (noch?) kein Riesen-Bärenklau, sondern ein etwas größer geratener  heimischer, und nicht invasiver WIESEN-Bärenklau. (Foto: B.Schwarzberg) itte nicht verwechseln: Dieses Exemplar direkt am Igelsumpf zwischen Woffleben und Gudersleben ist (noch?) kein Riesen-Bärenklau, sondern ein etwas größer geratener heimischer, und nicht invasiver WIESEN-Bärenklau. (Foto: B.Schwarzberg)

Im Internet findet man eine Vielzahl von Bekämpfungsempfehlungen, von denen eine ganz wichtige die Entfernung und Entsorgung der Fruchtstände ist. Vielleicht sollte es hier in 2024 erste wirksame Aktionen im Landkreis geben. Zum Beispiel könnte man ausländische Mitbürger zwischen Obersachswerfen und Niedersachswerfen mit einsetzen, um dem für das Gemeinwohl drängenden Problem wirksam die Stirn zu bieten. Mit Sandsäcken im Zuge des Silvesterhochwassers hat das ja auch schonmal geklappt.

Als Vorbild für die erfolgreiche Beseitigung von einst hunderten Riesen-Bärenklau-Pflanzen kann übrigens der Park Hohenrode in Nordhausen dienen. Dort wurde er durch Kontinuität und Konsequenz, vor allem aber durch die Einheit von Wort und Tat, in nur wenigen Jahren so gut wie ausgerottet.
Bodo Schwarzberg