Verkehrsstatistik vorgestellt

Abschreckung, Schikane und Prävention

Sonnabend
20.04.2024, 10:00 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Weniger Verletzte, weniger Unfälle mit Todesfolge, aber insgesamt mehr Unfälle und mehr Rauschfahrten - in Nordhausen stellte die Nordthüringer Polizei gestern auch die Bilanz für das Geschehen auf den Straßen vor…

Geschwindigkeitskontrolle in Nordhausen, Archivbild (Foto: agl) Geschwindigkeitskontrolle in Nordhausen, Archivbild (Foto: agl)

Statistisch gesehen wird in den vier Nordkreisen Thüringens alle 63,4 Minuten ein Verkehrsunfall aufgenommen. Etwa alle viereinhalb Stunden ereignet sich eine Unfallflucht, alle zehn Stunden kommt jemand im Verkehr zu Schaden, alle 48 Stunden verunglückt ein Senior, alle 70 Stunden ein junger Mensch. Alle zwei Tage wird jemand mit Alkohol am Steuer erwischt, alle vier Tage verunglückt ein Fußgänger.

Die „statistische Schadensuhr“ stand auch im Jahr 2023 nicht still. Insgesamt verzeichnete man in Nordthüringen 8.288 Unfälle. In 853 Fällen kamen dabei Personen zu Schaden, 20 Menschen verloren im Straßenverkehr ihr Leben. Bei einem tragischen Vorfall im Unstrut-Hainich-Kreis waren es im vergangenen Jahr sieben Menschen, die durch einen betrunkenen Fahrer zu Tode gebracht wurden.

„Man kann die Unfälle im Verkehr nicht auf Null bringen, aber man kann Maßnahmen ergreifen, um sie zu reduzieren“, sagte der Leiter der Nordhäuser Polizeinspektion, Matthias Bollenbach, gestern bei der Vorstellung der Statistik in Nordhausen. Wo die Vernunft der Fahrer nicht waltet, müssten Abschreckung und Schikane helfen. Letztere nutzt man gerne bei den Motorradfahrern zwischen Harz und Kyffhäuser, durch den Bau von Rüttelstreifen hat man die Zahl der Vorfälle auf den beliebten Serpentinenstrecken stark reduzieren können. Und man hat in den letzten Jahren auch gesehen, wie die Zahlen wieder nach oben schossen, wenn die Schikanen entfernt wurden. Die Abschreckung funktioniert vor allem in Form hoher Strafen und ständiger Präsenz der „technischen Verkehrsraumüberwachung“, im Volksmund als Blitzer bekannt.

Die Statistik hat ihre guten Seiten. Die Zahl der Unfälle mit Personenschaden sank um rund neun Prozent und man hatte mit 128 Fällen (- 12 Prozent) weniger Unfälle mit Schwerverletzten und mit Leichtverletzten (641 Fälle, Minus acht Prozent) zu beklagen. In ganz Thüringen kam lediglich zu sechs Unfällen auf dem Schulweg sowie zu 59 Kinderunfällen (-19 Prozent).

Und sie hat ihre schlechten Seiten. So gab es insgesamt rund 300 Unfälle mehr als im Jahr 2022, 67 mal wurden Fahrer unter dem Einfluss von Rauschmitteln erwischt, 20 mehr als im Jahr zuvor und die Unfälle mit Senioren stiegen ebenfalls an, wenn auch nur leicht um sechs Prozent auf 1.890 Vorkommnisse.

Option drei der polizeilichen Verkehrsregelung ist die Prävention und da ist man gerne und mit Eifer schon bei den ganz jungen Verkehrsteilnehmern dabei. Aber auch die Großen kann man erziehen, allen voran die Motorradfahrer, tunlichst bevor die Saison richtig losgeht. Am Sonntag kommender Woche lädt man etwa nach Ellrich zum zweiten „Bikergottesdienst“. Der Auftakt im vergangenen Jahr erhielt viel Zulauf, auf dem Erfolg möchte man nun aufbauen, berichtete Hauptkommissar Jens Böhnisch. Anfang Mai wird man zudem bei Netzkater Station machen um die Damen und Herren Kradfahrer für die Tücken der Mittelgebirgsstrecken zu sensibilisieren,

Hauptkommissar Jens Böhnisch und LPI-Chef Matthias Bollenbach stellten gestern die Verkehrsstatistik für Nordthüringen vor (Foto: agl) Hauptkommissar Jens Böhnisch und LPI-Chef Matthias Bollenbach stellten gestern die Verkehrsstatistik für Nordthüringen vor (Foto: agl)


Hauptunfallursache war, wie üblich, überhöhte oder nicht angepasste Geschwindigkeit, die für etwa ein Drittel aller Unfälle ursächlich war. Auf Platz zwei folgten Vorfahrtsfehler mit 22,6 Prozent Anteil und nicht Einhaltung des Sicherheitsabstandes mit 16,5 Prozent. „Wir beobachten das Unfallgeschehen sehr genau und identifizieren Häufungspunkte. Als Polizei können wir aber nur beratend tätig sein, Veränderungen in der Verkehrsführung können nur die Verwaltungen, also meist die Kreise und Kommunen vornehmen“, erläuterte Polizeichef Bollenbach. In diesem Sinne ist man dabei, „Unfallkommissionen“ einzurichten, die Verwaltungen und Polizei an einen Tisch bringen soll. Erste Ergebnisse aus dieser Zusammenarbeit soll es bald in Nordhausen geben. Hier gab es auch in diesem Jahr wieder einen besonderen Unfallschwerpunkt - die Nordhäuser Leser dürfen an dieser Stelle kurz innehalten und raten…

...und ja, sie liegen höchstwahrscheinlich richtig, es war wieder einmal die Kreuzung Hallesche Straße/Taschenberg. 16 mal krachte es hier im vergangenen Jahr, was schon einen guten Wert darstellte, man hatte hier auch schon Zeiten mit bis zu 40 Unfällen.

Den Rückgang führt man auf die durch den Neubau der Nordhäuser Berufsfeuerwehr bedingte Tempobegrenzung auf 30 km/h und die damit einhergehende stärkere Überwachung durch Blitzer zurück. Wenn nicht gerade wie gestern „Speedmarathon“ ist, wird hier immer aber noch gerne und viel schnell gefahren. Abhilfe soll noch in diesem Jahr mit einem stationären Geschwindigkeitsüberwachung geschaffen werden außerdem soll es weitere bauliche Veränderungen im Kreuzungsbereich geben. Ein signifikanter Häufungspunkt auf dem flachen Land befindet sich ebenfalls im Kreis Nordhausen, 30 mal kam es auf der Straße zwischen Steinbrücken und Hain zu Unfällen. Helfen könnte hier der Ausbau der Bundesstraße. Mit dem ist zeitnah aber eher nicht zu rechnen.
Angelo Glasahgel

Die ausführliche Statistik findet sich hier .