Wahlkampf in Nordhausen

Unterm Kreuz lieber unter sich

Donnerstag
02.05.2024, 10:18 Uhr
Autor
psg
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Das Schöne an Wahlkampfzeiten sind die Vorfeld-Veranstaltungen, bei denen sich die Kandidatinnen und Kandidaten ihren möglichen Wählern präsentieren. Vom Nordthüringer Unternehmerverband ist der interessierte Bürger (auch die Bürgerin) das über Jahre hinweg gewöhnt. Vor den diesjährigen Kommunalwahlen jedoch mischen auch andere Einlader mit. Zum Beispiel die Katholische Kirche in Nordhausen…


Am kommenden Sonntag laden die Kolpingfamilie Nordhausen und die Katholische Pfarrgemeinde Nordhausen zu einem kommunalpolitischen Frühschoppen ein. Dort sollen Vertreter der CDU, der Grünen, der SPD, der LINKE gemeinsam die Demokratie stärken. Zumindest haben bekannte Namen dieser Parteien das Gesprächsangebot wahrgenommen. Damit das alles auch wirklich demokratisch zugeht, wurden auch die FDP und die Bürgerliste angefragt.

Auf den ersten Blick eine äußerst interessante Veranstaltung, wenn die Einlader eine Partei nicht nur vergessen, sondern bewusst ausgeklammert hätten. Die AfD. Die kommt laut einer aktuellen Umfrage einer Heimatzeitung auf 30 Prozent bei der allseits bekannten Sonntagsfrage zur Landtagswahl, die belegt damit auch mit großem Abstand (10 Punkte) vor der Christlich Demokratischen Union den ersten Platz in der Wählergunst.

Aus dieser Konstellation heraus wollte nnz gern wissen, warum denn „Splitterparteien“ wie Grüne oder FDP am Sonntagmittag frühschoppen können und die Partei mit den meisten mutmaßlichen Wählern eben nicht. Erster Anruf im Katholischen Pfarramt. Dort muss erst von höherer „Stelle“ eine Antwort eingeholt werden. Die lautet denn auch „das läuft nicht über uns“, das ist Sache der Kolpingfamilie.

Der Vorsitzende der Nordhäuser Kolpingfamlie ist Thomas Streicher. „Als katholischer Sozialverband wollen wir rechtsextremen Parteien kein Podium bieten“, sagt Streicher und antwortet auf die Bemerkung, dass man so ein Drittel der Wähler in Thüringen und vielleicht auch in Nordhausen pauschal als rechtsextrem einstuft und damit aus dem politischen Diskurs ausschließe: „dann ist das eben so“. Das sei mit der katholischen Kirchen nicht zu machen.

So einfach machen es sich die Verantwortlichen in der katholischen Kirche. Sie sperren einfach aus und stempeln Menschen, die sich für die AfD interessieren oder mit deren Wahlprogramm identifizieren als rechtsextrem ab. Ich meinerseits orientiere mich seit der friedlichen Revolution an Programmen der Parteien und nicht, was einzelne Vertreter im Wahlkampf von sich geben. Insofern ist der ewige Verweis, dass man einen Höcke nicht wählen könne, eine laue Ausrede.

Genauso könne man zum Beispiel die LINKE nicht wählen, weil die durchaus eine gewisse Nähe zur Antifa aufweist, denn dort wird das Verhältnis zur Kirche folgendermaßen beschrieben: „Gerne hätten wir über abgefackelte Kirchen in Deutschland nach dem Vorbild von Nova Scotia oder North Tulsa, von Abita Springs, Hardeeville oder Logansport berichtet. Leider brennen hierzulande höchstens Gebetsbücher in Greven, aber weder Kathedrale, Dom noch Münster. Doch wir geben die Hoffnung nicht auf und vielleicht geschehen ja noch Zeichen und Wunder, so dass wir uns nächstes Jahr an der Glut eines niedergebrannten Gotteshauses erwärmen können.“

Nicht ganz so martialisch kommt es bei den Grünen daher. „Das Christentum oder die Kirchen finden im Wahlprogramm der Grünen keine Erwähnung. Das schafft ohnehin nur eine Religion: „Das Judentum, und zwar in Form von" jüdisches Leben und jüdische Kultur", die die Grünen jeweils fördern wollen. Eine indirekte Erwähnung findet noch der Islam: Neben der oben bereits erwähnten Islamfeindlichkeit werden auch Moscheen, die neben Synagogen als besonders bedrohte Einrichtungen definiert werden, für die es Schutzkonzepte und Notfallpläne braucht.“ Zitat Ende. Nachzulesen ist das im evangelischen Sonntagsblatt.

Nichtsdestotrotz wird man am Sonntag beim Frühschoppen untereinander diskutieren und die Nordhäuser Demokratie stärken. Aus meiner Sicht trägt man mehr zur Spaltung dieses Gemeinwesens bei als zu dem, was Christen doch eigentlich auszeichnen sollte: die Liebe zum Nächsten. Die aber scheint selbst in der kommunalen Politik abhanden gekommen zu sein.
Peter-Stefan Greiner