Wahlbetrachtung

Kein Durchmarsch?

Montag
27.05.2024, 12:31 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Die Thüringer Kommunalwahl 2024 ist gelaufen, im medialen Echo ist am Tag danach zu lesen, dass ein „Durchmarsch“ der AfD verhindert worden sei. Na Gott sei Dank, dann ist ja alles gut…

Wobei, da möge man mir doch bitte einmal erklären, wie sich „Durchmarsch“ definiert. Wenn wir nach Nordthüringen blicken bietet sich folgendes Bild: in drei der vier Nordkreise ist die Alternative als stärkste Kraft hervorgegangen. Plus 14,5 Prozentpunkte in Nordhausen, und plus 13,4 Prozent im Kyffhäuserkreis. Selbst in der katholischen Exklave Eichsfeld hat die AfD sieben Punkte hinzugewonnen und die Christdemokraten mussten vier Punkte abgegeben. Im Unstrut-Hainich-Kreis lieferte man sich ein Kopf-an-Kopf Rennen, dass die AfD mit 23,7 Prozentpunkten knapp für sich entscheiden konnte und auch hier in der Gewinn/Verlust-Rechnung - die AfD holt Punkte.

Zwischen sechs bis 14 Prozentpunkte legt man in fast allen Kreisen zu, lediglich in den größeren Städten fiel der Zuwachs moderater aus. Nur im Kreis Saalfeld-Rudolstadt muss man zwei Prozentpünktchen abgeben und landet trotzdem noch bei 20,3 Prozent.

In mehreren Kreisen bekommt die AfD 30 Prozent plus X. Aber ein „Durchmarsch“ ist das scheinbar noch nicht. Da haben wir aber noch einmal Glück gehabt. Lehnen wir uns zurück und beglückwünschen uns ob des erfolgreichen Abwehrkampfes gegenseitig. Gut gemacht, liebe Thüringer Demokraten.

Besonders bitter muss der Blick auf die Ergebnisse für das Bündnis #nordhausen zusammen sein, in kaum einer Region hat die Alternative so gut abgeschnitten wie hier, ein Tiefschlag für das demokratische Bürgerbündnis, dass nach der Oberbürgermeister-Wahl im September noch jubeln durfte. Auf der Ergebniskarte der Gemeinderatswahlen ist blau tatsächlich nur vereinzelt zu finden, aber die Stadt Nordhausen ist mit dabei und neben Gera wahrscheinlich die größte Gemeinde.

Woran hat’s gelegen? War es die Berliner Gemengelage oder das allgemeine Weltgeschehen, die den Ausschlag gegeben haben? War es das „immer nur weiter so“ im Nordhäuser Rathaus nach der OB-Wahl? Hat die AfD schlicht den besseren Wahlkampf gemacht? Wie will man in Zukunft mit einer erstarkten Alternative umgehen? Was kann man von ihr erwarten? Was muss man von ihren möglichen Partnern erwarten? Es gibt eine ganze Menge Fragen, mit denen man sich in den Parteirunden, in den Rathäusern, Landratsämtern und Bündnissitzungen im Thüringer Norden nun auseinandersetzen könnte. Doch was ein Glück, es gab ja keinen Durchmarsch, sonst müsste man vielleicht doch irgend etwas anders machen.
Angelo Glashagel