Angemerkt:

Bürger wollen kein Leben in einem Reservat

Donnerstag
30.05.2024, 17:34 Uhr
Autor:
psg
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Mehreren Medienberichten zufolge besuchte der Umweltminister Bernhard Stengele den Südharz. Im Beisein des Vorsitzenden vom BUND Kreisverband Nordhausen. Die in der Berichterstattung aufgeführten Forderungen, Zitate und Erläuterung veranlassen die Bürgermeister von Ellrich und Harztor, Henry Pasenow und Stephan Klante zu einer Stellungnahme...

Blick von der Appenröder Kirche aus über das Abbaugebiet links und der bereits renaturierte Teil rechts, die Kelle befindet sich jenseits der Ortsverbindungsstraße Appenrode - Woffleben, also weit entfernt und in anderer Richtung des Tagebaus Rüsselsee (Foto: privat) Blick von der Appenröder Kirche aus über das Abbaugebiet links und der bereits renaturierte Teil rechts, die Kelle befindet sich jenseits der Ortsverbindungsstraße Appenrode - Woffleben, also weit entfernt und in anderer Richtung des Tagebaus Rüsselsee (Foto: privat)
Nachdem der Minister Anfang 2023 ernannt wurde erfolgte eine gemeinschaftliche offizielle Einladung an Herrn Stengele durch uns Bürgermeister. Hintergrund des angedachten gemeinsamen Termins war das Besprechen der vielfältigen Gemengelage im Südharz. Alternativen und Vorstellung aus der Region und Möglichkeiten des Umweltministeriums sollten miteinander eruiert werden. Nach der Einladung vergingen mehrere Monate ohne jegliche Reaktion.

Erst durch Nachfragen unsererseits kam dann ein Kontakt zu Stande. Ein Termin in unserer Region zu finden stellte für den Umweltminister und sein Ministerium eine zu große Hürde dar. Aus diesem Grund wurden wir dann in das Umweltministerium eingeladen. Das Gespräch fand dann zumindest mit dem Staatssekretär (ehemaliger BUND Vorsitzender) Herr Dr. Vogel und einem weiteren Mitarbeiter statt.

Nun konnten wir aus der Berichterstattung entnehmen, dass sich der Minister vor Ort ein Bild gemacht hat. Begleitet wurde er durch den BUND Kreisvorsitzenden Herrn Strietzel. Die beschriebene Begeisterung der Kelle nahe Appenrode ist durchaus nachvollziehbar, da dieser Ort liebevoll durch ehrenamtliche Helfer aus Appenrode mit Hilfe einer Landesförderung hergerichtet wurde und ehrenamtlich ohne Unterstützung des BUND unterhalten wird.

Das Projekt Kelle-Rundweg durch den Gipskarst befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Gipsabbau. Es zeigt eindrucksvoll, wie Naturerleben selbst neben der Gipsabbaufläche am Himmelsberg möglich ist. Das wurde auch honoriert, sonst wären die Landesmittel ausgeblieben. Es gibt weder die Absicht, noch die Planung der gipsabbauenden Firmen in diesen Landschaftsabschnitt einzugreifen. Ferner kann man von der Kirche in Appenrode aus, auch eine bereits renaturierte Abbaufläche erblicken.

Etwas voreilig wurde das Aussterben von Pflanzenarten postuliert, was dankenswerter Weise durch Bodo Schwarzberg (BUND Nordhausen) mit den Worten „er sagt nicht die Wahrheit“ berichtigt und mit Bildern bestätigt wurde. Nebenbei angemerkt sei, dass die Unterzeichner eine gewisse Objektivität in der Berichterstattung vermisst haben. Derweil man sich ideologisch für den Erhalt eines einzelnen Naturraumes einsetzt, ignoriert und opfert man einen anderen Naturraum, unseren Wald, für Windkraft.

Die Gesetze hierfür sind geschaffen und öffnen Tor und Tür für einen ungezügelten Ausbau. In diesen naturfeindlichen Gesetzen ist formuliert, dass die Belange des Naturschutzes hinter denen des Ausbaus erneuerbarer Energie zurücktreten. Natur ist eben nicht gleich Natur. Für die Kommunen Harztor und Ellrich allerdings ist in ihrem alltäglichen Wirken immer der Blick auf Naturschutz und Biotoppflege, HabitatErhalt, Aufforstung, Anlegen von Blühwiesen und Ersatzpflanzungen weit über dem Maß von Fällungen. Trotz strenger Haushaltsdisziplin in beiden Kommunen werden nicht unerhebliche Mittel hierfür aufgewandt. Schon seit Jahren wird durch die Kommunen angemahnt, dass die Einnahmen des
Freistaates Thüringen über den Bergbauzins sinnvoll in der Region durch die Gemeinden für Naturschutz direkt eingesetzt werden könnten.

Die Kommunalwahlen im Südharz sollten für Erfurts Politiker ein deutliches Zeichen sein, die basisdemokratischen Entscheidungen hier vor Ort nicht zu ignorieren. Die Mehrheit der Bürger möchte
kein Biosphärenreservat. Dies haben auch die Abstimmungen in der Vergangenheit gezeigt. Das Leben in einem Reservat, in dem sich alles den Belangen des Naturschutzes unterzuordnen hat, ist nicht gewollt und führt auch zu großen Unmut in der Bevölkerung, siehe Rhön. Die Menschen, die hier in Harztor und Ellrich leben, möchten die Entscheidung über ihre Heimat selbst treffen und nicht fremdbestimmt, durch Menschen, die mit der Region nicht im Geringsten verwurzelt sind.

Ferner stellen solche Konstrukte auch keinen Schutz mehr dar. Den Bürgern wurde der Naturpark Südharz mit der Begründung zum Schutz gegen Windkraft nahegebracht. Im Februar dieses Jahres wurde die entscheidende Verbotspassage ersatzlos aus der Verordnung gestrichen. Für ein Vertrauen in langfristige Verlässlichkeit auf politische Entscheidungen und Gesetze sind solche Maßnahmen nicht förderlich.

Gern zeigen wir uns gesprächsbereit dem Minister hier in unserer Heimat alle Facetten und Belange der Bürger darzulegen. Für konstruktive und objektive Gespräche sind wir stets bereit.
Henry Pasenow, Stephan Klante