Doreen Denstädt zum Bericht über antiziganistische Vorfälle:

„Nur die Spitze des Eisbergs“

Montag
17.06.2024, 10:31 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Thüringens Beauftragte gegen Antiziganismus, Doreen Denstädt, zeigt sich besorgt über die Zahl antiziganistischer Vorfälle in Deutschland. Über konkrete Vorfälle in. nThüringen machte sie keine Angaben...


„Das Klima für die hier lebenden Roma und Romnija sowie Sinti und Sintize ist alarmierend schlecht“, sagte Denstädt mit Blick auf den 2. Jahresbericht der Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA), der morgen offiziell vorgestellt wird. Dieser Entwicklung müsse dringend etwas entgegengesetzt werden.

Laut dem Bericht gab es 2023 bundesweit 1233 Vorfälle. Das sind fast doppelt so viele wie im Jahr zuvor (621), wobei MIA nicht von einer Zunahme des Antiziganismus ausgeht, sondern von einem verbesserten Meldeverhalten. „Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Die Zahlen von MIA spiegeln lediglich das Hellfeld wieder. Die Dunkelziffer wird weiteraus höher liegen“, betonte die Thüringer Beauftragte, die morgen am 2. MIA-Jahreskongress in Berlin teilnehmen wird.

Viele Betroffene trauten sich nicht, Diskriminierung und Rassismus zu melden. Denstädt forderte deshalb mehr Wachsamkeit in der Bevölkerung und schloss sich der Forderung des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma nach mehr Meldestellen auf Landesebene an. „Wir brauchen Institutionen, die sich organisiert mit dem Thema beschäftigen und die für Betroffene leicht zugänglich sind.“

Zugleich bedürfe es gezielter Maßnahmen zur Bewusstseinsschärfung für die Diskriminierung dieser Bevölkerungsgruppe. „Mir werden immer wieder Fälle gemeldet, in denen die Hervorhebung der Abstammung zur Herabsetzung genutzt wird“, sagte die Beauftragte. Viele Vorfälle würden von den Betroffenen aber auch verschwiegen, da Antiziganismus so allgegenwärtig sei, dass die Betroffenen oft glaubten, dies hinnehmen zu müssen.
Antiziganismus betreffe alle Bereiche des Lebens und komme in allen Schichten der Bevölkerung vor, betonte Denstädt. Dies gelte nicht zuletzt auch für Behörden. Laut dem MIA-Jahresbericht gehen allein ein Viertel aller Diskriminierungsfälle auf das Konto staatlicher Institutionen. „Gerade in staatlichen Institutionen erwarte ich eine Fehlerkultur, die aufarbeitet, konsequent ahndet und daraus folgend diskriminierungssensibel arbeitet“, sagte die Beauftragte.